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erfolge im ausland - Institute for Advanced Studies

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Finanzpolitik: Unverändert dringender Handlungsbedarf<br />

seiner Gemeinden entspricht. Die Ausgleichsmesszahl<br />

entspricht jenen Steuereinnahmen, die das Land (einschließlich<br />

seiner Gemeinden) hätte, wenn seine Finanzkraft<br />

bezogen auf die Einwohnerzahl dem Bundesdurchschnitt<br />

entspräche. Ob das Land ausgleichsverpflichtet<br />

oder ausgleichsberechtigt ist, richtet sich sodann nach<br />

der Differenz von Finanzkraftmesszahl und Ausgleichsmesszahl.<br />

800. Gegen dieses Regelwerk lassen sich die folgenden<br />

Bedenken anführen. Erstens kann man nicht ausschließen,<br />

dass die Abhängigkeit der Ausgleichszahlungen<br />

von den Steuereinnahmen wegen der niedrigen Verbleibsbeträge<br />

negative Anreizwirkungen bei der Steuererhebung<br />

hat (JG 2001 Ziffer 368). Zweitens erschwert<br />

die Orientierung an den Steuereinnahmen die Einführung<br />

regional differenzierter Steuern, deren Aufkommen<br />

normiert werden müsste, und steht einem Steuerfindungsrecht<br />

der Länder entgegen, weil hierbei keine normierten<br />

Aufkommen ermittelt werden könnten. Drittens<br />

haftet den Steuereinnahmen als einem Indikator finanzieller<br />

Leistungsfähigkeit etwas Willkürliches an, weil<br />

die Grenze zwischen Steuern einerseits und Gebühren,<br />

Beiträgen oder privatwirtschaftlichen Erträgen andererseits<br />

fließend ist. Ein gutes Beispiel hierfür bildet die in<br />

Niedersachsen erhobene Förderabgabe, die von den ölund<br />

gasfördernden Unternehmen Niedersachsens erhoben<br />

wird. Ursprünglich wurde die Förderabgabe als<br />

nichtsteuerliche, gebührenähnliche Einnahme angesehen,<br />

die nicht finanzausgleichsrelevant war. Später stufte<br />

der Bundesgesetzgeber die Förderabgabe als Steuer ein,<br />

wodurch sie nunmehr bei der Best<strong>im</strong>mung der Finanzkraftmesszahl<br />

