Heinz R. Pagels Cosmic Code - Globale-Evolution TV
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Erinnern wir uns daran, dass de Broglie und Schrödinger meinten, die Wellen in der<br />
Quantentheorie seien irgendeine Art von Materiewellen. Aber Max Born erkannte, dass<br />
sie überhaupt nichts mit Materiewellen, etwa Meereswellen, zu tun haben. Seine statistische<br />
Interpretation besagt, dass es Wellen der Wahrscheinlichkeit dafür sind, an einer<br />
bestimmten Stelle Teilchen zu finden.<br />
Born lieferte auch gleich eine Beschreibung mit, die den Unterschied zwischen einer<br />
Materiewelle und einer Wahrscheinlichkeitswelle erläutern sollte: Max Borns Maschinengewehr.<br />
Wenn man eine große Menge Schießpulver anzündet und sich daneben stellt,<br />
kommt man bei der Explosion ums Leben. Wenn man jedoch rund 100 Meter weiter weg<br />
steht, wird man zwar von der Druckwelle der Explosion noch getroffen, kommt aber mit<br />
dem Schrecken davon. Die Druckwelle ist eine reale Materiewelle, und ihr Einfluss lässt<br />
mit der Entfernung nach. Jetzt nehmen wir dieselbe Menge Schießpulver und machen<br />
daraus Maschinengewehrkugeln. Das Maschinengewehr bewegt sich auf einem Drehkranz<br />
und schießt die Kugeln in beliebiger Richtung ab; wenn man direkt neben dem<br />
Maschinengewehr steht, wird man ganz sicher getroffen. Aber auch 100 Meter weiter ist<br />
man noch nicht völlig in Sicherheit. Im Gegensatz zur Explosion mit Druckwelle besteht<br />
hier eine kleine, aber endliche Möglichkeit, dass eine Kugel tödlich ist. Wir können uns<br />
eine mathematische Wahrscheinlichkeit dafür ausdenken, dass eine Kugel weit weg vom<br />
Maschinengewehr gefunden wird - eine Wahrscheinlichkeitsverteilung über den Raum,<br />
ähnlich den Wahrscheinlichkeitswellen in der Quantentheorie. Obwohl diese Wahrscheinlichkeit<br />
mit dem Abstand vom Maschinengewehr kleiner wird, trifft eine Kugel<br />
oder sie trifft nicht, so wie ein Elektron gefunden oder nicht gefunden wird.<br />
Max Borns Maschinengewehr zeigt, wie über Raum und Zeit verteilte Wahrscheinlichkeiten<br />
auch der klassischen Physik nicht fremd sind. In der klassischen Physik haben<br />
die Wahrscheinlichkeiten eine höchst wichtige Eigenschaft: sie addieren sich für unabhängige<br />
Ereignisse linear. Nehmen wir z. B. an, jemand befinde sich in einem Haus mit<br />
einer Vordertür und einer Hintertür. Wenn die Wahrscheinlichkeit, dass diese Person<br />
morgens durch die Vordertür hinaus und auf den Markt geht, P1 und die Wahrscheinlichkeit<br />
für das davon unabhängige Ereignis, dass sie durch die Hintertür hinaus und auf<br />
den Markt geht, P2 ist, beträgt die Gesamtwahrscheinlichkeit dafür, dass die Person<br />
morgens auf den Markt geht, P = P1 + P2; die Wahrscheinlichkeiten addieren sich ganz<br />
einfach. Diese einfache Addition von Wahrscheinlichkeiten, die fast auf der Hand liegt,<br />
gilt in der Quantentheorie nicht. Die Wahrscheinlichkeiten in der Quantentheorie haben<br />
kein klassisches Analogon, denn sie sind einfach nicht linear additiv; sie sind nichtlinear.<br />
Um die Nichtlinearität der Wahrscheinlichkeit in der Quantentheorie zu verstehen,<br />
müssen wir noch tiefer in Borns statistische Interpretation der Wellenfunktion von de<br />
Broglie und Schrödinger eindringen. Born hielt die Elektronen für Teilchen, also unabhängige<br />
Gebilde, deren Verhalten allerdings durch eine Wahrscheinlichkeitswelle beschrieben<br />
wird. Die Quantentheorie hat die Form und die Bewegung der Wahrscheinlichkeitswelle<br />
genau bestimmt.<br />
Betrachten Sie die Meereswellen: Einzelne Wellen laufen manchmal mitten durcheinander.<br />
Die Amplituden oder Höhen der Wellen addieren sich einfach und ergeben dann<br />
die Gesamthöhe. Wenn eine Welle an einer Stelle ihren Höhepunkt und eine andere an<br />
derselben Stelle ihren tiefsten Punkt erreicht, addieren sich die beiden Wellen zu Null.<br />
Dieses Prinzip der Addition einzelner Wellenamplituden zur Ermittlung des Gesamtwerts<br />
ist das sogenannte Überlagerungsprinzip, und es liegt der Quantentheorie zugrunde.<br />
Wie normale Wellen, so verhalten sich auch die Wahrscheinlichkeitswellen in der<br />
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