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erfolge im ausland - Institute for Advanced Studies

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Finanzpolitik: Unverändert dringender Handlungsbedarf<br />

Mit seinem Urteil vom 3. März 2004 hat der Europäische<br />

Gerichtshof erklärt, dass die französische Variante<br />

der so genannten Wegzugsbesteuerung der <strong>im</strong> EG-Vertrag<br />

garantierten Niederlassungsfreiheit widerspreche.<br />

Im Einzelnen sieht die in Frankreich bislang angewandte<br />

Wegzugsteuer vor, dass ein Steuerpflichtiger, der<br />

Anteile von mindestens 25 vH an einer in Frankreich ansässigen<br />

Gesellschaft hielt und seinen steuerlichen<br />

Wohnsitz während der letzten zehn Jahre mindestens<br />

sechs Jahre in Frankreich hatte, bei einer Verlegung seines<br />

Wohnsitzes ins Ausland die stillen Reserven – die<br />

Differenz zwischen dem Anschaffungspreis und dem aktuellen<br />

Wert – dieser Beteiligung zu versteuern hatte.<br />

Der Gerichtshof stellte in seinem Urteil fest, dass sich<br />

nicht allein aufgrund des Wegzugs eines Steuerpflichtigen<br />

in das Ausland das Recht zu einem steuerlichem<br />

Zugriff auf die bislang nicht realisierten Wertzuwächse<br />

ergäbe.<br />

In Deutschland existiert eine vergleichbare Regelung.<br />

Im Rahmen der Wegszugsbesteuerung nach § 6 AStG<br />

werden be<strong>im</strong> Umzug einer natürlichen Person, die seit<br />

mindestens zehn Jahren unbeschränkt einkommensteuerpflichtig<br />

war, die stillen Reserven in Anteilen an einer<br />

inländischen Kapitalgesellschaft bei Vorliegen einer<br />

wesentlichen Beteiligung <strong>im</strong> Sinne des § 17 EStG aufgedeckt<br />

und besteuert. Die Europäische Kommission hat<br />

die Bundesregierung bereits zur Aufhebung dieser Best<strong>im</strong>mung<br />

