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erfolge im ausland - Institute for Advanced Studies

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Krankenversicherung und Pflegeversicherung: Pauschalprämien statt einkommensabhängiger Beiträge<br />

506. Gegen die Bildung eines kollektiven Kapitalstocks<br />

spricht allerdings eine Reihe begründeter Einwände.<br />

Aus ordnungspolitischer Sicht stellt sich das<br />

Problem, dass damit eine staatliche Instanz einen maßgeblichen<br />

Einfluss auf die Allokation am Kapitalmarkt<br />

erhielte. Zudem könnten durch einen hohen Vermögensbestand<br />

Begehrlichkeiten der Politik geweckt werden.<br />

Die Gefahr einer Zweckentfremdung des Kapitalstocks<br />

könnte selbst dann nicht völlig ausgeschlossen werden,<br />

wenn seine Verwaltung einer unabhängigen Institution,<br />

wie zum Beispiel der Deutschen Bundesbank, übertragen<br />

würde. Auch könnten Beitragsüberschüsse zur Bildung<br />

des Kapitalstocks und der Kapitalbestand selbst die<br />

Politik dazu verleiten, bei der Leistungsgewährung großzügiger<br />

zu sein. Zudem könnten in dem Ausmaß, wie<br />

Überschüsse in der Gesetzlichen Krankenversicherung<br />

erzielt werden, um den Kapitalstock zu bilden, Verschuldungsspielräume<br />

für andere Fiski eröffnet werden. Würden<br />

diese Verschuldungsspielräume ausgenutzt, wäre bezüglich<br />

der intergenerativen Gleichbehandlung wenig<br />

gewonnen. Denn mit Blick auf die nachfolgenden Generationen<br />

ist eine explizite Staatsschuld einer <strong>im</strong>pliziten<br />

Verschuldung in der Sozialversicherung sehr ähnlich.<br />

Eine <strong>im</strong>plizite Staatsschuld kann allerdings auch durch<br />

Maßnahmen <strong>im</strong> System beseitigt werden, eine explizite<br />

Staatsschuld aber nur durch Rückzahlung, Inflation oder<br />

Währungsre<strong>for</strong>m. Bezahlt werden müssen die Schulden<br />

<strong>im</strong>mer, sei es durch die Versicherten, die zum Beispiel<br />

Leistungskürzungen hinnehmen oder in Zukunft höhere<br />

Beiträge zahlen müssen, sei es durch die Steuerzahler,<br />

die durch höhere Steuern die explizite Staatsschuld bedienen<br />

müssen.<br />

Als konzeptionell wichtigeres Problem kommt hinzu: Es<br />

muss für die Berechnung des er<strong>for</strong>derlichen Beitrags beziehungsweise<br />

