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erfolge im ausland - Institute for Advanced Studies

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Finanzpolitik: Unverändert dringender Handlungsbedarf<br />

809. Den Verschuldungsanreizen und dem Verschuldungsverhalten<br />

lässt sich wirksam nur durch einen glaubwürdigen<br />

nationalen Stabilitätspakt entgegenwirken. Dieser<br />

ist insbesondere er<strong>for</strong>derlich, um die Einhaltung der<br />

Defizitobergrenze des Maastricht-Vertrages auf nationaler<br />

Ebene zu gewährleisten. Anders als der mit Beschluss<br />

des Finanzplanungsrates vom März 2002 eingerichtete<br />

Pakt sind dabei automatische Sanktionen vorzusehen.<br />

Diskretionäre Entscheidungen über Sanktionen, das zeigen<br />

die bisherigen Erfahrungen mit dem Europäischen<br />

Stabilitäts- und Wachstumspakt sind wenig wirksam. Der<br />

Sinn von Sanktionen besteht aber nicht darin, hoch verschuldete<br />

Gebietskörperschaften zusätzlich zu bestrafen,<br />

sondern vielmehr darin, die finanzpolitischen Anreize<br />

grundlegend zu verändern. Zumindest bei den Finanzministern<br />

von Bund und Ländern besteht nämlich abstrakt<br />

Einsicht in die Notwendigkeit einer Konsolidierungspolitik.<br />

Sanktionen sind ein sinnvolles Instrument, diese Einsichten<br />

in konkretes finanzpolitisches Handeln umzusetzen.<br />

Ein Finanzminister, der auf die Gefahr von<br />

Strafzahlungen hinweist, könnte bei Bürgern und Wählern,<br />

aber auch <strong>im</strong> Kabinett, erheblich größere Chancen<br />

haben, sich durchzusetzen.<br />

810. Ein sanktionsbewehrter nationaler Stabilitätspakt<br />

könnte etwa festlegen, dass weder einem Bundesland<br />

(einschließlich seiner Gemeinden) noch dem Bund (unter<br />

Einschluss der Sozialversicherung) eine Defizitquote<br />

von mehr als 1,5 vH in Relation zu seinem nominalen<br />

Bruttoinlandsprodukt zugestanden wird. Weil jedes geographische<br />

Teilgebiet Deutschlands fiskalisch doppelt<br />

belegt ist, nämlich durch den Bund und ein Land, begrenzt<br />

die Regelung das gesamtstaatliche Defizit auf<br />

3 vH, wie vom Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt<br />

ge<strong>for</strong>dert. Die Regelung lässt ausreichend Raum für<br />

das Wirken der automatischen Stabilisatoren, weil sie<br />

keinen materiellen Budgetausgleich er<strong>for</strong>dert. Bei Überschreiten<br />

