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Heinz R. Pagels Cosmic Code - Globale-Evolution TV

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Ich habe Einstein nie persönlich kennengelernt. Als ich an der Princeton-Universität<br />

Physik im Hauptfach belegte, war er schon tot. Aber ich habe mich mit seinen Freunden<br />

und Mitarbeitern unterhalten, unter denen viele gleich ihm Flüchtlinge waren. Einstein<br />

war dabei, als die Physik des 20. Jahrhunderts geboren wurde. Man könnte fast sagen, er<br />

war ihr Vater.<br />

Die Physik des 20. Jahrhunderts ist aus der vorausgehenden »klassischen« Physik entstanden,<br />

die mit den Arbeiten von Isaac Newton Ende des 17. Jahrhundert ihren Anfang<br />

nahm. Newton entdeckte die Bewegungs- und die Schwerkraftgesetze und wandte sie mit<br />

Erfolg bei der Beschreibung der einzelnen Bewegungen der Planeten und des Mondes an.<br />

In dem Jahrhundert nach Newtons Entdeckungen kam eine neue Interpretation des Universums<br />

auf: der Determinismus. Dem Determinismus zufolge kann man sich das Universum<br />

als großes Uhrwerk vorstellen, das von göttlicher Hand am Anfang aller Zeiten in<br />

Gang gesetzt wurde und dann ungestört sich selbst überlassen blieb. Von den größten bis<br />

zu den kleinsten Bewegungen lässt sich jeder Vorgang in der materiellen Schöpfung mit<br />

absoluter Genauigkeit durch die Newtonschen Gesetze vorhersagen. Nichts bleibt dem<br />

Zufall überlassen. Die Zukunft ist durch die Vergangenheit so genau bestimmt wie die<br />

Vorwärtsbewegung einer Uhr. Obwohl unser Menschengeist die Bewegungen aller Teile<br />

des großen Uhrwerks praktisch niemals nachvollziehen und damit auch nie die Zukunft<br />

kennen wird, können wir uns doch vorstellen, dass der allwissende Geist Gottes das<br />

vermag und Vergangenheit und Zukunft wie ein Gebirgspanorama vor sich sieht.<br />

Dieser in den Newtonschen Gesetzen verkörperte starre Determinismus verschafft uns<br />

ein Gefühl der Sicherheit über die Stellung der Menschheit im Universum. Alles, was<br />

geschieht, die Tragödien und die Freuden im menschlichen Leben, ist vorbestimmt. Das<br />

objektive Universum existiert unabhängig von Menschenwillen und Zweck. Nichts, was<br />

wir tun, kann es ändern. Die Räder der großen Weltenuhr drehen sich genau so gleichgültig<br />

gegenüber dem menschlichen Leben wie die Gestirne auf ihrer schweigenden<br />

Bahn. In gewisser Hinsicht ist die Ewigkeit schon angebrochen.<br />

So merkwürdig es heute klingt: Der absolute Determinismus war die einzige vernünftige<br />

Schlussfolgerung, die sich aus der klassischen Newtonschen Physik ableiten ließ.<br />

Selbst die großen wissenschaftlichen Leistungen im 19. Jahrhundert, die als Thermodynamik<br />

bezeichnete Wärmelehre und die Theorie des schottischen Physikers James Clerk<br />

Maxwell vom Licht als elektromagnetische Welle, entstanden im Rahmen der deterministischen<br />

Physik. Diese Theorien gehören zu den letzten Höhepunkten der klassischen<br />

Physik. Sie gelten noch heute als große Errungenschaften, aber das deterministische<br />

Weltbild, das sie mitgetragen haben, existiert nicht mehr. Es ist nicht von einer neuen<br />

Philosophie oder Ideologie abgelöst worden, sondern deshalb untergegangen, weil gegen<br />

Ende des 19. Jahrhunderts die Experimentalphysiker etwas vom Aufbau der Materie aus<br />

Atomen erfuhren. Dabei stellten sie fest, dass sich die atomaren Materieeinheiten zufallsbestimmt<br />

unkontrollierbar verhielten und die deterministische Newtonsche Physik<br />

dafür keine Beschreibung bot. Die theoretischen Physiker reagierten auf diese neuen<br />

experimentellen Entdeckungen zwischen 1900 und 1926 mit der Erfindung einer neuen<br />

physikalischen Theorie, der Quantentheorie.<br />

Als 1900 die erste Fassung der Quantentheorie formuliert wurde, war noch nicht abzusehen,<br />

dass der klare Bruch mit der Newtonschen Physik unvermeidlich war. Immer<br />

wieder versuchte man zwischen 1900 und 1926, die Quantentheorie der Atome mit der<br />

deterministischen Physik in Einklang zu bringen. Die Physiker hoffen, dass sich auch die<br />

kleinsten Rädchen im großen Uhrwerk, die Atome, nach Newtons deterministischen<br />

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