Band 51 . 2008 - Baarverein.de

gen
Haus der Geschichte Baden Württemberg (Hrsg.) : Adel und Nationalsozialismus
im deutschen Südwesten; G. Braun Buchverlag: Karlsruhe 2007; 240 Seiten,
14 Schwarz-weiß-Abbildungen; ISBN 978-3-7650-8373-0; 12,90 Euro
"Und in dieser ungeheueren Konfusion tat
der Adel grade das Allerungeschicklichsre.
Anstarr die im Sturm umherflatternden Zügel
kraft hö herer Intelligenz kühn zu erfassen,
isolieree er sich stOlz gro ll end und meinte,
durch H ass und Verachtung die ei lfertige
Zeit zu bezwingen."
KOll fusion und Sturm in ein er eilfertigen
Zeit, in der Adel als politische Kraft und mit
sei ner Adeligkeit gefra gt war und zugleich
versagt hat: damit könnte di e AristOkratie im
Dritten Reich gemeint sein . Doch das Zita t
sta mmt von Joseph von Eichendorff. Er hat
die Ro lle des Adels während der Revolu tion
von 1848/4 9 beobachtet und - wie a uch in
dem Gedicht All einen Unedlell VOll Adel -
festgestellt, dass es eine Aufgabe sei, "all es
Große, Edle und Schöne ritterl ich zu wahren"
und fortschrittliches mit konservati vem
Denken zu verbinden.
Da s ä hnl iche Ansprüche a uch an Te il e
des südwestdeutschen Adels während jener
fünfzehn un eligen Ja hre gestellt wurden und
w ie unterschiedlich ein ze ln e AristOkraten
und ihre H ä user - bekannrlich pfl egte der
obersc hwä bische Adel noch An fa ng des 20.
J ahrhunderts ganz bewusst seine Staatsferne,
während später Erich Fürst von Waldburg­
Zeil den Natio na lsozia lismus energisch
bekä mpfte - damit umgingen, ist 2006 im
Haus der Geschichte Baden-Würrremberg
auf einer Fachtagung untersucht worden, deren
Beiträge mit einer Ausnahme jetzt gedruckt
und übera rbeitet vorliegen.
Die Erinnerun g an C laus Graf
Schenk von Stauffenbergs 100. Geburtstag
im ovember 2007 und
die Eröffnung der Stauffenberg­
Gedenkstätte Im La utlinger
Schl oss lenken in CHR ISTO PHER
D O\XIES Beitrag den Blick des Lesers
a uf jene würrtembergische
Adelsfamilie, in der sich (ur)adeliges
Selb tverständnis mit den
neuade ligen Vorstellungen de
Kreises um Stefan George verbunden h arte,
eine H a ltung, die Ale a nde r, den Bruder
des Hitler-Attentä ters und Münchner Geschichtsprofessor,
noch 1960 in seinem Oberemina
r - der Rezensent kann es bezeugena
usgezeichnet hat.
Und d as H a us Fürstenberg? Die kürzlich
erschi ene " Aufstellung über den hohen Adel
Deutschl ands in der SDAP", schreibt THO­
MAS SCHNABEL im Vorwo rt, erwä hne "einige
Adlige a u dem Südwesten (z .B. a u den Fa ­
m ilien Fürstenberg)". M ehr über F.F. find et
sich in der Referatesammlung nicht.
Ein paa r Z ei len erhä lt der (nach Unterstaatssekretä
r Andor Hencke) " Hitler blind
mit Leib und Seele ergebene", im Grunde
"Iandfremde" (Schnabel) SA-Obergruppenführer
Dietrich von Jagow, w ä hrend der
"stets nach H öherem strebende" Ernst von
Weiz äcker und dem mehr a ls bloß in das nationa
Isozia li sti sche Unrecht "verstrickten "
Ko nsta ntin von Neurath der Aufsa tz von
RAINER BLAS lus "Das a lte Amt und die neue
Z eit" gilt; der sechs J a hre a ls Außenminister
amtierende und stolz in der Uniform eines
SS-Gruppenführers posierende Freiherr wurde
(a n anderer Stelle) wohl zu Recht " das
Aushä ngeschild der Hitler-R egierung" genannt.
Ihrer M axime, " im Di enst zu bleiben,
um Schlimmeres zu verhüten" und sein Land
nicht im Stich zu la ssen, " weil es ei ne
schlechte Regierung hat", widerspricht der
jüdische Ba nkier Carl Melchior: Seiner Regierung
dürfe ma n nur dann dienen, wenn
ihr Menschlichkeit und Gerechtigkeit
heilig seien. Und das wollen
beide nicht erkannt haben?
Ein nüchternes Resümee zieht
am Ende ECKARD Co 'ZE: Adelsgeschichte
im ationalsoziali mus
und Widerstandsgeschichte seien
nicht identisch. Einen Widerstand
von Adl igen habe es gegeben, einen
Widerstand des Adels jedoch
nicht.
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