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Heinz R. Pagels Cosmic Code - Globale-Evolution TV

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und Stühle, und wir sollten sie auch nicht weiter suchen. Die Gegebenheiten in der Mikrowelt,<br />

also die Elektronen, Protonen und Photonen, existieren zwar, aber manche ihrer<br />

Eigenschaften, selbst so grundlegende Eigenschaften wie z. B. der Ort, existieren nur auf<br />

Zufallsbasis. Vor der Erfindung der Quantentheorie konnten sich die Physiker die Welt in<br />

deren Objekten vorstellen, unabhängig davon, wie sie die Existenz der Welt kannten. In<br />

der Quantenrealität gibt es auch Dinge, die quantenähnlichen Elektronen und Photonen,<br />

aber zusammen mit jener Welt gibt es auch eine Informationsstruktur, die sich schließlich<br />

darin äußert, wie wir über die Quantenrealität sprechen. Die Quantenmesstheorie ist eine<br />

Informationstheorie. Die Quantenwelt hat sich in das zurückgezogen, was wir darüber<br />

erfahren können; was wir darüber erfahren können, muss aber aus tatsächlichen Versuchsanordnungen<br />

kommen. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht.<br />

Eines weiß ich gewiss: Die Quantenrealität ist nicht die klassische Realität. Man kann<br />

sie in die klassische Realität nicht einbauen. Die Quantentheorie sagt keine einzelnen<br />

Ereignisse voraus, wie es die klassische Theorie tut; die beiden Theorien unterscheiden<br />

sich logisch voneinander. Aber selbst bei unserem Versuch, herauszuarbeiten, was die<br />

Quantenrealität nicht ist, beziehen wir uns immer wieder auf klassische Begriffe wie<br />

Objektivität und örtliche Kausalität. Wir haben auch gar keine andere Wahl, denn wir sind<br />

makroskopische Wesen und leben in einer klassischen, vorstellbaren Welt, in der diese<br />

Begriffe gelten.<br />

Wir können uns die Quantenrealität wie eine verschlossene Schachtel vorstellen, aus<br />

der wir Nachrichten empfangen. Wir können uns nach dem Inhalt der Schachtel erkundigen,<br />

aber nie wirklich sehen, was in ihr steckt. Wir haben eine Theorie, die Quantentheorie,<br />

der Nachrichten gefunden, und sie ist in sich schlüssig. Aber es ist unmöglich,<br />

sich den Inhalt der Schachtel vorzustellen. Man kann sich bestenfalls auf die Stellung<br />

eines ›unparteiischen Beobachters‹ zurückziehen und nur beschreiben, was wirklich beobachtet<br />

wird, ohne irgendwelche Phantasien hineinzuprojizieren. Das ist eine minimalistischer<br />

Ansatz gegenüber der Realität, und ich befürworte ihn.<br />

Diese Leute auf dem Realitätenmarkt haben etwas vergessen, was ich ihnen schon<br />

früher erzählt habe. Vielleicht haben sie auch nicht richtig hingehört. Es ist das Komplementaritätsprinzip.<br />

Es besagt, dass wir zur Beschreibung der Realität komplementäre<br />

Konzepte anführen müssen, die einander ausschließen; sie können nicht beide wahr sein.<br />

Aber sie schließen einander nicht nur begrifflich aus, sondern hängen zu ihrer Definition<br />

voneinander ab. So kann man z. B. das Männliche und das Weibliche als komplementäre<br />

Konzepte betrachten. Wenn Sie sich vorstellen, dass vor Ihrer Geburt eine Geschlechtswahl<br />

stattfindet, dann können Sie entweder weiblich oder männlich werden. Aber wenn es<br />

auf der Welt nur ein Geschlecht gäbe, gäbe es den Begriff Geschlecht überhaupt nicht; die<br />

beiden Begriffe männlich und weiblich definieren einander ebenso, wie sie einander<br />

ausschließen. Solche komplementären Konzepte sind verschiedene Bilder von ein und<br />

derselben Realität; in diesem Beispiel ist die Realität die Menschheit.<br />

Mein Lieblingsbeispiel für die Komplementarität ist das Bild einer Vase, die aus zwei<br />

Profilen besteht, wie sie die Gestaltpsychologen verwenden. Ist es eine Vase, oder sind es<br />

zwei Profile? Man kann beides herauslesen, je nachdem, welches Bild die Figur und<br />

welches der Hintergrund ist. Aber man kann sie nicht gleichzeitig als beides ansehen. Das<br />

ist ein vollkommenes Beispiel für eine vom Beobachter geschaffene Realität; Sie selbst<br />

entscheiden darüber, welche Realität Sie sehen wollen. Und doch hängen die Definitionen<br />

von Vase und Profil voneinander ab; es gibt nicht eine ohne die andere. Es sind verschiedene<br />

Darstellungen derselben Grundrealität - hier einfach ein Stück Papier mit einer<br />

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