Heinz R. Pagels Cosmic Code - Globale-Evolution TV
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teilchenquelle wird in die Nähe einer Metallfolie gestellt (Marsden nahm eine Goldfolie).<br />
Die Alphateilchen verhalten sich wie kleine Geschosse, die auf die Folie abgefeuert<br />
werden. Die meisten durchdringen die Folie sofort und werden auf einem Schirm nachgewiesen.<br />
Aber Rutherford folgte einer Eingebung und trug Marsden auf, nach Alphateilchen<br />
zu suchen, die durch die Folie stark gestreut und weit abgelenkt wurden. Marsden<br />
schob den Nachweisschirm aus der direkten Sichtverbindung zur Alphaquelle hinaus und<br />
entdeckte tatsächlich einige abgelenkte Alphateilchen. Manche wurden sogar zur Alphaquelle<br />
zurückgestreut. Das ist so, als feuerte man Kugeln auf ein Papiertaschentuch,<br />
und einige davon kämen zurück. Diese Entdeckung löste eine Reihe von weiteren Versuchen<br />
aus.<br />
Wieso wurden einige Alphateilchen von der Goldfolie zurückgestreut? Rutherford<br />
wusste, dass Alphateilchen positiv geladen sind. In der Goldfolie gingen diese Teilchen<br />
manchmal ganz dicht am Atomkern, also einer positiven Ladung, vorbei. Da gleichnamige<br />
Ladungen einander abstoßen, führte das dazu, dass manche Alphateilchen von den<br />
Atomkernen stark abgelenkt wurden. Durch genaue Untersuchung dieser Ablenkungen<br />
bestimmte Rutherford die Grundzüge des Atomaufbaus. Ein Fenster in die Mikrowelt tat<br />
sich auf.<br />
Viele hielten damals die Atome für unteilbar, völlig elementar, das Ende des Aufbaus<br />
der Materie, einen Baustein für alle übrige Materie. Obwohl einige theoretische Physiker<br />
laut über einen möglichen Atomaufbau nachdachten, gab es für diese Spekulationen<br />
keinerlei experimentelle Beweise. Rutherfords einfaches Streuungsexperiment vermittelte<br />
der Menschheit einen ersten Einblick in die Struktur des Atoms.<br />
In dem Bild vom Atom, das Rutherford im Mai 1911 verkündete, war der größte Teil<br />
der atomaren Masse in einem winzigen, positiv geladenen Kern konzentriert, während die<br />
negativ geladenen Elektronen von sehr kleiner Masse eine große Wolke um den Kern<br />
herum bildeten und die Größe des Atoms bedingten. Der massive Kern war zehntausendmal<br />
kleiner als das Atom. Rutherfords Atom war wie ein kleines Sonnensystem; der<br />
Kern war die Sonne, die Elektronen waren die Planeten, und elektrische Kräfte statt der<br />
Schwerkraft hielten das System zusammen.<br />
Obwohl Rutherfords Streuungsversuche überzeugten, war doch vom Standpunkt der<br />
klassischen Physik sein Planetenbild vom Atom völlig unhaltbar. Nach der klassischen<br />
Physik musste das auf einer Bahn den Kern umkreisende Elektron seine Energie in Form<br />
von elektromagnetischen Wellen abstrahlen und schnell in den Kern hineinstürzen. Die<br />
Physiker wussten, dass Rutherfords Atom nach den Regeln der klassischen Physik zusammenbrechen<br />
musste. Aber es existierte dennoch. Dieser unbefriedigende Zustand<br />
änderte sich bald von Grund auf. Um 1912 schrieb Rutherford aus Manchester an seinen<br />
Freund Boltwood: »Bohr, ein Däne, ist aus Cambridge weggegangen und hier aufgetaucht,<br />
um sich ein bisschen in radioaktiven Arbeiten zu üben.« Niels Bohr, ein Schüler<br />
von J. J. Thomson in Cambridge, verbrachte knapp ein halbes Jahr in Manchester, ehe er<br />
in seine Heimatstadt Kopenhagen zurückkehrte. Aber trotz des kurzen Besuchs hatte<br />
Rutherford auf den jungen Dänen Eindruck gemacht.<br />
Bohr war vom Problem des Atomaufbaus besessen und tat einen phantasievollen, gewagten<br />
Schritt: Er vergaß einfach einige Regeln der klassischen Physik und wandte statt<br />
dessen die Quantentheorie von Planck und Einstein zur Klärung des Atomaufbaus an.<br />
Erstaunlicherweise war die Aufgabe mit den wenigen damals bekannten Teilen der<br />
Quantentheorie zu lösen, solange man sich um den Konflikt mit der klassischen Physik<br />
nicht scherte. Bohr ging einfach davon aus, dass die Elektronen auf ihrer Bahn um den<br />
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