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Heinz R. Pagels Cosmic Code - Globale-Evolution TV

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waren keine Artefakte eines mathematischen Formalismus, Produkte unserer Phantasie,<br />

sondern zum rationalen Verständnis der Eigenschaften der Materie tatsächlich vonnöten.<br />

Unter allen modernen Quantenfeldtheorien ist die Quantenelektrodynamik das Musterbeispiel<br />

für einen Erfolg.<br />

Von diesem Triumph der Feldtheorie angespornt, wandten sich die theoretischen Physiker<br />

als nächstes der Aufgabe zu, eine ähnliche Theorie für die stark wechselwirkenden<br />

Quanten, die Hadronen, zu finden. In jenen fünfziger und sechziger Jahren wussten die<br />

Physiker noch nicht, dass die Hadronen aus Quarks bestehen. Sie nahmen einfach an, dass<br />

zu jedem Hadron ein Fundamentalfeld gehörte. Aber als sie die Feldtheorie auf die starken<br />

Wechselwirkungen der Hadronen anwandten, erlitten sie eine Schlappe. Wieso?<br />

Zum einen gab es sehr viele Hadronen, und sie alle standen auf komplizierte Weise<br />

miteinander in Wechselwirkung. Die Wechselwirkungen waren so verwickelt, dass man<br />

niemals den einfachen Fall von lediglich zwei miteinander wechselwirkenden Hadronen<br />

behandeln konnte; immer waren gleich alle beteiligt. Eine zweite Schwierigkeit lag darin,<br />

dass die Wechselwirkung zwischen Hadronen etwa hundertmal so stark war wie die<br />

Wechselwirkung zwischen Elektronen und Photonen; man konnte sie mathematisch<br />

schwer erfassen.<br />

Wegen dieser Schwierigkeiten waren viele theoretische Physiker, vielleicht sogar die<br />

meisten, gelegentlich geneigt, die Feldtheorie aufzugeben und an ihre Stelle einen ganz<br />

anderen Ansatz, die sogenannte S-Matrix-Theorie, zu setzen (S bedeutet dabei »Streuung«).<br />

Nach Meinung der Verfechter der S-Matrix-Theorie krankte die Feldtheorie daran,<br />

dass sie Objekte in die Physik einführte, die Fundamentalfelder, die Experimenten nicht<br />

zugänglich waren. Im Gegensatz dazu wurde die S-Matrix-Theorie erfunden, um nur<br />

experimentell beobachtbare Größen zu verwenden; sie versuchte, eine Reihe von Messungen<br />

über Hadronenwechselwirkungen zu anderen, ähnlichen Messreihen in Beziehung<br />

zu setzen. Die Theoretiker der S-Matrix hofften, in ihre Theorie niemals einen Begriff<br />

einführen zu müssen, der nicht mit einer experimentell zu beobachtenden Größe zusammenhing.<br />

Den Feldtheoretikern machte es nichts aus, derartige Begriffe einzuführen;<br />

solange sie beobachtete Größen berechnen konnten, waren sie es zufrieden.<br />

In mancher Hinsicht war die S-Matrix-Theorie von Ernst Machs Physikphilosophie<br />

beeinflusst, der zufolge die Physik eine Wissenschaft meßbarer Objekte und Ereignisse<br />

ist, aus der die Physiker alle theoretischen Begriffe herauslassen sollten, die nicht beobachtbaren<br />

Größen entsprechen. Die S-Matrix-Theorie war im Geist Machs abgefasst,<br />

die Feldtheorie nicht. In diesem Zusammenhang ist es interessant, an Einsteins Brief an<br />

seinen Freund, den Philosophen Solovine, zu erinnern, in dem er beschreibt, wie er die<br />

allgemeine Relativität erfunden hatte. Einstein, zunächst von Mach beeinflusst, wandte<br />

sich später gegen Machs strenge Ansicht mit der Behauptung, »das reine Sammeln von<br />

aufgezeichneten Phänomenen reicht nie aus; es muss immer eine freie Setzung des<br />

menschlichen Geistes dazukommen...« Er führte dann weiter aus, dass der theoretische<br />

Physiker bereit sein muss, einen intuitiven Sprung von seinen Versuchsdaten zu einem<br />

absoluten Postulat zu machen, das sich selbst nicht unmittelbar nachprüfen lässt, aber von<br />

dem man logisch prüffähige Konsequenzen ableiten kann. Das Feldpostulat stellte im<br />

Gegensatz zur S-Matrix-Theorie einen solchen intuitiven Sprung über die Welt der direkten<br />

Erfahrung hinaus dar, aber eben auch einen Sprung, dem manche Physiker nicht<br />

trauten.<br />

Rückblickend sehen wir heute, dass die Feldtheorie in den fünfziger und sechziger<br />

Jahren nicht deshalb außerstande war, die starke Wechselwirkung ausreichend zu be-<br />

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