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erfolge im ausland - Institute for Advanced Studies

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Heraus<strong>for</strong>derungen annehmen<br />

Grundgesetz, die Staatsverschuldung zu begrenzen, geradewegs<br />

zuwider laufe.<br />

747. Für den Fall, dass in diesem Jahr <strong>im</strong> Hinblick auf<br />

den Arbeitsmarkt eine Störung des gesamtwirtschaftlichen<br />

Gleichgewichts festgestellt werden könnte, hat das<br />

Bundesverfassungsgericht mit seiner Entscheidung vom<br />

18. April 1989 aber eine weitere Hürde gegen eine die<br />

Investitionsausgaben übersteigende Nettoneuverschuldung<br />

errichtet. Es hat dem Gesetzgeber nämlich eine<br />

Darlegungslast auferlegt. Denn er hat nachzuweisen,<br />

dass und wie die erhöhte Kreditaufnahme zur Abwehr<br />

einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts<br />

geeignet ist. Dabei wird dem Gesetzgeber angesichts<br />

der Unbest<strong>im</strong>mtheit der Begriffe „Störung des<br />

gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts“ ein Einschätzungs-<br />

und Beurteilungsspielraum zugebilligt. Dieser<br />

muss allerdings nicht nur frei von Willkür sein; er muss<br />

vielmehr vor dem Hintergrund der Erkenntnisse der gesetzlich<br />

verankerten Organe der finanz- und wirtschaftspolitischen<br />

Willensbildung – das Bundesverfassungsgericht<br />

nennt ausdrücklich den Sachverständigenrat oder<br />

die Deutsche Bundesbank – sowie der Volkswirtschaftslehre<br />

und der Finanzwissenschaft nachvollziehbar und<br />

vertretbar sein. Dem Gericht obliegt in Streitfällen die<br />

Prüfung, ob die Beurteilung und Einschätzung des Gesetzgebers<br />

nachvollziehbar und vertretbar ist.<br />

Unabhängig davon, ob nach den vom Bundesverfassungsgericht<br />

aufgestellten Kriterien in diesem Jahr von<br />

einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts<br />

gesprochen werden kann, stellt sich die Frage, ob<br />

die erhöhte Nettokreditaufnahme geeignet gewesen sein<br />

könnte, die Zahl der Arbeitslosen zu reduzieren und die<br />

der Erwerbstätigen anzuheben. Unstrittig ist, dass eine<br />

Erhöhung der Nettokreditaufnahme geeignet ist, die<br />

konjunkturell bedingte Komponente der Arbeitslosigkeit<br />

zu verringern. Da aber – wie zahlreiche Analysen belegen<br />

– der überwiegende Teil unserer Unterbeschäftigung<br />

nicht konjunkturell bedingt ist und das Jahr 2004 nicht<br />

durch eine Rezession, sondern durch einen recht kräftigen<br />

Aufschwung gekennzeichnet war, wird man in einer<br />

Nettokreditaufnahme, die die Ausgaben für Investitionen<br />

übersteigt, in diesem Jahr nicht das geeignete Instrument<br />

zur Beseitigung der Fehlentwicklung auf dem<br />

deutschen Arbeitsmarkt sehen können.<br />

Wie geht es weiter mit dem Defizitverfahren gegen<br />

Deutschland?<br />

748. Am 21. Januar 2003 hatte der Ecofin-Rat für<br />

Deutschland das Bestehen eines übermäßigen Defizits<br />

nach Artikel 104 Absatz 6 EG-Vertrag festgestellt. Gemäß<br />

Artikel 104 Absatz 7 EG-Vertrag und Artikel 3<br />

Absatz 4 der Verordnung Nr. 1467/97 des Europäischen<br />

Stabilitäts- und Wachstumspakts wurde die deutsche Regierung<br />

unter Vorgabe einer Frist bis 21. Mai 2003 aufge<strong>for</strong>dert,<br />

zweckdienliche Maßnahmen zur Defizitreduzierung<br />

zu ergreifen. Die von der Bundesregierung<br />

getroffenen Maßnahmen wurden von der Kommission<br />

aber als unzureichend angesehen. Deshalb hat sie am<br />

19. November 2003 dem Ecofin-Rat empfohlen, nach<br />

