Heinz R. Pagels Cosmic Code - Globale-Evolution TV
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10. Schrödingers Katze<br />
I<br />
»Du findest mich dort«, sagte die Katze und verschwand.<br />
Alice war darüber nicht weiter erstaunt,<br />
denn sie hatte sich allmählich an die vielen merkwürdigen<br />
Vorgänge gewöhnt.<br />
- Lewis Carroll, Alice im Wunderland<br />
n den achtziger Jahren kommt eine neue Generation von schnellen Computern auf<br />
den Markt, deren elektronische Bauteile mit Schalteinrichtungen von einer Größe<br />
ausgerüstet sind, die schon an die molekulare Mikrowelt heranreicht. In den alten Computern<br />
gab es gelegentlich »harte Fehler« - eine Funktionsstörung in einem Teil, etwa ein<br />
durchgebrannter Schaltkreis oder gebrochener Draht, die man reparieren musste, ehe das<br />
Gerät wieder richtig arbeiten konnte. Die neuen Computer leiden dagegen an einer qualitativ<br />
ganz andersartigen Störung, den sogenannten »weichen Fehlern«, bei denen ein<br />
winziger Schalter nur in einer einzigen Operation ausfällt und das nächste Mal wieder<br />
richtig funktioniert. Die Ingenieure können diese Art von Störung nicht reparieren, weil<br />
eigentlich nichts kaputtgegangen ist.<br />
Was verursacht die weichen Fehler? Sie kommen dadurch zustande, dass ein Quantenteilchen<br />
mit mäßig hoher Energie einen der mikroskopischen Schalter durchquert und<br />
dabei eine Betriebsstörung auslöst; die Computerschalter sind so winzig, dass sie von<br />
Teilchen beeinflusst werden, die größere elektronische Bauteile überhaupt nicht in Mitleidenschaft<br />
ziehen. Der Ursprung dieser Quantenteilchen ist die natürliche Radioaktivität<br />
des Materials, aus dem die Mikrochips hergestellt werden; es können auch kosmische<br />
Strahlen sein, die auf die Erde herniedergehen. Die weichen Fehler sind Teil des unbestimmten<br />
Universums; ihr Ort und ihre Auswirkungen sind vollkommen zufällig. Könnte<br />
der würfelnde Gott durch einen Zufallsfehler in einem militärischen Computer einen<br />
nuklearen Weltuntergang verursachen? Durch Abschirmung der neuen Computer und<br />
Verringerung ihrer natürlichen Radioaktivität kann man die Wahrscheinlichkeit eines<br />
solchen Ereignisses extrem gering machen. Aber das Beispiel wirft doch die Frage auf, ob<br />
die Quanteneigenart der mikroskopischen Welt in unsere makroskopische Welt eindringen<br />
und uns beeinflussen kann. Kann die Quantenunbestimmtheit in unser Leben<br />
hineinwirken?<br />
Durchaus, wie das Beispiel mit den weichen Fehlern im Computer zeigt. Ein anderes<br />
Exempel ist die zufällige Kombination von DNS-Molekülen im Augenblick der Empfängnis;<br />
dabei spielen die Quantenmerkmale der chemischen Bindung eine Rolle. Völlig<br />
unvorhersehbare atomare Ereignisse beeinflussen unser Leben nachhaltig; wir sind in des<br />
würfelnden Gottes Hand.<br />
Unstreitig kann sich die Quantenunbestimmtheit in unserem Leben bemerkbar machen.<br />
Aber dabei gibt es ein Rätsel, wenn wir uns über die Folgen des Zwei-Löcher-Experiments<br />
Gedanken machen. Nach der üblichen Kopenhagener Interpretation dieses Versuchs<br />
bedeutet die Unbestimmtheit, Borns Wahrscheinlichkeitswellen, dass wir die Objektivität<br />
der Welt, also die Vorstellung aufgeben müssen, dass die Welt unabhängig<br />
davon existiert, ob wir sie beobachten. Die Elektronen existieren beispielsweise als reale<br />
Teilchen an einem Ort im Raum nur, wenn wir sie direkt beobachten. Das Rätsel: Wenn<br />
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