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erfolge im ausland - Institute for Advanced Studies

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Finanzpolitik: Unverändert dringender Handlungsbedarf<br />

Dringender steuerpolitischer Handlungsbedarf besteht in<br />

erster Linie bei der Unternehmensbesteuerung. Internationale<br />

Steuerbelastungsvergleiche zeigen, dass die tarifliche<br />

Belastung deutscher Kapitalgesellschaften durch<br />

Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Solidaritätszuschlag<br />

höher ist als in jedem anderen europäischen Land.<br />

Bei einem Gewerbesteuerhebesatz von 428 vH liegt sie<br />

in diesem Jahr bei 39,4 vH. Rechnet man die Belastung<br />

eines dem Spitzensteuersatz unterliegenden Anteileigners<br />

bei Gewinnausschüttung hinzu, kommt man auf aktuell<br />

52,8 vH. Auch bei Betrachtung effektiver Steuerbelastungen<br />

von Kapitalgesellschaften n<strong>im</strong>mt Deutschland<br />

eine Spitzenposition ein: Die effektiven Durchschnittssteuerbelastungen<br />

sind europaweit am höchsten, die effektiven<br />

Grenzsteuerbelastungen sind nur in Frankreich<br />

noch höher (JG 2003 Ziffern 521 ff.). In den neuen Mitgliedstaaten<br />

der Europäischen Union liegen die effektiven<br />

Steuerbelastungen auf Kapitalgesellschaftsebene<br />

um durchschnittlich etwa 16 Prozentpunkte unter derjenigen<br />

Deutschlands.<br />

762. Den Berechnungen des Sachverständigenrates zu<br />

den effektiven Grenz- und Durchschnittssteuerbelastungen<br />

in den Jahresgutachten 2001 und 2003 liegt ein auf<br />

Devereux und Griffith zurückgehender Modellansatz zugrunde<br />

(JG 2001 Ziffer 527). Die Steuerbelastungen auf<br />

Unternehmensebene und der zusammengefassten Ebene<br />

von Unternehmen und Kapitalgebern werden dabei für<br />

die Finanzierungswege Fremdfinanzierung und Eigenfinanzierung<br />

(Beteiligungsfinanzierung und Selbstfinanzierung)<br />

sowie für fünf unterschiedliche Investitionsalternativen<br />

wie Maschinen oder <strong>im</strong>materielle<br />

Wirtschaftsgüter vorgenommen. Als zusammengefasste<br />

Kennziffern sind die über die Finanzierungswege und<br />

Investitionsalternativen gemittelten Steuerbelastungen<br />

ausgewiesen. Unterstellt sind also ein Fremdfinanzierungsanteil<br />

von 1/3 und ein Eigenfinanzierungsanteil<br />

von 2/3. Bei Beschränkung auf die Unternehmensebene<br />

muss nach dem Übergang zum Halbeinkünfteverfahren<br />

nicht zwischen Selbst- und Beteiligungsfinanzierung unterschieden<br />

werden, da die Steuerbelastungen identisch<br />

sind. Ähnliche Finanzierungsanteile sind in internationalen<br />

Steuerbelastungsvergleichen üblich. So legen die<br />

OECD und die Europäische Kommission bei ihren<br />

Berechnungen einen Fremdkapitalanteil von 35 vH und<br />

einen Eigenkapitalanteil von 65 vH zugrunde. Empirische<br />

Studien über die Finanzierung privatwirtschaftlicher<br />

Investitionen kommen zu dem Ergebnis, dass <strong>im</strong><br />

Durchschnitt über mehrere Länder der Fremdfinanzierungsanteil<br />

zwischen 10 vH und 30 vH und der Eigenfinanzierungsanteil<br />

dementsprechend zwischen 90 vH<br />

und 70 vH liegt. Bei neu gegründeten Unternehmen<br />

kommt dabei der Beteiligungsfinanzierung eine hohe<br />

Bedeutung zu, während ansonsten die Selbstfinanzierung<br />

dominiert. Vor diesem Hintergrund erscheint die<br />

vom Sachverständigenrat gewählte Gewichtung der<br />

Finanzierungs<strong>for</strong>men adäquat.<br />

Angesichts der empirisch hohen Bedeutung der Eigenfinanzierung<br />

kann man die Frage stellen, warum die<br />

Unternehmen nicht stärker auf Fremdfinanzierung zu-<br />

rückgreifen, obwohl diese Variante von allen drei Finanzierungs<strong>for</strong>men<br />

die geringsten Belastungen aufweist.<br />

Dafür gibt es unterschiedliche Gründe. Zum einen gibt<br />

es nationale Mindesteigenkapitalan<strong>for</strong>derungen, die gesellschaftsrechtlich<br />

veranlasst oder auf Zinsabzugsbeschränkungen<br />

zurückzuführen sind. Letzteres betrifft<br />

die „thin capitalisation rules“. In Deutschland begrenzt<br />

§ 8a KStG das gesellschafterbezogene Fremdkapital auf<br />

das 1,5fache des Eigenkapitals, das heißt, das Eigenkapital<br />

muss mindestens 40 vH betragen. Ferner ergibt<br />

sich infolge der Verknüpfung zwischen handelsrechtlicher<br />

und steuerlicher Gewinnermittlung ein (indirekter)<br />

Zwang zur Selbstfinanzierung, da Auschüttungssperren<br />

bei der steuerlichen Gewinnermittlung entstehen.<br />

Schließlich bestehen Finanzierungsrisiken und Kreditrationierungen,<br />

die eine übermäßige Fremdfinanzierung<br />

verhindern. All dies führt dazu, dass die Fremdfinanzierungsquote<br />

von Investitionen tatsächlich geringer ist,<br />

als die vergleichsweise geringe Steuerbelastung dieses<br />

Finanzierungswegs eigentlich vermuten ließe.<br />

Bei den für die Standortentscheidungen relevanten effektiven<br />

Durchschnittssteuersätzen würde sich <strong>im</strong> Übrigen<br />

auch bei ausschließlicher Betrachtung der Fremdfinanzierung<br />

nichts an der grundsätzlichen Aussage ändern:<br />

Zwar reduzieren sich dann in allen Ländern die effektiven<br />

durchschnittlichen Steuerbelastungen, Deutschland<br />

bleibt aber unter den vom Sachverständigenrat betrachteten<br />

Ländern (bei zusätzlicher Berücksichtung des Vereinigten<br />

Königreichs) mit der höchsten Steuerbelastung<br />

auf dem letzten Rang (Tabelle 109). Nur bei Betrachtung<br />

der für Standortentscheidungen nicht ausschlaggebenden<br />

effektiven Grenzbelastungen würde Deutschland<br />

vom letzten Platz auf den vierten vorrücken.<br />

Ta b e l l e 109<br />

Effektive Durchschnittssteuerbelastungen auf<br />

Unternehmensebene in ausgewählten<br />

europäischen Ländern für das Jahr 2003<br />

vH<br />

Rang<br />

Durchschnitt<br />

aller<br />

Finanzierungswege<br />

Fremdfinanzierung<br />

Rang<br />

Deutschland (2003) .. 37,2 7 29,2 7<br />

Deutschland (2004) .. 36,0 7 28,3 7<br />

Frankreich ................ 34,9 6 26,6 6<br />

Irland ........................ 13,0 1 10,1 1<br />

Italien ....................... 32,4 4/5 23,7 4<br />

Niederlande .............. 32,4 4/5 24,4 5<br />

Schweden ................. 23,3 2 17,2 2<br />

Vereinigtes<br />

Königreich ............ 29,1 3 22,1 3<br />

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