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JGW-SchülerAkademie Papenburg 2011 - Jugendbildung in ...

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5 Gedenken oder Vergessen?<br />

Auch fast 500 Jahre später, <strong>in</strong> der stal<strong>in</strong>istischen Sowjetunion der Neuzeit, wurde<br />

— beispielsweise durch das Retuschieren von Bildern — gezielt das Bild Stal<strong>in</strong>s zu<br />

se<strong>in</strong>en Gunsten verfälscht, um so se<strong>in</strong>e Herrschaft zu sichern. Der Machthaber ließ<br />

ihm unangenehme Personen aus Bildern entfernen, um sie auch aus den Köpfen der<br />

sowjetischen Bevölkerung verschw<strong>in</strong>den zu lassen (K<strong>in</strong>g 1997: 68).<br />

Anzeichen, dass Formen von damnatio memoriae auch <strong>in</strong> der Gegenwart angewandt<br />

werden, zeigt das Beispiel Mubarak. In Ägypten wurde nach dem Sturz des Präsidenten<br />

se<strong>in</strong> Name aus Büchern und Straßennamen entfernt, um die Er<strong>in</strong>nerung an Mubarak<br />

auszulöschen (Bond <strong>2011</strong>). Resümierend lässt sich sagen, dass die damnatio memoriae der<br />

Antike, wenn auch <strong>in</strong> veränderter Form, die Epochen überdauert und die Geschichte<br />

geprägt hat und vermutlich auch weiterh<strong>in</strong> prägen wird.<br />

5.11 Präsentation von Geschichte <strong>in</strong> Museen<br />

Museen und Ausstellungen s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e Institution mit großer Macht und großem E<strong>in</strong>fluss!<br />

Sie können nicht nur das Interesse der Bevölkerung an e<strong>in</strong>em Thema wecken – wie<br />

etwa die Stauferausstellung <strong>in</strong> Stuttgart 1977 verdeutlicht – , sondern auch e<strong>in</strong> kritisches<br />

Schlaglicht auf Ereignisse werfen und dadurch helfen, diese aufzuarbeiten, wie etwa <strong>in</strong><br />

der sogenannte Wehrmachtsausstellung 1995 (Assmann 2004: 137–138, 141).<br />

Diese Macht beruht auf dem Vertrauen, das die Bevölkerung ihrem »Museumstempel«<br />

entgegenbr<strong>in</strong>gt und dessen Wahrheiten sie meist nicht anzweifelt (He<strong>in</strong>emann <strong>2011</strong>:<br />

214). Die Glaubwürdigkeit von Museen entsteht nicht nur durch das Vertrauen der<br />

Besucher auf Expertenwissen und die »Aura« von Museumsgebäuden und Exponaten,<br />

sondern sie wird auch aktiv erzeugt, nämlich durch die Inszenierung der Geschichte<br />

auf visueller, auditiver, <strong>in</strong>teraktiver und emotionaler Ebene (He<strong>in</strong>emann <strong>2011</strong>: 214–215).<br />

Auch die Auswahl der Exponate und wie diese angeordnet werden sollen, die sogenannte<br />

»Re-Kontextualisierung«, spielt e<strong>in</strong>e wichtige Rolle (Assmann 2007: 152).<br />

Man vergisst leicht, dass das Museum neben der »exponierenden« auch e<strong>in</strong>e »<strong>in</strong>terpretierende<br />

Beziehung zur Vergangenheit« hat und deshalb nie alle Perspektiven wertfrei<br />

präsentiert werden können. Es wird also durch bewusste Inszenierung e<strong>in</strong>e Geschichte<br />

konstruiert, die nie völlig allgeme<strong>in</strong>gültige Wahrheit se<strong>in</strong> kann (He<strong>in</strong>emann <strong>2011</strong>: 213–<br />

216, 236).<br />

E<strong>in</strong> Beispiel für verschiedene Auslegungen von Geschichte bietet e<strong>in</strong> Vergleich von<br />

Museen <strong>in</strong> Großbritannien, Frankreich und Deutschland. Während <strong>in</strong> Deutschland der<br />

zweite Weltkrieg vor allem aus der Perspektive der Opfer präsentiert wird, zeigt man <strong>in</strong><br />

Großbritannien die Perspektive der »Befreier«. Die Geschichte der Opfer, vom Holocaust<br />

abgesehen, wird fast völlig verschwiegen (Thiemeyer 2010: 463, 473 f.).<br />

E<strong>in</strong> wichtiges Mittel der Inszenierung ist die Emotionalisierung, die durch die Nutzung<br />

kultureller Codes oder Wertungen den Besucher mittels der Gefühlsebene völlig für<br />

e<strong>in</strong>e Sichtweise e<strong>in</strong>nehmen kann (He<strong>in</strong>emann <strong>2011</strong>: 215 f., 234 ff.). Als Beispiel hierfür<br />

kann das Museum im Pawiak <strong>in</strong> Warschau gelten, das stark emotional e<strong>in</strong>e »nationalmartyrologische«<br />

(He<strong>in</strong>emann <strong>2011</strong>: 236) Deutung der Besatzung Polens während des<br />

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