Heinz R. Pagels Cosmic Code - Globale-Evolution TV
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tischen Welt weit entfernt zu sein und erinnerten die Deutschen an ihre große wissenschaftliche<br />
Kultur. Im Krieg ging Einstein seinen eigenen Weg, wie immer ein Einzelgänger.<br />
Er war Pazifist in einer Zeit, in der diese Haltung als gleichbedeutend mit Verrat<br />
angesehen wurde. Er war zu einer Zeit stolz auf sein Judentum, in der viele deutsche<br />
Juden ihre Identität verheimlichten und sich assimilierten. Das waren unpopuläre Standpunkte,<br />
aber sie etablierten Einstein in der Öffentlichkeit als Mann von Grundsätzen in<br />
einer Zeit, in der Menschen mit Grundsätzen selten waren. Schließlich war diese Zeit in<br />
Europa auch eine Periode ideologischer Auseinandersetzungen und Konflikte. In Russland<br />
herrschte Bürgerkrieg, ein Nachspiel der Revolution von 1917. Überall stand der<br />
Faschismus auf. Sozial- und Religionsphilosophen suchten Unterstützung für ihre Ansichten<br />
in Einsteins neuen Theorien, die gewiss der nächste Schritt in der Entschleierung<br />
der Natur waren. Sowjetische Physiker unter der Führung von V. Fock hielten es für<br />
notwendig, die Relativität vor der Anschuldigung des Idealismus in Schutz zu nehmen<br />
und darauf hinzuweisen, dass sie in strengster Übereinstimmung mit Lenins Materialismus,<br />
der ideologischen Grundlage sowjetischer Politik, stand. Einige Wissenschaftler in<br />
England und Amerika bestanden darauf, dass Einsteins Relativitätstheorie nichts mit<br />
moralischem oder kulturellem Relativismus zu tun hatte, einer Philosophie, die behauptete,<br />
menschliche sittliche Werte seien von ihrem gesellschaftlichen und kulturellen<br />
Umfeld abhängig. Diese Philosophie war damals an den Universitäten beliebt und bedrohte<br />
die üblichen Religionen. Der Astronom Arthur Eddington, selbst Quäker, versicherte<br />
den religiös Gebundenen, dass es im Universum für Gott und die Seele immer noch<br />
einen Platz gab. Angesichts dieser Kontroversen wiederholte Einstein seine kosmische<br />
Philosophie, die er schon als Halbwüchsiger formuliert hatte, wonach das Universum<br />
gegenüber der Menschheit und deren Problemen indifferent ist. Er unterstrich jedoch,<br />
dass sittliche Fragen für die menschliche Existenz von größter Bedeutung seien und die<br />
Menschheit eine sittliche Ordnung schaffen müsse, wenn sie überleben wolle.<br />
Auch während Einsteins Bedeutung wuchs und seine Vorstellung vom Universum ins<br />
Bewusstsein der Öffentlichkeit drang, entwickelte sich die Physik mit Riesenschritten<br />
vorwärts. In den zwanziger Jahren entstand die Quantentheorie der atomaren Phänomene.<br />
Einstein lehnte sie ab, nicht weil sie falsch war (sie stimmte mit den Experimenten überein),<br />
sondern weil sie nach seiner Meinung eine unvollständige Beschreibung der physikalischen<br />
Wirklichkeit lieferte und die Objektivität und Determiniertheit der Welt außer<br />
Acht ließ. Seine große Auseinandersetzung mit Niels Bohr begann; aber diese Geschichte<br />
soll in einem anderen Kapitel erzählt werden. Ende der zwanziger Jahre und in den dreißiger<br />
Jahren trat eine neue Physikergeneration an, die die neue Quantentheorie akzeptierte<br />
und mit großem Erfolg anwandte. Die Theorie der chemischen Bindung wurde entdeckt;<br />
die neue Quantentheorie erklärte die Grundlagen der Chemie. Die Theorien der Festkörper,<br />
der Metalle, der elektrischen Leitung und der Magnetisierung wurden aus der<br />
neuen Quantentheorie heraus gebildet. Die Kernphysik nahm ihren Anfang.<br />
Einstein hatte mit diesen Entwicklungen wenig zu tun. Nach 1926 wandelte er auf<br />
Nebenwegen der Physik. Die neue Quantentheorie hielt er sogar für nicht radikal genug.<br />
Er meinte, sie könne Folge einer einheitlichen Feldtheorie sein, einer Theorie, die das<br />
elektrische, das magnetische und das Gravitationsfeld kombinierte und über die allgemeine<br />
Relativität hinausging. 1938 bekannte er: »Ich schlage mich jetzt über zwanzig<br />
Jahre mit diesem Grundproblem der Elektrizität herum und habe allen Mut verloren,<br />
komme aber doch nicht davon los.« Obwohl es ihm nicht gelang, die Elektrizität und die<br />
Schwerkraft zu vereinheitlichen, betonte er doch als einer der ersten Physiker, dass man<br />
eine Vereinheitlichung aller Naturkräfte anstreben müsse; diesem Ziel der Physik ist man<br />
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