Heinz R. Pagels Cosmic Code - Globale-Evolution TV
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13. Der Realitätenmarkt<br />
W<br />
Das wahre Geheimnis ist das Sichtbare, nicht das Unsichtbare.<br />
- Oscar Wilde<br />
ir nähern uns dem Ende unseres Weges in die Quantenrealität. Der Weg geht von<br />
hier vielleicht noch weiter in die Zukunft der Physik; vielleicht werden auch noch<br />
neue Erkenntnisse über die Quantentheorie gewonnen. Die Quantentheorie ist unter<br />
Umständen experimentell falsch oder unvollständig; diese Möglichkeit ist logisch nicht<br />
von der Hand zu weisen. Ohne Zweifel gibt es auf dem Weg zur Quantenrealität noch<br />
unglaubliche Dinge zu entdecken. Aber da wir keine Deutung der Quantentheorie haben<br />
und auch nicht wissen, ob sie experimentell scheitert, endet der Weg für uns an einem<br />
Rastplatz. Hier finden wir eine Art Markt, einen Realitätenmarkt.<br />
Auf diesem Realitätenmarkt gibt es viele Läden; in jedem steht ein Kaufmann, der uns<br />
seine Fassung der physikalischen Realität verkaufen will. Der Markt ist aber so aufgebaut,<br />
dass wir uns mit unserem Geld nur eine Realität kaufen können; es herrscht also starke<br />
Konkurrenz. Wir sind anspruchsvolle Käufer, denn wir wissen jetzt etwas über das<br />
Zwei-Löcher-Experiment, den EPR-Versuch und das Bellsche Experiment, die Arbeiten<br />
über die Quantenlogik und Schrödingers Katze. Die Verkäufer in den Läden wissen das<br />
auch, und über die eigentlichen Versuche sind sich auch alle einig. Nur ihre Interpretation<br />
im Hinblick auf die physikalische Wirklichkeit wird hier angeboten. Aber über diese<br />
Deutung des Experiments entscheidet nicht das Experiment. Um als Käufer Realitäten zu<br />
unterscheiden, müssen wir andere Kriterien zu Hilfe nehmen, z. B. die Knappheit an<br />
Annahmen, den potentiellen empirischen Gehalt und den persönlichen Geschmack. Der<br />
Läden sind viele, aber wir brauchen uns nur in einem mit den besten Waren umzusehen.<br />
Wir gehen hinein und hören uns die Verkaufsgespräche an.<br />
Der erste Laden ist ein Zelt ganz am Rande des Markts und trägt das Schild »Viele<br />
Universen zu verkaufen« - eine unwiderstehliche Aufforderung. Der Verkäufer im Laden<br />
erklärt, dass es aus all diesen Problemen der Quantentheorie einen einfachen Ausweg<br />
gibt. Er weist darauf hin, dass unser ganzes Denken über die Quantenrealität auf einer<br />
versteckten Annahme beruht: Es gibt nur eine Realität. »Wenn Sie sich immer noch<br />
überlegen«, fährt er fort, »in welches Loch das Elektron ›wirklich‹ gegangen ist oder ob<br />
Schrödingers Katze tot ist oder lebt, stellen Sie sich doch einfach vor, dass sich das ganze<br />
Universum in jedem Augenblick in eine unendliche Vielzahl von Universen aufspaltet.<br />
Alle diese Quanten-Niemandsländer werden real. In einigen davon geht das Elektron<br />
durch Loch 1, in anderen durch Loch 2. Die verschiedenen Universen stehen untereinander<br />
nicht in Verbindung, so dass Gegensätze gar nicht möglich sind. Die Realität ist<br />
die Unendlichkeit aller dieser Universen in einem ›Superraum‹, der sie alle umschließt.<br />
Man kann sich vorstellen, dass die unglaublichsten Dinge in diesen anderen Universen<br />
ablaufen. Alles, was passieren kann, passiert auch. In manchen Universen sind manche<br />
von uns noch nicht einmal geboren und können sich deshalb über die Quantenrealität auch<br />
keine Gedanken machen. Denken Sie nicht weiter darüber nach, warum unser Universum<br />
existiert oder solche Dinge wie das Leben auf der Erde aufweist; unser Universum ist nur<br />
eines in einer unendlichen Vielzahl, und es ist zufällig so geraten, wie wir es vorfinden.<br />
Sonst wären wir ja nicht hier und könnten diese Frage nicht stellen.«<br />
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