Artikel 104 Absatz 8 EG-Vertrag festzustellen, dass<br />

keine wirksamen Maßnahmen zur Rückführung der öffentlichen<br />

Defizite ergriffen wurden und nach<br />

Artikel 104 Absatz 9 EG-Vertrag weitere Maßnahmen<br />

aufzuerlegen. Konkret sollte Deutschland mit der Maßgabe<br />

in Verzug gesetzt werden, <strong>im</strong> Jahr 2004 eine Verbesserung<br />

seines konjunkturbereinigten Haushaltssaldos<br />

um 0,8 vH in Relation zum nominalen<br />

Bruttoinlandsprodukt zu erreichen und das übermäßige<br />

Defizit spätestens <strong>im</strong> Jahr 2005 zu beseitigen. Auf seiner<br />

Sitzung am 25. November 2003 hat der Ecofin-Rat das<br />

Defizitverfahren gegen Deutschland (und ein parallel<br />

laufendes Defizitverfahren gegen Frankreich) ausgesetzt<br />

und Empfehlungen zur Korrektur des übermäßigen Defizits<br />

unter Berücksichtigung der von Deutschland übernommenen<br />

Verpflichtungen ausgesprochen. Konkret<br />

hatte sich Deutschland verpflichtet, die konjunkturbereinigte<br />

Defizitquote <strong>im</strong> Jahr 2004 um 0,6 Prozentpunkte<br />

zu reduzieren und das übermäßige Defizit spätestens <strong>im</strong><br />

Jahr 2005 abzubauen. Auf der Grundlage von Artikel<br />

230 EG-Vertrag hat die Kommission be<strong>im</strong> Europäischen<br />

Gerichtshof die Nichtigerklärung der Entscheidungen<br />

des Ecofin-Rates vom 25. November 2003 beantragt.<br />

Der Europäische Gerichtshof hat am 13. Juli 2004 den<br />

Antrag der Kommission zurückgewiesen, die Nichtannahme<br />

der Kommissionsempfehlung, Deutschland (und<br />

Frankreich) in Verzug zu setzen, für nichtig zu erklären.<br />

Dem Antrag, die vom Ecofin-Rat verabschiedeten<br />

Schlussfolgerungen für nichtig zu erklären, hat das Gericht<br />

hingegen stattgegeben (Ziffer 116).<br />

749. Im Jahr 2004 hat Deutschland entgegen den gegenüber<br />

dem Ecofin-Rat eingegangenen Verpflichtungen<br />

sein konjunkturbereinigtes Defizit nicht zurückgeführt.<br />

Nach Schätzung der Europäischen Kommission belief<br />

sich in diesem Jahr das konjunkturbereinigte Defizit auf<br />

3,4 vH in Relation zum nominalen Bruttoinlandsprodukt,<br />

nachdem es <strong>im</strong> Jahr 2003 noch 3,0 vH betragen<br />

hat. Die von der Bundesregierung am 25. November des<br />

Jahres 2003 zugesagte Rückführung der konjunkturbereinigten<br />

Defizitquote um 0,6 vH – und damit auch<br />

die von der Kommission verlangte Reduzierung um<br />

0,8 vH – wurde daher bei weitem nicht erreicht. In Frage<br />

steht auch, ob die für das Jahr 2005 versprochene Beseitigung<br />

des übermäßigen unbereinigten Defizits erreicht<br />

wird. Der Sachverständigenrat geht für das Jahr 2005<br />

auf der Grundlage der geltenden Beschlusslage von<br />

einem unbereinigten Defizit von 3,5 vH in Relation zum<br />

nominalen Bruttoinlandsprodukt aus. Mit der Nichtigkeitserklärung<br />

der Schlussfolgerungen des Ecofin-Rates<br />

durch den Europäischen Gerichtshof ist allerdings auch<br />

die von der Bundesregierung übernommene Verpflichtung<br />

zur Defizitreduzierung hinfällig. Sie dürfte<br />

aber <strong>im</strong> Zusammenhang mit dem aktuellen und dem für<br />

das kommende Jahr prognostizierten Defizit für den<br />

weiteren Fortgang des Defizitverfahrens von Bedeutung<br />

sein.<br />

750. Die Entscheidung des Ecofin-Rates vom<br />

25. November 2003, das Defizitverfahren auszusetzen,<br />

hat die Glaubwürdigkeit des Pakts schwer beschädigt. Es<br />

ist davon auszugehen, dass die deutsche Finanzpolitik<br />

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