Heinz R. Pagels Cosmic Code - Globale-Evolution TV
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Eichsymmetrie abgeleitet werden kann. Vier Gluonen, das Photon und das W + , W - und Z 0 ,<br />
sind für die elektromagnetische und die schwache Wechselwirkung unter den Quarks und<br />
Leptonen verantwortlich. Acht farbige Gluonen bewirken die starke Kraft, die die Quarks<br />
fest in Hadronen einschließt.<br />
Die theoretischen Physiker hatten zwei Theorien zur Verfügung, mit denen sie die<br />
Wechselwirkungen der Quarks, Leptonen und Gluonen beschreiben konnten: die Theorie<br />
von Weinberg und Salam über die einheitliche elektromagnetische und schwache Wechselwirkung<br />
sowie die Quantenchromodynamik, die Theorie der farbigen Quarks und<br />
Gluonen. Beide Theorien gingen vom Prinzip der Eichsymmetrie aus. Das veranlasste die<br />
Physiker, eine einzige Eichsymmetrie zu suchen, die sowohl die Theorie von Weinberg<br />
und Salam als auch die Quantenchromodynamik in sich vereinigte, eine große, einheitliche<br />
Theorie der elektromagnetischen, schwachen und starken Wechselwirkung. Sie<br />
hatten sie bald gefunden. Die einfachste Theorie, die diese Wechselwirkungen vereinheitlichte,<br />
wurde 1977 von zwei Physikern aus Harvard vorgeschlagen, Howard Georgi<br />
und Sheldon Glashow, und sie stützt sich auf eine einzige Eichsymmetrie vom Yang-<br />
Mills-Typ. Der entscheidende Gedanke in dieser Theorie, der auch schon vor ihrer Arbeit<br />
bekannt gewesen war, bestand in der Gleichbehandlung der Quarks und Leptonen, ehe die<br />
einzige Symmetrie spontan gebrochen wurde. Die einzige Yang-Mills-Symmetrie, die sie<br />
postulierten, führte zu 24 Gluonen, die mit allen Quarks und Leptonen symmetrisch in<br />
Wechselwirkung standen. Diese Symmetrie wurde dann stufenweise gebrochen. In der<br />
ersten Stufe gewannen 12 der 24 Gluonen eine sehr große Masse. Das sind die »überschweren<br />
Gluonen«; sie sind viele Milliarden Milliarden Male schwerer als das Proton,<br />
und kein Beschleuniger kann sie je erzeugen. Die zwölf übrigen Gluonen entsprechen den<br />
bekannten vier Gluonen im Modell von Weinberg und Salam und den acht farbigen<br />
Gluonen in der Quantenchromodynamik. Das zweite Stadium des Zusammenbruchs der<br />
Symmetrie verläuft nach dem Muster des Weinberg-Salam-Modells. Dabei bekommen<br />
drei der vier Gluonen, die schwachen Gluonen, eine Masse von etwa hundert Protonenmassen,<br />
während das Photon zusammen mit den acht farbigen Gluonen masselos bleibt.<br />
Das Endergebnis dieser großen einheitlichen Theorie der Quarks und Leptonen entspricht<br />
also der Welt, wie wir sie sehen.<br />
Auf den ersten Blick macht diese Vereinheitlichung der verschiedenen Wechselwirkungen<br />
unter dem Einfluss einer einzigen, spontan gebrochenen Symmetrie eher den<br />
Eindruck einer Denksportaufgabe. Die wichtigste Folge der Vereinheitlichung dieser<br />
Wechselwirkungen scheint die Existenz von zwölf neuen überschweren Gluonen zu sein,<br />
die nie entdeckt werden. Wen interessiert das schon? Aber eine Konsequenz dieser Vereinheitlichung<br />
der Wechselwirkungen, sogar eine wichtige, lässt sich doch beobachten,<br />
und sie hat die Physiker in große Aufregung versetzt. Die überschweren Gluonen weisen<br />
Wechselwirkungen auf, die das Proton, den wichtigsten Baustein des Atomkerns, destabilisieren.<br />
Lange hielten die Physiker das Proton für absolut stabil und unfähig, in leichtere Teilchen<br />
zu zerfallen. Manche sahen in der Protonenstabilität sogar ein Grundprinzip der<br />
theoretischen Physik, das a priori gegeben war. Der Grund für diesen Glauben an die<br />
Protonenstabilität wird aus der Überlegung klar, dass das Proton das leichteste Baryon aus<br />
drei Quarks ist und stabil sein muss, weil die Quarks in nichts Leichteres zerfallen können.<br />
Das Proton ist der letzte Überrest anderer Baryonenzerfälle; selbst das Neutron<br />
zerfällt ja schließlich in ein Proton.<br />
Aber mit den überschweren Gluonen änderte sich diese Meinung, denn sie konnten<br />
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