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erfolge im ausland - Institute for Advanced Studies

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Finanzpolitik: Unverändert dringender Handlungsbedarf<br />

<strong>im</strong> Jahr 2005 entscheidend wird für die Bindungswirkung<br />

dieses Pakts. Aus diesem Grund bekommt die Einhaltung<br />

des Defizitkriteriums <strong>im</strong> nächsten Jahr eine zusätzliche<br />

europäische D<strong>im</strong>ension. Es wäre eine bittere<br />

Ironie der Geschichte, wenn das Land, das den Pakt zum<br />

Leben gerufen hat, diesen durch sein Verhalten begraben<br />

würde.<br />

751. Gegenwärtig ist unklar, wie das Defizitverfahren<br />

gegen Deutschland nach dem Urteil des Europäischen<br />

Gerichtshofes weiter geführt wird. Es bestehen drei<br />

Handlungsoptionen, von denen die beiden ersten zu verwerfen<br />

sind.<br />

– Die Kommission könnte eine neue Empfehlung nach<br />

Artikel 104 Absatz 7 EG-Vertrag an den Rat richten,<br />

die diejenige vom Januar 2003 ersetzt. Presseberichte<br />

deuten in diese Richtung. Der Stand des Defizitverfahrens<br />

würde damit unabhängig vom Inhalt der<br />

Empfehlungen auf den Stand von Anfang des<br />

Jahres 2003 zurückgeworfen. Dies wäre nicht nur mit<br />

einer Schwächung der Position der Kommission verbunden,<br />

es würde auch der Intention des Pakts fundamental<br />

entgegenstehen, der bei Nichtbeachtung der<br />

Auflagen Sanktionen vorsieht.<br />

– Des Weiteren ist denkbar, dass die Kommission zunächst<br />

gar nicht handelt und den Standpunkt einn<strong>im</strong>mt,<br />

dass ihre Empfehlungen nach Artikel 104<br />

Absätze 8 und 9 EG-Vertrag vom Herbst letzten Jahres<br />

weiterhin gelten. Da der Ecofin-Rat diese Empfehlungen<br />

bereits abgelehnt hat, würde dies das faktische<br />

Ruhen des Defizitverfahrens bedeuten. Diese<br />

Lösung böte die Möglichkeit, dass man die finanzpolitische<br />

Entwicklung in Deutschland und den anderen<br />

Mitgliedstaaten abwarten könnte, gegen die derzeit<br />

ein Defizitverfahren läuft. Es wäre Zeit<br />

gewonnen, um Einigkeit über die Zukunft des Europäischen<br />

Stabilitäts- und Wachstumspakts unter den<br />

Mitgliedstaaten herzustellen.<br />

– Drittens kann die Kommission nach Artikel 104<br />

Absätze 8 und 9 EG-Vertrag neue Empfehlungen an<br />

den Ecofin-Rat richten. Darin wäre festzustellen,<br />

dass Deutschland den noch geltenden Empfehlungen<br />

nach Artikel 104 Absatz 7 EG-Vertrag vom<br />

21. Januar 2003 nicht nachgekommen ist. Gleichzeitig<br />

wäre Deutschland mit best<strong>im</strong>mten Auflagen in<br />

Verzug zu setzen. Würde der Ecofin-Rat diese Empfehlung<br />

akzeptieren – aus Gründen der Glaubwürdigkeit<br />

des Pakts wäre dies er<strong>for</strong>derlich –, wäre die<br />

nächste Stufe <strong>im</strong> Defizitverfahren eingeleitet, und<br />

würden dann die Vorgaben zur Defizitreduzierung<br />

nicht befolgt, könnten in den beiden folgenden Stufen<br />

Sanktionsmaßnahmen nach Artikel 104 Absatz 11<br />

EG-Vertrag verhängt werden. Diese würden zunächst<br />

in der Hinterlegung einer unverzinslichen Einlage bestehen,<br />

die gegebenenfalls in eine Geldbuße umgewandelt<br />

werden kann. Insgesamt gilt dabei eine<br />

Obergrenze von 0,5 vH in Relation zum nominalen<br />

