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Heinz R. Pagels Cosmic Code - Globale-Evolution TV

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schaft zu ihrer Vorstellung von der Zivilisation hat.<br />

Als theoretische Physiker, die zur Arbeit nichts als Papier und einen Bleistift brauchen,<br />

waren Sidney und ich schon von der Größe moderner Hochenergielaboratorien beeindruckt,<br />

von den riesigen Versuchshallen voll Geräte, Computer, elektronische Hilfsanlagen<br />

und Messeinrichtungen. Unser Forschungsgebiet war unstreitig »Großforschung«<br />

geworden. Aber das war nicht immer so; diese Laboratorien waren auch einmal klein. Uns<br />

beunruhigte nur die Vorstellung, dass das letzte und dekadenteste Stadium jeder Entwicklung<br />

der Riesenwuchs ist. Wenn einem nicht mehr einfällt, was man besser machen<br />

kann, macht man es größer. Die Errichtung der großen Pyramiden in Ägypten kennzeichnete<br />

das Ende des alten Königreichs. Immer größere Dome und Tempel wurden<br />

gebaut, als die Gläubigen sicher und satt geworden waren. Auch die Dinosaurier waren<br />

eine Sackgasse der <strong>Evolution</strong>: An die Stelle der riesigen Reptilien traten kleine Säugetiere,<br />

die mit der Energie sparsam umgingen. Und doch schlagen manche Physiker vor,<br />

man solle draußen im Weltraum, wo Schwerkraft und Raum die Größe nicht begrenzen,<br />

noch viel größere Beschleuniger bauen. Sind die Laboratorien für Hochenergiephysik<br />

zum Aussterben verurteilt wie einst die Dinosaurier? Gibt es eine bessere Möglichkeit,<br />

den Feinbau der Materie bis ins kleinste zu untersuchen?<br />

Heute muss die Antwort auf diese Frage noch Nein lauten. Wenn man sich dazu entschlossen<br />

hat, die Materie bis in die feinsten Einzelheiten zu erforschen, hat die riesige<br />

Größe von Hochenergiebeschleunigern ihren Sinn. Zuerst scheint es, als brauchten wir<br />

extrem kleine Instrumente, um die Welt der ganz kleinen Objekte zu untersuchen, aber in<br />

Wirklichkeit trifft gerade das Gegenteil zu. Wegen einer seltsamen Eigenschaft der<br />

Quantenteilchen sind große Geräte vonnöten. Erinnern Sie sich: Nach der Quantentheorie<br />

kann man sich jedes Quantenteilchen, z. B. das Proton oder das Elektron, wie ein kleines<br />

Paket von de Broglie-Schrödinger-Wellen vorstellen. Die Wellenlänge eines Teilchens,<br />

also der Abstand von einem Wellenberg zum nächsten, ist der Geschwindigkeit des<br />

Teilchens umgekehrt proportional. Je schneller sich also ein Teilchen bewegt, um so<br />

kürzer ist seine Wellenlänge. Stellt man in einem Hochenergiebeschleuniger einen Strahl<br />

aus solchen Teilchen her, so muss das kleinste Objekt, das man mit dem Strahl »sehen«<br />

kann, größer als die Wellenlänge sein. Eine Ozeanwelle wird z. B. von einem Schwimmer,<br />

der im Vergleich zur Wellenlänge dieser Welle klein ist, nicht beeinflusst, wohl aber<br />

von einem großen Schiff; die Welle kann das Schiff »sehen«, den Schwimmer nicht. Die<br />

Wellenlänge der Teilchen in einem Strahl ist für die Größenbestimmung des kleinsten<br />

Objekts, das man mit diesem Strahl erkennen kann, die kritische Größe. Zum Nachweis<br />

immer kleinerer Materieobjekte brauchen wir also immer kürzere Wellenlängen. Diese<br />

unerlässlichen Teilchen von kurzer Wellenlänge lassen sich aber nur erzeugen, indem<br />

man sie auf sehr hohe Geschwindigkeiten bringt. Und genau diesem Zweck dienen die<br />

Hochenergie-Teilchenbeschleuniger.<br />

Ein Hochenergiebeschleuniger ist im Grunde genommen ein Mikroskop, ein Materiemikroskop,<br />

mit dem wir die kleinsten uns bekannten Dinge sehen können: die Quanten<br />

der Elementarteilchen. Mikroskop und Beschleuniger funktionieren nach demselben<br />

Prinzip. In einem gewöhnlichen Tischmikroskop besteht der Strahl aus Lichtpartikeln,<br />

Photonen, die von dem Gegenstand gestreut werden, den wir unter dem Mikroskop beobachten<br />

wollen. Mit Hilfe von optischen Linsen wird das Licht so gebündelt, dass das<br />

Bild aufgelöst und verstärkt wird. Ein gewöhnliches Mikroskop taugt aber nichts, wenn<br />

man Gegenstände untersuchen will, die kleiner als die Wellenlänge des sichtbaren Lichts<br />

sind. Dazu müssen wir den nächsten Schritt tun und ein Elektronenmikroskop verwenden,<br />

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