dieser Defizitgrenze hat die betreffende Gebietskörperschaft<br />

einen best<strong>im</strong>mten Prozentsatz, etwa<br />

10 vH, des diese Grenze übersteigenden Betrages an diejenigen<br />

Gebietskörperschaften zu zahlen, die den nationalen<br />

Stabilitätspakt eingehalten haben. So bleiben die<br />

Sanktionen bei allseitiger Überschreitung der Verschuldungsgrenze,<br />

etwa aufgrund nationaler Katastrophen<br />

oder eines erheblichen konjunkturellen Einbruchs, wirkungslos.<br />

Eine einzelne Gebietskörperschaft aber, die es<br />

an finanzpolitischer Disziplin mangeln lässt, die andernorts<br />

geübt wird, ist nach diesem Vorschlag von Strafzahlungen<br />

betroffen. Erneut sei aber betont, dass nicht diese<br />

Strafzahlungen, sondern die daraus erwachsenden Anreizeffekte<br />

den Vorschlag tragen. Das aus den Strafzahlungen<br />

resultierende Aufkommen könnte etwa in einen<br />

Fonds eingezahlt werden, um daraus eventuell fällige<br />

Sanktionszahlungen aufgrund eines Verfahrens bei einem<br />

übermäßigen Defizit nach Artikel 104 EG-Vertrag<br />

zu begleichen. Durch einen derartigen nationalen Stabilitätspakt<br />

könnte Deutschland die Nachhaltigkeit seiner<br />

Finanzpolitik wesentlich stärken.<br />

Re<strong>for</strong>m der Finanzverfassung mit Kompensation<br />

der Verlierer<br />

811. Jede Verschiebung einer Aufgabenzuständigkeit<br />

zwischen Bund und Ländern, jede Änderung bei der<br />

Steuerzuweisung und jede Änderung des Regelwerks<br />

des Finanzausgleichs hat fiskalische Folgewirkungen.<br />

Schon „kleine“ Re<strong>for</strong>men scheitern häufig genug daran,<br />

dass die in finanzieller Hinsicht schlechter gestellten Gebietskörperschaften<br />

Re<strong>for</strong>mbemühungen blockieren.<br />

Dies muss aber nicht sein. In statischer Betrachtung handelt<br />

es sich zunächst um ein Nullsummenspiel, so dass<br />

die Gewinner die Verlierer kompensieren könnten. Bei<br />

Berücksichtigung dynamischer Aspekte sollten sich bei<br />

gesamtwirtschaftlich vernünftigen Lösungen aber zusätzlich<br />

Effizienzgewinne und damit eine Wachstumsdividende<br />

einstellen.<br />

Bei einer umfassenden Re<strong>for</strong>m ist es eigentlich nicht<br />

wirklich schwierig, die anfänglichen Verlierer zu kompensieren,<br />

so dass eine Einigung möglich wird. Dabei<br />

empfiehlt sich ein summarisches Vorgehen über alle Einzelmaßnahmen<br />

hinweg. So könnte zum Beispiel ein<br />

Land bei Umsetzung der hier präsentierten Vorschläge<br />

bei Abschaffung aller Gemeinschaftsaufgaben verlieren;<br />

durch die Neuordnung des Finanzausgleichs verliert es<br />

weiter oder gewinnt ein wenig hinzu; Änderungen der<br />

Ertragshoheit bei den Steuern bringen zusätzliche Einbußen<br />

oder Gewinne. Summiert man diese auf, ergibt sich<br />

für jede Gebietskörperschaft ein Nettogewinn oder Nettoverlust.<br />

Addiert über alle Länder und den Bund, ist die<br />

Summe der Nettogewinne und -verluste gleich null. Somit<br />

können 16 Kompensationszahlungsströme zwischen<br />

Bund und Ländern derart fixiert werden, dass alle Länder<br />

und ebenso der Bund selbst unmittelbar nach der Re<strong>for</strong>m<br />

so gut gestellt sind wie vorher. Implizit liegt diesem<br />

Vorgehen die Annahme zugrunde, dass die in der<br />

Ausgangssituation geltende Verteilung zwischen Bund<br />

und Ländern akzeptiert wird.<br />

812. Zu fragen ist dann, ob diese Kompensationszahlungen<br />

befristet oder unbefristet oder dynamisiert gewährt<br />

werden. Am plausibelsten sind unbefristete und<br />

nicht dynamisierte Kompensationen und zwar aus folgenden<br />

Gründen: Eine Befristung etwa auf fünf oder<br />

zehn Jahre wäre für die Empfänger von Kompensationszahlungen<br />

kaum akzeptabel, weil sie nicht sicher sein<br />

könnten, dass die zu erwartenden Effizienzgewinne die<br />

fiskalischen Einbußen nach Ablauf dieser Frist wettmachen.<br />

Umgekehrt wäre eine Dynamisierung der Kompensationen<br />

für die Zahler nicht annehmbar. Unbefristete<br />

und nicht dynamisierte Kompensationen balancieren<br />

diese gegenläufigen Interessen aus. Bei unbefristeter<br />

Festschreibung der Nominalbeträge wird das reale Volumen<br />

der Kompensationen in sehr langfristiger Betrachtung<br />

allmählich bedeutungslos.<br />

Durch einen solchen Kompensationsmechanismus könnten<br />

Effizienzfragen und Verteilungsfragen konzeptionell<br />

voneinander getrennt werden. Über Änderungen der<br />

Finanzverfassung könnte dann ohne den Taschenrechner<br />

<strong>im</strong> Hinterkopf oder mit Laptops ausgerüstete Spezialisten<br />

beraten werden. Hierbei riskiert niemand etwas, weil<br />

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