Heinz R. Pagels Cosmic Code - Globale-Evolution TV
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Quantentheorie nach dem Überlagerungsprinzip: Wenn zwei Wahrscheinlichkeitswellen<br />
in einem Raumbereich vorhanden sind, addieren sich ihre Amplituden zur Gesamthöhe.<br />
Borns Interpretation hatte aber noch einen weiteren Aspekt: Die Wahrscheinlichkeit, an<br />
einem bestimmten Ort im Raum ein Teilchen zu finden, ist nicht durch die Wellenhöhe an<br />
diesem Ort, sondern durch die Wellenintensität gegeben, also die Höhe der Welle im<br />
Quadrat, die man dadurch erhält, dass man die Höhe an dieser Stelle mit sich selbst multipliziert.<br />
Wenn man irgendeine positive oder negative Zahl mit sich selbst multipliziert,<br />
ist das Ergebnis immer eine positive Zahl. Deshalb ist auch die Intensität einer Welle<br />
immer eine positive Größe, und Born setzt sie gleich der Wahrscheinlichkeit, ein Teilchen<br />
zu finden, das also auch immer eine positive Größe ist. Weil sich die Wellenamplituden<br />
nach dem Überlagerungsprinzip addieren, dagegen die Wahrscheinlichkeit, ein Teilchen<br />
zu finden, durch das Quadrat der Wellenamplitude, also die Intensität, gegeben ist, sind<br />
die Wahrscheinlichkeiten in der Quantentheorie nicht additiv, und es entsteht ein nichtlinearer<br />
Aspekt bei den Quantenwahrscheinlichkeiten, der zu den Wahrscheinlichkeiten<br />
in der klassischen Physik in Gegensatz steht.<br />
Nehmen wir beispielsweise an, wir haben ein Elektron in einem Kasten, wie vorhin die<br />
Person im Haus, und im Deckel des Kastens befinden sich zwei eng nebeneinanderliegende<br />
Löcher, wie die Türen im Haus. Wenn man ein Loch schließt, ist die Wahrscheinlichkeit<br />
dafür, dass das Elektron aus dem Kasten austritt und irgendwo draußen nachgewiesen<br />
wird, P1; wenn man das andere Loch schließt, ist die Wahrscheinlichkeit dafür,<br />
das Elektron an derselben Stelle zu finden, P2. Aber wenn man beide Löcher öffnet, ist die<br />
Wahrscheinlichkeit P, das Elektron an dieser Stelle außerhalb des Kastens nachzuweisen,<br />
nicht P = P1 + P2 wie bei der Person, die das Haus verlassen hatte. Der Grund für dieses<br />
merkwürdige Verhalten liegt darin, dass nach dem Überlagerungsprinzip die Wahrscheinlichkeitswellen,<br />
die im Zusammenhang mit dem Austritt des Elektrons aus jedem<br />
Loch entstehen, einander entweder konstruktiv oder destruktiv überlagern können. Deshalb<br />
kann die Gesamtintensität, die die Gesamtwahrscheinlichkeit angibt, entweder<br />
größer oder kleiner sein als die jeder einzelnen Welle.<br />
Diese Überlagerung der Wahrscheinlichkeitswellen hat in der klassischen Welt unserer<br />
alltäglichen Sinneswahrnehmungen nichts Vergleichbares und ist die Grundlage der<br />
Quanteneigenart. Die einleuchtendste Beschreibung dieses Aspekts der Quanteneigenart<br />
ist das Zwei-Schlitze-Experiment. Wenn wir uns mit diesem Experiment eingehender<br />
beschäftigen, sehen wir, wie Borns statistische Interpretation und das Überlagerungsprinzip<br />
zusammengenommen eine vom Beobachter geschaffene Realität bedeuten.<br />
In den fünfziger Jahren hielt der Physiker Richard Feynman im Auftrag der BBC eine<br />
Reihe von populärwissenschaftlichen Vorträgen. In einem beschrieb er das Zwei-Schlitze-Experiment,<br />
bei dem eine Quelle in einem gewissen Abstand hinter einer Barriere<br />
aufgebaut wird, hinter der wiederum ein Nachweisschirm steht. Er besprach eine Reihe<br />
von drei Versuchen mit Maschinengewehrkugeln, Wellen und Elektronen.<br />
Stellen wir uns zunächst vor, die Quelle besteht aus Max Borns Maschinengewehr, das<br />
Kugeln auf eine Barriere, eine Panzerplatte mit zwei kleinen Löchern und Schlitzen, abfeuert.<br />
Hinter der Barriere steht eine dicke Holzplatte als Nachweisschirm und Kugelfänger.<br />
Die Löcher bezeichnen wir mit 1 und 2. Wir schließen Loch 2 zu Beginn des<br />
Experiments, und dann schießen wir unsere Kugeln auf die Panzerplatte ab. Einige Kugeln<br />
gehen durch das Loch 1, und wir messen ihre Verteilung, wenn sie die Holzplatte<br />
treffen. Diese Teilchenverteilung nennen wir P1. Dasselbe machen wir dann, indem wir<br />
das Loch 1 schließen und das Loch 2 aufmachen; hier finden wir eine ähnliche Verteilung,<br />
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