aufge<strong>for</strong>dert, da sie nicht mit den Grundfreiheiten<br />

des EG-Vertrages vereinbar sei. Ein Vertragsverletzungsverfahren<br />

vor dem Europäischen Gerichtshof<br />

dürfte die derzeitige Fassung der Vorschrift nicht überstehen.<br />

Würde der in der Rechtssache Lasteyrie du Saillant entschiedene<br />

Sachverhalt allerdings auch auf die Schlussbesteuerung<br />

der §§ 11, 12 KStG übertragen werden,<br />

würde dies den internationalen Steuerwettbewerb dramatisch<br />

verschärfen.<br />

Nach § 12 Absatz 1 KStG sind bei Verlegung des Sitzes<br />

und der Geschäftsleitung einer inländischen Kapitalgesellschaft<br />

in das Ausland grundsätzlich die <strong>im</strong> Zeitpunkt<br />

der Sitzverlegung in den Wirtschaftsgütern der<br />

Kapitalgesellschaft enthaltenen stillen Reserven aufzulösen.<br />

Die Differenz zwischen dem Marktpreis der Wirtschaftsgüter<br />

und ihrem Buchwert ist als Liquidationsgewinn<br />

der Schlussbesteuerung zu unterwerfen. Dabei<br />

kommen der Körperschaftsteuersatz von 25 vH zuzüglich<br />

Solidaritätszuschlag und die Gewerbesteuer zur<br />

Anwendung. Gegenwärtig stellt diese Best<strong>im</strong>mung einen<br />

bedeutsamen Hinderungsgrund für grenzüberschreitende<br />

Sitzverlegungen dar.<br />

Zwar müsste dem Wegzugsstaat <strong>im</strong> Falle einer Aufhebung<br />

der Endbesteuerung nach § 12 Absatz 1 KStG<br />

wohl das Recht eingeräumt werden, die in seinem Hoheitsgebiet<br />

entstandenen stillen Reserven bei einer späteren<br />

Realisierung zu besteuern, wobei der steuerliche<br />

Zugriff dann in dem Land <strong>erfolge</strong>n müsste, in das die<br />

Kapitalgesellschaft Sitz und Geschäftsleitung verlegt<br />

hat. Das zurzeit noch bestehende Hindernis für Unternehmensverlagerungen<br />

wäre aber aufgehoben – und der<br />

Zug ins niedrig besteuernde Ausland könnte ungehemmt<br />

Fahrt aufnehmen.<br />

766. Die in der Öffentlichkeit ausgetragene Steuerre<strong>for</strong>mdebatte<br />

war von drei Themen dominiert: dem Tarifverlauf,<br />

der Vereinfachung des Steuerrechts und der<br />

Höhe der Nettoentlastung. Im Hinblick auf den Tarifverlauf<br />

lässt sich lediglich sagen, dass eine „flat tax“, also<br />

ein oberhalb eines Grundfreibetrags konstanter Grenzsteuersatz<br />

und damit ein einstufiger Tarif, sowohl unter<br />

Effizienzaspekten als auch unter Einfachheitsaspekten<br />

große Vorteile für sich verbucht. Dem steht gegenüber,<br />

dass sich Umverteilungsziele nur noch beschränkt v<strong>erfolge</strong>n<br />

lassen und die Umverteilungsintensität gegenüber<br />

dem geltenden Tarif wesentlich reduziert wird. Mit zunehmender<br />

Anzahl der Stufen verflüchtigen sich die Unterschiede<br />

zwischen einem linear-progressiven Tarif und<br />

einem Stufentarif. Wissenschaftlich begründete Aussagen<br />

über die Vorteilhaftigkeit des einen oder des anderen<br />

Tarifverlaufs sind dann nicht mehr möglich.<br />

Die Forderung nach einer Vereinfachung des Steuerrechts<br />

verdient Unterstützung. Ein einfaches Steuersystem<br />

zeigt sich aber nicht darin, dass die Steuerschuld auf<br />

einem Bierdeckel berechnet werden kann. Die Kompliziertheit<br />

des Steuerrechts besteht vielmehr auf vorgelagerter<br />

Stufe bei der Ermittlung der Steuerbemessungsgrundlage.<br />

Ein einfaches Steuerrecht liegt dann vor,<br />

wenn die Kosten der Steuererhebung bei den Steuerpflichtigen<br />

und bei den Finanzämtern möglichst gering<br />

sind. Dies ist gegenwärtig nicht der Fall. Eine Studie des<br />

Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschafts<strong>for</strong>schung,<br />

Essen, schätzt die Steuererhebungskosten <strong>im</strong><br />

Bereich der Einkommens- und Unternehmensbesteuerung<br />

auf jährlich 20 Mrd Euro. Ein <strong>im</strong> Unternehmensbereich<br />

entscheidungsneutrales Steuersystem erfüllt die<br />

Forderung nach Steuervereinfachung automatisch: Die<br />

Besteuerung verkürzt zwar den Investitionserfolg, ansonsten<br />

werden aber genau die Entscheidungen getroffen,<br />

die auch ohne Besteuerung getroffen worden wären.<br />

Die Rangfolge von Investitionsprojekten, die vor Besteuerung<br />

opt<strong>im</strong>al ist, bleibt auch nach Besteuerung unverändert;<br />

bei Berücksichtigung von Steuern ist kein erneutes<br />

Investitionskalkül er<strong>for</strong>derlich.<br />

767. Nach Ansicht des Sachverständigenrates muss die<br />

Unternehmensbesteuerung <strong>im</strong> Mittelpunkt jeder Steuerre<strong>for</strong>m<br />

stehen; dies muss eine Re<strong>for</strong>m der Gewerbesteuer<br />

einschließen, etwa wie sie in einem früheren Gutachten<br />

dargelegt wurde (JG 2001 Ziffern 374 ff.).<br />

Akzeptiert man diese Sichtweise, ist festzustellen, dass<br />

die Steuerre<strong>for</strong>mdiskussion des letzten Jahres am Wesentlichen<br />

vorbeigegangen ist. Das mag zum Teil auch<br />

daran liegen, dass sich die durchweg komplizierten Fragen<br />

der Unternehmensbesteuerung kaum für eine öffentliche<br />

Diskussion eignen. Allerdings äußern sich auch die<br />

meisten Steuerre<strong>for</strong>mkonzepte entweder gar nicht oder<br />

nebulös zu Fragen der Unternehmensbesteuerung.<br />

Im gemeinsamen steuerpolitischen Programm von CDU<br />

und CSU beschäftigt sich der neunte Leitsatz mit der Besteuerung<br />

von Unternehmen. Die Ausführungen kom-<br />

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