Heinz R. Pagels Cosmic Code - Globale-Evolution TV
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jedem Raumpunkt einen anderen Eichstandard wählen konnte.<br />
Wie kann eine Symmetrie, wie z. B. die Rotationssymmetrie einer Scheibe um ihre<br />
Achse, die Existenz eines Feldes erfordern? Um das ohne Mathematik zu verstehen,<br />
stellen wir uns ein unendlich großes zweidimensionales Blatt Papier vor, das wir in verschiedenen<br />
Grautönen von Weiß bis Schwarz bemalen wollen. Um festzulegen, welchen<br />
Grauton wir benutzen wollen, haben wir eine Scheibe, die sich frei um eine Achse drehen<br />
kann und auf ihrem Umfang die Zahlen 1 bis 12 trägt wie eine Uhr; daran können wir<br />
feststellen, um wie viel wir die Scheibe gedreht haben (die eine Markierung wie einen<br />
Stundenzeiger trägt). Wenn die Scheibe auf 12 gestellt wird, heißt das, dass wir das Blatt<br />
weiß malen; 3 entspricht einem Grauton; 6 ist Schwarz; 9 ist wieder ein Grauton, und<br />
wenn wir, erneut bei 12 angelangt sind, haben wir wieder Weiß. Während wir die Scheibe<br />
drehen, durchlaufen wir stetig alle Grauschattierungen.<br />
Nehmen wir an, wir stellen die Scheibe auf 4 und malen das Blatt dunkelgrau. Weil das<br />
Blatt von einer gleichförmigen Farbtönung ist, können wir, wenn wir nur einen bestimmten<br />
örtlichen Bereich des Blattes ansehen, nicht sagen, wo wir uns auf dem Blatt<br />
befinden. Mathematisch würden wir sagen, dass das Blatt Papier eine globale Invarianz<br />
aufweist: Wenn man es global bewegt, verändert sich sein Aussehen nicht. Diese Invarianz<br />
reagiert natürlich nicht auf den tatsächlichen Grauton; wir hätten die Scheibe genauso<br />
gut auf 2 wie auf 4 stellen können.<br />
Im Zusammenhang mit dieser Illustration ist die Vorstellung von einer Eichsymmetrie<br />
einfach zu verstehen. Nehmen wir an, wir könnten uns über das Blatt bewegen und dabei<br />
die Scheibe tragen. Während wir uns bewegen, drehen wir die Scheibe ständig beliebig,<br />
und ihre Stellung über jedem Punkt auf dem Blatt zeigt uns, in welchem Grauton wir<br />
diesen Punkt malen müssen. Wenn wir fertig sind, betrachten wir das Ergebnis: Das Blatt<br />
weist keinen gleichmäßigen Farbton mehr auf, sondern zeigt jetzt an verschiedenen<br />
Stellen alle möglichen Schattierungen von Weiß bis Schwarz, ist also nicht mehr global<br />
invariant.<br />
Aber diese verlorengegangene Invarianz lässt sich wiederherstellen, wenn wir auf das in<br />
vielen Tönen bemalte Blatt Papier ein weiteres Blatt aus durchsichtigem Kunststoff legen,<br />
das genau die Komplementärtöne trägt, die diejenigen des Papiers aufheben: Wo das<br />
Papier am dunkelsten ist, ist der Kunststoff am hellsten und umgekehrt. Die entstehende<br />
Kombination ist jetzt wieder gleichmäßig, die globale Symmetrie ist wiederhergestellt.<br />
In diesem Beispiel entspricht das Blatt Papier einem Quantenfeld. Erinnern wir uns<br />
daran, dass wir ein Quantenfeld als dreidimensionales Gitter aus kleinen Sprungfedern<br />
beschrieben haben; jetzt müssen wir uns vorstellen, wir malten die Federn in drei Dimensionen<br />
statt nur auf dem zweidimensionalen Blatt. Wenn man eine Stellung der<br />
Scheibe auswählt, entspricht das der Wahl eines Eichmaßes, und wenn wir die Scheibe<br />
bei unserer Bewegung von Punkt zu Punkt drehen, entspricht das dem, was die Physiker<br />
»örtliche Eichtransformation« nennen. Statt der einfachen Symmetrie einer Scheibe kann<br />
man sich auch kompliziertere Symmetrien vorstellen. Durch Drehung einer Kugel um<br />
ihre drei verschiedenen Achsen werden z. B. verschiedene Farben für das dreidimensionale<br />
Gitter aus Spiralfedern gewählt. Das Kunststoffblatt, das die Invarianz wiederherstellt,<br />
ist das Yang-Mills-Feld. Es gleicht die willkürliche Freiheit in der Drehung der<br />
Scheibe oder Kugel an jedem Raumpunkt genau aus.<br />
Selbst an unserem einfachen Beispiel können wir den Hauptgedanken verstehen: Das<br />
Yang-Mills- oder Eichfeld dient dazu, die Invarianz wiederherzustellen, wenn wir uns die<br />
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