Beitragssatzes ein letztlich willkürlicher<br />

Endzeitpunkt festgelegt werden, bis zu dem der Kapitalstock<br />

aufgebraucht und bis zu dem der Beitragssatz beziehungsweise<br />

der Pauschalbeitrag stabilisiert werden<br />

soll. Nach diesem Endzeitpunkt würde der Beitrag beziehungsweise<br />

der Beitragssatz sprunghaft auf das Niveau<br />

ansteigen, das er ohne Kapitaldeckung erreicht<br />

hätte. Ein Abschmelzen des Kapitalstocks lässt sich<br />

dann rechtfertigen, wenn damit ein zeitlich befristetes<br />

demographisches Problem überbrückt werden soll. Verzichtet<br />

man auf einen Kapitalverzehr, bedeutet dies, dass<br />

die intertemporalen Entlastungswirkungen nur eine<br />

Folge der Zinserträge dieses Kapitalstocks sind, von deren<br />

Genuss zudem die erste ansparende Generation ausgeschlossen<br />

wäre. Generell führt die Ansparung eines<br />

kollektiven Kapitalstocks zu einer Ungleichbehandlung<br />

der Generationen: Die erste Generation leistet zwar Beiträge<br />

zur Kapitalbildung, kommt aber nicht oder nur<br />

kaum in den Genuss der damit einhergehenden Beitragsglättung<br />

in der Zukunft; die auf den Endzeitpunkt folgenden<br />

Generationen wären mit höheren<br />

– ungeglätteten – Beiträgen konfrontiert als die Vorgängergenerationen,<br />

die von der beitragsglättenden Wirkung<br />

der Kapitalstockauflösung profitiert haben.<br />

Zudem darf ein aus Gründen einer generativen Gleichbehandlung<br />

beziehungsweise Gleichbelastung gebildeter<br />

kollektiver Kapitalstock nicht so d<strong>im</strong>ensioniert sein,<br />

dass auch diejenigen Beitragssatzsteigerungen geglättet<br />

werden, die aus einer der Gesamtbevölkerung zugute<br />

kommenden qualitativ besseren Gesundheitsversorgung<br />

als Folge des medizinisch-technischen Fortschritts erwachsen.<br />

Denn mit dem Argument der Generationengerechtigkeit<br />

kann man nicht begründen, dass die heutige<br />

Generation über ein verstärktes Sparen die Kosten einer<br />

qualitativ besseren Versorgung zukünftiger Generationen<br />

und die damit verbundenen steigenden Beitragssätze<br />

heute vorfinanzieren soll. Mithin dürfte der kollektive<br />

Kapitalstock nur so d<strong>im</strong>ensioniert sein, dass die demographisch<br />

bedingten Belastungen und die Belastungen,<br />

die sich aus dem Zusammenspiel von Alterung und medizinisch-technischem<br />

Fortschritt ergeben, geglättet<br />

werden. Eine Berücksichtigung auch des in der Verbesserung<br />

der allgemeinen zukünftigen Versorgungsqualität<br />

begründeten Beitragssatzanstiegs bei der D<strong>im</strong>ensionierung<br />

der Kapitalbildung würde eine intergenerative Benachteiligung<br />

der Einführungsgeneration bedingen, da<br />

diese dann zu Konsumverzichten für eine verbesserte<br />

Versorgungsqualität der nachwachsenden Generationen<br />

gezwungen würde, die der kapitalbildenden Generation<br />

selbst nicht zur Verfügung stand. Die Bemessung eines<br />

kollektiven Kapitalstocks dürfte also nicht auf eine vollständige<br />

Stabilisierung des Beitrags beziehungsweise<br />

Beitragssatzes zielen, sondern muss einen Anstieg zulassen,<br />

der die verbesserte Versorgungsqualität widerspiegelt.<br />

Geht man so vor, könnte gleichzeitig auch das oben<br />

angesprochene Endzeitpunktproblem – zwar nicht konzeptionell,<br />

aber doch quantitativ – entschärft werden, da<br />

der sprunghafte Anstieg des Beitrags nur aus dem Demographieeffekt,<br />

nicht aber aus dem medizinisch-technischen<br />

Fortschritt resultieren und deshalb geringer ausfallen<br />

würde. Ein allerdings nur potentieller Vorteil der<br />

kollektiven Kapitalbildung könnte darin gesehen werden,<br />

dass kein individueller Anspruch eines Versicherten<br />

auf den Kapitalstock besteht, das Problem der Portabilität<br />

mithin nicht besteht.<br />

507. Da Alterungsrückstellungen letztlich nichts anderes<br />

als eine spezifische Form des Altersvorsorgesparens<br />

darstellen, besteht eine dritte Möglichkeit darin, die<br />

Kapitalbildung in Form von Altersvorsorgeersparnissen<br />

außerhalb des Krankenversicherungssystems durchzuführen,<br />

um so den Versicherten ein höheres Einkommen<br />

<strong>im</strong> Alter zu gewährleisten. Mit dem höheren Einkommen<br />

als Folge des Altersvorsorgesparens können die gestiegenen<br />

Krankenversicherungsbeiträge leichter aufgebracht<br />

werden, es kommt zu einer intertemporalen<br />

Belastungsglättung über den Lebenszyklus. Eine solche<br />

externe Kapitaldeckung macht daher nur auf der individuellen<br />

Ebene Sinn. Der Einzelne spart einen Kapitalstock<br />

an, um seine Beitragsbelastung, die durch das Umlagesystem<br />

entsteht, über seine Lebensdauer zu glätten.<br />

Die Kapitalbildung auf individueller Ebene führt zum<br />

Beispiel in Kombination mit einem umlagefinanzierten<br />

Pauschalprämiensystem mit sozialem Ausgleich dazu,<br />

dass das Volumen des sozialen Ausgleichs zukünftig<br />

geringer ist als ohne Kapitalbildung, da auch die Niedrigeinkommensbezieher<br />

in Zukunft über ein höheres<br />

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