Niedersachsens berücksichtigt wird.<br />

Würde Niedersachsen, statt eine Förderabgabe zu erheben,<br />

die betreffenden Grundstücke in eigenem Besitz<br />

halten, sie privatwirtschaftlich an die Förderunternehmen<br />

verpachten und dafür einen Pachtzins erzielen, wäre<br />

eine geringere niedersächsische Finanzkraft das Ergebnis,<br />

ohne dass sich an der tatsächlichen Leistungsfähigkeit<br />

des Landes etwas geändert hätte.<br />

Zumindest den beiden ersten Einwänden könnte auch<br />

mit einer grundlegenden Änderung des finanzkraftbezogenen<br />

Finanzausgleichs Rechnung getragen werden. Die<br />

hohen Grenzbelastungen ließen sich durch den Übergang<br />

zu einem linearen Ausgleichstarif bei gleichzeitiger<br />

Senkung der Ausgleichsintensität reduzieren. Bei regionaler<br />

Differenzierung der Steuersätze müssten diese<br />

in normierter Form in den Finanzausgleich eingehen.<br />

801. Vorstellbar ist aber auch eine weiter gehende,<br />

konzeptionelle Neuorientierung des Finanzausgleichssystems,<br />

indem sich der Finanzausgleich nicht länger an<br />

der Steuerkraft je Einwohner orientiert, sondern am<br />

Bruttoinlandsprodukt je Einwohner. Dies wäre mit folgenden<br />

Vorteilen verbunden. Erstens wären negative<br />

Anreizeffekte bei der Steuererhebung nicht länger zu befürchten;<br />

vielmehr bestünde für jedes Land ein Anreiz,<br />

seine Steuerquellen bei gegebenem Inlandsprodukt auszuschöpfen,<br />

ohne dass die Ausgleichsverpflichtung steigen<br />

oder die Ausgleichsberechtigung sinken würde.<br />

Zweitens könnten Steuersätze und bei Steuern auf <strong>im</strong>mobile<br />

Besteuerungsgegenstände auch deren Steuerbemessungsgrundlagen<br />

regional differenziert und außerdem<br />

den Ländern ein Steuerfindungsrecht gegeben<br />

werden. Drittens spielt die Unterscheidung zwischen<br />

Steuereinnahmen und anderen Einnahmen keine Rolle<br />

mehr.<br />

802. Ein am Bruttoinlandsprodukt orientierter Finanzausgleich<br />

beruht auf der klassischen finanzwissenschaftlichen<br />

Einsicht, dass Abgaben auf Zielgrößen keine Effizienzeinbußen<br />

bewirken. Das Bruttoinlandsprodukt<br />

eines Landes kann als Zielgröße einer Landesregierung<br />

gelten, weil es positiv mit dem Wohlstand und der Beschäftigung<br />

in diesem Land korreliert ist. Demgegenüber<br />

sind die Steuereinnahmen des Landes nur bei einem<br />

einnahmemax<strong>im</strong>ierenden Leviathan die Zielgröße, nicht<br />

aber in einem demokratischen Staat. Weil die Zahlungen<br />

in den oder aus dem Finanzausgleich aus Sicht des Landes<br />

steuerähnliche Abgaben darstellen, ist ihre Bemessung<br />

nach dem Bruttoinlandsprodukt statt nach den<br />

Steuereinnahmen anreizkompatibel.<br />

Dazu müsste unter anderem Artikel 107 Absatz 2<br />

Grundgesetz dahin gehend neu gefasst werden, dass<br />

nicht die Finanzkraft, sondern die Wirtschaftskraft der<br />

Länder durch einen Finanzausgleich angemessen auszugleichen<br />

ist. Das Finanzausgleichsgesetz könnte drastisch<br />

vereinfacht werden. Der Umsatzsteuervorwegausgleich<br />

sollte in jedem Fall ersatzlos gestrichen werden.<br />

Die Best<strong>im</strong>mung von Ausgleichszuweisungen und Ausgleichsbeiträgen<br />

könnte so <strong>erfolge</strong>n, dass ein best<strong>im</strong>mter<br />

Prozentsatz des überdurchschnittlichen Bruttoinlandsprodukts<br />

eines Landes abgeschöpft wird. Mit demselben<br />

Prozentsatz wird ein unterdurchschnittliches Bruttoinlandsprodukt<br />

aufgefüllt.<br />

Die Ausgleichsintensität bemisst sich nach dem Prozentsatz,<br />

mit dem Teile des Bruttoinlandsprodukts abgeschöpft<br />

oder aufgefüllt werden. Geht man exemplarisch<br />

von 6 vH aus, bedeutet dies, bezogen auf die Finanzkraft<br />

nach bisherigem Muster, eine 60-prozentige Abschöpfung<br />

beziehungsweise Auffüllung, weil die Steuereinnahmen<br />

der Länder durchschnittlich rund 10 vH des regionalen<br />

Bruttoinlandsprodukts betragen.<br />

Der Übergang von einem finanzkraftbezogenen zu einem<br />

wirtschaftskraftbezogenen Finanzausgleichssystem<br />

würde ein einfacheres und anreizfreundlicheres Finanzausgleichssystem<br />

gewährleisten.<br />

Nationaler Stabilitätspakt zur Begrenzung<br />

von Verschuldungsanreizen<br />

803. Die deutsche Finanzpolitik ist nicht nachhaltig.<br />

Dies hat der Sachverständigenrat in seinem letzten Jahresgutachten<br />

aufgezeigt (JG 2003 Ziffern 438 ff.). Mehr<br />

noch: Seit dem Jahr 2002 verletzt Deutschland <strong>for</strong>tgesetzt<br />

den von ihm vorgeschlagenen und durchgesetzten<br />

Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt. Diese<br />

Verletzung des Stabilitäts- und Wachstumspakts wird in<br />

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