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Heinz R. Pagels Cosmic Code - Globale-Evolution TV

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der junge Mann sehr gefiel, und öffnete die beiden Schachteln. Heraus rollten eine weiße<br />

und eine schwarze Perle, wie der junge Mann gesagt hatte. Dann befahl sie dem Zauberer,<br />

die dritte Schachtel zu öffnen; aber diese Schachtel ging nicht auf.<br />

Der weise König verwies den bösen Zauberer wegen seiner Täuschung des Hofes. Der<br />

junge Mann und die Prinzessin heirateten noch am selben Tag und lebten glücklich bis an<br />

ihr Ende.<br />

Dieses quantenmechanische Märchen stammt von Ernst Specker, der zusammen mit<br />

Simon Kochen über die Logik der Quantentheorie gearbeitet hat. 1965-1967 veröffentlichten<br />

sie eine Reihe von Artikeln, in denen sie die Unmöglichkeit nachwiesen, in der<br />

Quantentheorie sowohl die klassische Logik als auch die klassische Messtheorie anzuwenden.<br />

Die klassische Logik, wie sie sich in der Grammatik unserer Alltagssprache<br />

äußert, wird von Mathematikern als Boolesche Logik, als Gedankengesetz, formuliert. In<br />

der klassischen Messtheorie wird die Objektivität der Welt auch im unbeobachteten Zustand<br />

vorausgesetzt. Wenn die Quantentheorie zutrifft, muss man Kochen und Specker<br />

zufolge entweder die Anwendung der Booleschen Logik in der Quantenwelt oder die<br />

Annahme der Objektivität aufgeben. Einfach gesagt: Man muss entweder auf die normale<br />

Logik oder die normale Wirklichkeit verzichten.<br />

Solche Schachteln, wie sie der Zauberer im Märchen verwendet, gibt es in der makroskopischen<br />

Welt nicht. Aber die Eigenschaften der Zauberschachteln entsprechen ganz<br />

genau denen des quantenmechanischen Systems, das Kochen und Specker analysiert<br />

haben: eines Heliumatoms in seinem niedrigsten Energiezustand, das sich in einem<br />

Magnetfeld befindet. Man kann sich das Heliumatom als kleinen, wirbelnden Kreisel<br />

vorstellen. Die Perlen in den Schachteln entsprechen dann verschiedenen Spinkomponenten<br />

des Heliumatoms. Aber wie Kochen und Specker nachgewiesen haben, ist ein<br />

solches klassisches Bild vom Heliumatom nicht haltbar.<br />

Wir stellen uns gern vor, dass die Perlen in der Schachtel ebenso wie die Spinzustände<br />

eines Heliumatoms eine objektive Existenz aufweisen. Eine weiße Perle liegt in einer<br />

Schachtel, noch eine weiße Perle in einer anderen und eine schwarze Perle in der dritten<br />

Schachtel. Nach der gewohnten Vorstellung von der Objektivität hat dieser Zustand der<br />

Schachteln eine Bedeutung unabhängig davon, ob wir den Inhalt untersuchen. Aber das<br />

stimmt ebensowenig wie die Spinzustände des Heliumatoms. Der Zauberer hat die<br />

Schachteln so präpariert (das kann man übrigens auch mit dem Heliumatom machen) dass<br />

die zweite Messung eine schwarze Perle zeigen muss, wenn das Ergebnis der ersten<br />

Messung eine weiße Perle ist. Man könnte niemals gleichzeitig zwei weiße Perlen zeigen.<br />

Das ist wie das Elektron in dem Zwei-Löcher-Experiment: Man kann nicht gleichzeitig<br />

beobachten, wie das Elektron sowohl durch Loch 1 als auch durch Loch 2 geht. Aber<br />

wenn man nicht hinsieht, kann man sich einbilden, dass es durch eines der beiden Löcher<br />

gehen muss. Ähnlich haben sich die Freier eingebildet, dass jede Schachtel eine Perle<br />

enthielt, die entweder schwarz oder weiß sein musste. Wenn man tatsächlich zu bestätigen<br />

versucht, dass jede Perle in einer Schachtel einen definierten Existenzzustand aufweist,<br />

wie es die ungeduldige Prinzessin tat, lassen sich nicht alle Schachteln gleichzeitig öffnen;<br />

die dritte Schachtel geht nur auf, wenn vorher eine der beiden anderen geschlossen<br />

wird. Alle Perlen auf einmal lassen sich ebenso wenig beobachten wie die Spinkomponenten<br />

des Heliumatoms. Der Inhalt aller drei Schachteln hat keine objektive Bedeutung.<br />

Der Zauberer konnte das, was ein Freier geraten hatte, jederzeit dadurch ungültig machen,<br />

dass er die beiden Schachteln, die nach Meinung des Freiers die weißen Perlen enthielten,<br />

aufhob und nachwies, dass sich in Wirklichkeit eine weiße und eine schwarze Perle darin<br />

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