Heinz R. Pagels Cosmic Code - Globale-Evolution TV
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Teil II - Die Reise in die Materie<br />
1. Mikroskope für Materie<br />
V<br />
Gott hat zur Erschaffung der Welt herrliche Mathematik<br />
verwandt.<br />
- Paul Dirac<br />
Die Wahrheit gibt es vielleicht gar nicht,... aber was<br />
die Menschen für die Wahrheit gehalten haben, starrt<br />
einem überall ins Gesicht und will beachtet werden.<br />
Die Architekten im 12. und 13. Jahrhundert sahen die<br />
Kirche und das Universum als Wahrheiten an und<br />
versuchten, sie in einer Struktur auszudrücken, die<br />
endgültig sein sollte.<br />
- Henry Adams, Mont-Saint-Michel and Chartres<br />
or einiger Zeit saß ich mit meinem Freund und Kollegen Sidney Coleman zum<br />
Abendessen in einem kleinen französischen Restaurant mitten im Jura in der Nähe<br />
der Schweizer Grenze. Wir waren zu Besuch bei CERN, dem großen internationalen<br />
Kernforschungszentrum gleich hinter der Grenze bei Genf, und wie viele Gastwissenschaftler,<br />
so taten auch wir uns an der ausgezeichneten Küche in dieser Gegend gütlich.<br />
Die Sommersonne ging unter, Sidney stach in seine Klößchen, nippte an seinem Wein,<br />
und wir spekulierten über die Zukunft der Hochenergiephysik.<br />
Riesige Laboratorien, wie CERN, sind in den Vereinigten Staaten, in Europa und in der<br />
Sowjetunion errichtet worden. Man untersucht dort den Grundaufbau der Materie.<br />
Wichtigster Bestandteil dieser Forschungszentren ist ein großer hohler Ring, durch den<br />
Protonen - Quantenteilchen - auf sehr hohe Geschwindigkeiten gebracht werden und dann<br />
mit den verschiedensten nuklearen Targets zusammenprallen. Aus den Folgen dieser<br />
Zusammenstöße erfahren die Physiker etwas über den Aufbau der Materie.<br />
Sidney und ich waren theoretische Physiker mit dem Ehrgeiz, an einer mathematischen<br />
Beschreibung des Grundaufbaus der Materie mitzuarbeiten. Aber bei CERN stellen die<br />
theoretischen Physiker, obwohl über hundert an der Zahl, nur einen winzigen Prozentsatz<br />
aller Mitarbeiter. In weitaus größerer Zahl wetteifern die Experimentalphysiker aus allen<br />
Hochschulen Europas und Amerikas um die Nutzung der Anlagen. Die Maschinenbauer<br />
konstruieren und entwickeln die Beschleuniger, während tausende von Technikern die<br />
Geräte bauen. Jedes dieser Forschungszentren kostet viele Hundert Millionen Dollar und<br />
verbraucht einen erheblichen Prozentsatz der für Grundlagenforschung in diesen Ländern<br />
vorgesehenen Mittel. Sidney und ich überlegten uns folgendes: Wo ist denn der Wahlkreis<br />
für die Forschung in der Hochenergiephysik? Wen interessiert das? Könnte man<br />
Forschungsmittel nicht besser auf Gebieten von unmittelbarer praktischer Zielsetzung<br />
ausgeben? Ich glaube, solche Fragen sind nicht in Wirtschaftlichkeitsanalysen zu beantworten.<br />
Die Antwort ist meiner Meinung Ausdruck des Vertrauens, das eine Gesell-<br />
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