Heinz R. Pagels Cosmic Code - Globale-Evolution TV
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Die Neutrinos sind wahrlich schwer zu fassende Leptonen. Sie haben eine geringere<br />
Masse als das Elektron (eigentlich ist nicht klar, ob sie überhaupt eine Masse haben) und<br />
weisen nur äußerst schwache Wechselwirkungen mit der übrigen Materie auf. Sie entstehen<br />
oft in den Zerfallsresten anderer Teilchen. So zerfällt zum Beispiel das Myon in ein<br />
Elektron, ein Neutrino und ein Antineutrino. Weil es nur über sehr schwache Wechselwirkungen<br />
verfügt, lässt sich ein Neutrino nach der Bildung kaum stoppen. Etwa acht<br />
ganze Lichtjahre Blei sind erforderlich, um die Hälfte der in einem typischen Kernzerfall<br />
gebildeten Neutrinos abzubremsen. Sie bewegen sich »wie ein geölter Blitz« durch die<br />
Materie.<br />
Erstaunlicherweise können die Physiker mittlerweile Neutrinostrahlen erzeugen und<br />
lenken, etwa im Fermi National Accelerator Laboratory in der Nähe von Chicago und bei<br />
CERN, dem europäischen Beschleuniger in der Nähe von Genf. Diese intensiven, energiereichen<br />
Neutrinostrahlen reagieren von Zeit zu Zeit innerhalb riesiger Detektoren.<br />
Trotz der geringen Wahrscheinlichkeit solcher Ereignisse sind mit Neutrinostrahlen<br />
schon wichtige Experimente durchgeführt worden. Weil Neutrinos ein so hohes Durchdringungsvermögen<br />
aufweisen, kann man mit ihnen tief in das Innere der Struktur von<br />
Protonen und Neutronen vordringen und hat mit ihrer Hilfe vieles über die Quarks in<br />
diesen Teilchen in Erfahrung gebracht. Der unbenutzte Neutrinostrahl, und das ist der<br />
größte Teil, fliegt nach seinem Austritt aus dem Detektor einfach durch West-Chicago<br />
davon. Man kann tagelang in einem Neutrinostrahl stehen, ohne dass es im Körper zu<br />
einem einzigen Ereignis kommt.<br />
Einem eher lustigen Vorschlag zufolge soll man Neutrinostrahlen zu Nachrichtenverbindungen<br />
nutzen. Theoretisch könnte man einen Neutrinostrahl geradewegs durch die<br />
Erde schießen, er träte auf der anderen Seite wieder aus, und das schwache Signal würde<br />
von einem riesigen Detektor aufgefangen. Grundsätzlich könnte das funktionieren, wäre<br />
aber im Vergleich zu den üblichen Verfahren sehr aufwendig. Ein anderer, nicht ganz<br />
ernst zu nehmender Vorschlag bezieht sich auf eine Neutrinobombe, die Lieblingswaffe<br />
des Pazifisten. Eine solche Bombe, die ohne weiteres so teuer werden könnte wie eine<br />
herkömmliche Atomwaffe, würde wimmernd explodieren und das Zielgebiet mit einem<br />
hohen Neutrinofluss überschwemmen. Nachdem sie jedermann in Angst und Schrecken<br />
versetzt hätten, würden die Neutrinos durch alles hindurch fliegen, ohne Schaden anzurichten.<br />
Die Physiker stellten zu ihrer Überraschung fest, dass es zwei Neutrinos gibt; eines<br />
davon hängt mit dem Elektron, das andere mit dem Myon zusammen. Sie heißen Elektron-Neutrino<br />
und Myon-Neutrino. Die Geschichte vom Neutrino weist aber noch eine<br />
weitere Verwicklung auf: Die Neutrinos sind Linkshänder. Die meisten Elementarquanten<br />
existieren zu gleichen Teilchen als rechts- und linkshändige Ausführungen, aber bei<br />
den Neutrinos ist das anders.<br />
Gewöhnliche Gebrauchsgegenstände sind manchmal gerichtet, also entweder rechts<br />
oder links. Handschuhe und Schuhe sind ein Beispiel dafür; einen Handschuh für die linke<br />
Hand kann man auch mit dem größten Aufwand nicht in einen Handschuh für die rechte<br />
Hand verwandeln (das Ende des Handschuhs nähen wir dabei zu, so dass man ihn nicht<br />
umstülpen kann). Auch chemische Moleküle können gerichtet sein, so z. B. die DNS-<br />
Doppelhelix, die sich wie eine Wendeltreppe nach rechts dreht. Obwohl die DNS einen<br />
Rechtsdrall aufweist, gibt es kein Grundgesetz in der Physik oder der Chemie, das besagt,<br />
das Leben hätte sich nicht ebenso gut aus einer DNS mit Linksdrall entwickeln können.<br />
Das Leben muss sich einfach für eine der beiden Ausführungen entscheiden, und auf<br />
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