Bruttoinlandsprodukt (JG 2003 Ziffer 414), also einem<br />

Betrag von etwas über 10 Mrd Euro.<br />

Der Sachverständigenrat hält die dritte Möglichkeit für<br />

das adäquate Vorgehen, denn der Europäische Stabilitäts-<br />

und Wachstumspakt muss eingehalten und seine<br />

Glaubwürdigkeit gesichert und wiederhergestellt werden.<br />

Dies bedeutet, dass die Priorität der deutschen<br />

Finanzpolitik darauf liegen sollte, die Defizitgrenze des<br />

Vertrages von Maastricht <strong>im</strong> kommenden Jahr wieder<br />

einzuhalten. Sollte dies nicht gelingen, dann hätte<br />

Deutschland das Sanktionsverfahren gegen sich zu akzeptieren.<br />

Der ökonomische Preis der Sanktion wäre gering:<br />

Im ersten Jahr der Verhängung von Sanktionen ist<br />

eine für die Defizitberechnung nicht relevante unverzinsliche<br />

Einlage zu hinterlegen, die sich aus einer fixen<br />

Komponente in Höhe von 0,2 vH in Relation zum nominalen<br />

Bruttoinlandsprodukt ergibt sowie einer variablen<br />

Komponente, die 10 vH der Summe beträgt, um die das<br />

Defizit die 3-vH-Grenze übersteigt. Je nach Fortgang<br />

des Defizitverfahrens gegen Deutschland könnte sich<br />

diese Einlage auf etwa 5,7 Mrd Euro belaufen. Die ökonomischen<br />

Kosten bestünden allerdings nur in einem<br />

Zinsverlust. Allerdings: Die politischen Kosten eines<br />

eingeleiteten Sanktionsverfahrens werden die ökonomischen<br />

weit übersteigen. Wenn man diese politischen<br />

Kosten vermeiden will, führt an der Erwirtschaftung<br />

weiterer Einsparungen kein Weg vorbei. Andernfalls<br />

wäre ein weiteres Dahinsiechen des Stabilitäts- und<br />

Wachstumspakts die fatale Konsequenz. Deshalb muss<br />

die Priorität darin bestehen, die 3-vH-Grenze einzuhalten.<br />

Soll der Stabilitäts- und Wachstumspakt geändert<br />

werden?<br />

752. Die Entscheidungen des Ecofin-Rates <strong>im</strong> November<br />

letzten Jahres und das Urteil des Europäischen Gerichtshofes<br />

vom Mai dieses Jahres haben zu einer offenkundigen<br />

Krise des Stabilitäts- und Wachstumspakts<br />

geführt. Von der Kommission, aber auch von Politik und<br />

Wissenschaft wurden unterschiedliche Vorschläge für<br />

eine Neufokussierung des Pakts unterbreitet.<br />

Der Sachverständigenrat hat sich in seinem Jahresgutachten<br />

2003 ausführlich mit den Gründen beschäftigt,<br />

die für einen die öffentlichen Defizite begrenzenden<br />

Pakt auf europäischer Ebene sprechen. Das Fazit war,<br />

dass der Stabilitäts- und Wachstumspakt besser als sein<br />

Ruf ist und unbeschadet einer punktuellen Weiterentwicklung<br />

beibehalten werden sollte.<br />

753. In einer Mitteilung an den Rat und das Europäische<br />

Parlament hat die Kommission <strong>im</strong> September 2004<br />

eine Reihe von Vorschlägen zur Modifikation des Stabilitätspakts<br />

vorgelegt. Vorgeschlagen wurden die folgenden<br />

vier Punkte:<br />

– stärkere Beachtung von Schuldenstand und langfristiger<br />

Tragfähigkeit bei der Überwachung der Haushaltsposition;<br />

– stärkere Berücksichtigung länderspezifischer Gegebenheiten<br />

bei der Definition des mittelfristigen Ziels<br />

eines „nahezu ausgeglichenen Haushalts oder eines<br />

Haushaltsüberschusses“;<br />

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