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erfolge im ausland - Institute for Advanced Studies

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Europäische Union: Verhaltene Re<strong>for</strong>men in günstigerem konjunkturellen Umfeld<br />

auch realwirtschaftliche Aspekte zu berücksichtigen.<br />

Hintergrund der Berücksichtigung realwirtschaftlicher<br />

Daten ist die Überlegung, dass die realwirtschaftliche<br />

Konvergenz Bedingung für die dauerhafte Erfüllung der<br />

nominalen Beitrittskriterien ist. Da die neuen EU-Mitglieder<br />

die Kriterien zur Einführung des Euro <strong>im</strong><br />

Mai 2004 noch nicht erfüllen konnten, genießen sie zunächst<br />

den Status eines Mitgliedstaates, für den eine<br />

Ausnahmeregelung gilt (Artikel 122 Absatz 1 EG-Vertrag).<br />

Für die Wirtschafts- und Währungspolitik hat die EU-<br />

Mitgliedschaft insbesondere folgende unmittelbare Implikationen:<br />

Dem öffentlichen Sektor der neuen Mitgliedstaaten<br />

ist es untersagt, Kredite bei der nationalen<br />

Zentralbank aufzunehmen (Artikel 101 Absatz 1 EG-Vertrag);<br />

dem Staat steht kein bevorzugter Zugang zu den<br />

Finanzinstituten zu (Artikel 102 Absatz 1 EG-Vertrag);<br />

es gilt Haftungsausschluss der Europäischen Union gegenüber<br />

dem Mitgliedsland (Artikel 103 Absatz 1 EG-<br />

Vertrag); die Länder haben die Unabhängigkeit ihrer<br />

nationalen Notenbanken zu gewährleisten (Artikel 108<br />

EG-Vertrag); die Vorschriften in Bezug auf das Verfahren<br />

bei einem übermäßigen Defizit (Artikel 104 EG-Vertrag)<br />

einschließlich der ergänzenden Entschließung und<br />

Verordnungen treten in Kraft.<br />

158. Das Verfahren zur Aufnahme neuer Mitglieder<br />

in den gemeinsamen Währungsraum ist in Artikel 122<br />

Absatz 2 EG-Vertrag geregelt: Mindestens einmal alle<br />

zwei Jahre oder auf Antrag eines Mitgliedstaates, für den<br />

eine Ausnahmeregelung gilt, berichten die Europäische<br />

Kommission und die Europäische Zentralbank dem Ecofin-Rat,<br />

inwieweit die betreffenden Länder die Aufnahmevoraussetzungen<br />

erfüllen. Auf Grundlage der erstellten<br />

Berichte entscheidet der Ecofin-Rat auf Vorschlag<br />

der Europäischen Kommission nach Anhörung des Europäischen<br />

Parlamentes und nach Aussprache <strong>im</strong> Europäischen<br />

Rat mit qualifizierter Mehrheit darüber, ob ein<br />

EU-Mitgliedstaat die notwendigen Voraussetzungen für<br />

die Euro-Einführung erfüllt. Da diese Entscheidung<br />

keine Einst<strong>im</strong>migkeit er<strong>for</strong>dert, sind die Möglichkeiten<br />

einzelner Mitgliedstaaten, die Aufnahme neuer Mitglieder<br />

in den Euro-Raum zu verhindern, begrenzt.<br />

Zur Konvergenzprüfung gehört auch, dass ein Land mindestens<br />

zwei Jahre lang Mitglied <strong>im</strong> Wechselkursmechanismus<br />

II gewesen ist; am 27. Juni 2004 traten<br />

mit Estland, Litauen und Slowenien die ersten neuen<br />

Mitgliedsländer dem Wechselkursmechanismus II bei.<br />

Das Wechselkursband um die festgelegte Parität zum<br />

Euro beträgt ± 15 vH. Vor dem Hintergrund der er<strong>for</strong>derlichen<br />

zweijährigen spannungsfreien – das heißt insbesondere<br />

ohne Abwertungen verlaufenden – Teilnahme<br />

am Wechselkursmechanismus II kann eine Konvergenzprüfung<br />

nicht vor dem Jahr 2006 erfolgreich absolviert<br />

werden. Als technisch frühestmöglicher Zeitpunkt für<br />

die Einführung des Euro in einem neuen Mitgliedsland<br />

ist somit das Jahr 2007 zu betrachten.<br />

Der Wechselkursmechanismus II wurde mit dem Beginn<br />

der dritten Stufe der Europäischen Währungsunion <strong>im</strong><br />

Jahr 1999 eingeführt und bindet die Währungen der<br />

nicht teilnehmenden Länder an den Euro. Die Einhaltung<br />

der Standardschwankungsbreite der jeweiligen<br />

Währung von ± 15 vH um die festgelegte Parität zum<br />

Euro – eine engere Anbindung ist möglich – wird grundsätzlich<br />

durch automatische und in ihrer Höhe<br />

unbegrenzte Interventionen des Eurosystems und der jeweiligen<br />

nationalen Notenbank gewährleistet. Dabei<br />

entstehende Verbindlichkeiten gegenüber der korrespondierenden<br />

Zentralbank müssen dem Grundsatz nach binnen<br />

drei Monaten zurückgezahlt werden. Diese automatischen<br />

Interventionen können jedoch von beiden Seiten<br />

ausgesetzt werden, wenn damit einhergehend Risiken für<br />

die Preisniveaustabilität gesehen werden.<br />

Stand des Konvergenzprozesses der EU-Beitrittsländer<br />

159. Der realwirtschaftliche Konvergenzprozess der<br />

Beitrittsländer kann anhand der Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts,<br />

der relativen Einkommensniveaus, der<br />

Bruttowertschöpfung je Erwerbstätigen sowie der Leistungsbilanzen<br />

beschrieben werden.<br />

Nach Überwindung der Trans<strong>for</strong>mationskrisen zu Beginn<br />

der neunziger Jahre wurden in allen mittel- und osteuropäischen<br />

Beitrittsländern kräftige Zuwachsraten des<br />

Bruttoinlandsprodukts verzeichnet; diese lagen seit dem<br />

Jahr 1996 <strong>im</strong> Durchschnitt um fast 2 Prozentpunkte über<br />

den Zuwachsraten des Euro-Raums (Tabelle 15, Seite<br />

102). Diese Entwicklung schlägt sich in einer allmählich<br />

zurückgehenden Einkommenslücke der neuen EU-<br />

Mitglieder gegenüber dem Euro-Raum nieder. Im vergangenen<br />

Jahr lag ihr Einkommen je Einwohner in<br />

Kaufkraftstandards bei rund 50 vH in Relation zum Niveau<br />

in der Währungsunion. Dabei bestehen deutliche<br />

Diskrepanzen insbesondere zwischen den Mittelmeerländern<br />

(einschließlich Slowenien), die das Niveau Griechenlands<br />

und Portugals annähernd erreicht oder überschritten<br />

haben, und den baltischen Staaten. Betrachtet<br />

man die Geschwindigkeit des Konvergenzprozesses und<br />

berücksichtigt zudem, dass sich die Einkommenslücke<br />

mit zunehmendem Wohlstandsniveau in absoluter Betrachtung<br />

langsamer schließen dürfte, so ist offensichtlich,<br />

dass eine Einkommensangleichung nicht eine Frage<br />

von Jahren, sondern von Jahrzehnten ist.<br />

Der Rückstand in der Arbeitsproduktivität zeigt ein ähnliches<br />

Bild, wobei der Abstand zum Euro-Raum noch<br />

deutlicher ausgeprägt ist als die Einkommenslücke; dies<br />

würde auch bei einer Betrachtung in Kaufkraftstandards<br />

gelten. Als problematisch stellt sich in vielen neuen EU-<br />

Mitgliedstaaten nach wie vor die Situation der Leistungsbilanzen<br />

dar; allein Slowenien konnte in den vergangenen<br />

Jahren leichte Überschüsse erzielen. Die bislang<br />

hohen Zuflüsse von Direktinvestitionen tragen zwar<br />

zur Tragfähigkeit der Leistungsbilanzdefizite bei.<br />

Gleichwohl kann bezweifelt werden, dass die Rückführung<br />

der besonders hohen Defizite – bis zu 15 vH in<br />

Relation zum nominalen Bruttoinlandsprodukt <strong>im</strong> vergangenen<br />

Jahr in Estland – in allen Fällen durch Produktivitätssteigerungen<br />

möglich sein wird, die sich in reale<br />

Abwertungen der jeweiligen Währung übertragen würden.<br />

Eine langfristig tragfähige Leistungsbilanz dürfte<br />

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