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JGW-SchülerAkademie Papenburg 2011 - Jugendbildung in ...

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6.5 Platons Phaidon und die Unsterblichkeit der Seele<br />

Hätte sie ihr Schicksal denn überhaupt verh<strong>in</strong>dern können? Wie hätte sie zur Erkenntnis<br />

gelangen sollen? Auffällig ist, dass Antigone ihre Tat nie reflektiert. Im Stück f<strong>in</strong>det<br />

sich ke<strong>in</strong> Monolog, <strong>in</strong> welchem sie die Problematik ihres Vorhabens thematisiert. Auch<br />

der Dialog mit ihrer Schwester kann nicht als wirkliches Gespräch bezeichnet werden,<br />

denn sie unterrichtet Ismene lediglich von ihrem Plan. E<strong>in</strong> Gespräch mit Kreon kommt<br />

ebenfalls nie zustande. Redete Antigone mit Kreon, würde sie erfahren, dass ihr Bruder<br />

längst begraben ist.<br />

Wie ist der Sturz Kreons <strong>in</strong> diesem Zusammenhang zu deuten? Bezüglich des Scheiterns<br />

<strong>in</strong> der Tragödie lässt sich e<strong>in</strong>e Parallele zu Antigone feststellen. Denn auch Kreon<br />

verpasst es, e<strong>in</strong> aufschlussreiches Gespräch aufzusuchen und handelt nur im S<strong>in</strong>ne des<br />

Vaterlandes. Weder dem Volk, dessen Willen er als Herrscher berücksichtigen sollte,<br />

noch se<strong>in</strong>em eigenen Sohn, der sich um ihn sorgt, noch dem Teresias, der als hohe<br />

moralische Instanz gilt, schenkt er Gehör. Se<strong>in</strong>e Sturheit wird ihm zum Verhängnis.<br />

Der Machtdemonstration wegen stellt Kreon se<strong>in</strong> Gesetz über die Gesetzte der Götter.<br />

Dadurch legt er gegenüber den Göttern Hybris und Anmaßung an den Tag.<br />

Gibt es überhaupt e<strong>in</strong>en Unterschied zwischen den Protagonisten Kreon und Antigone? Aus<br />

dem ganzen Stück folgt, dass, hätten die Charaktere e<strong>in</strong> Gespräch mite<strong>in</strong>ander gesucht,<br />

sei es mit sich oder mit anderen, dann wären sie zur Bes<strong>in</strong>nung gekommen, sodass die<br />

Katastrophe nicht hätte entstehen können. Auch wenn beide Figuren aufgrund mangelnder<br />

Bes<strong>in</strong>nung scheitern, wird am Ende des Stückes deutlich, dass Kreon dennoch zu<br />

e<strong>in</strong>er Erkenntnis gelangt, welche der Antigone bis zum Tod fehlt. Denn während Kreon<br />

sich se<strong>in</strong>e Fehler e<strong>in</strong>gesteht und bereut, weiß Antigone bis zum Ende nicht, weshalb<br />

die Götter sie auf diese Weise enden ließen. Sie erkennt nicht ihr Fehlverhalten den<br />

Göttern gegenüber und akzeptiert ihr Schicksal nicht. Somit sche<strong>in</strong>t Kreon Antigone<br />

e<strong>in</strong>en Schritt voraus zu se<strong>in</strong>, denn nur er gelangt zu der Erkenntnis: »E<strong>in</strong>sicht ist das<br />

aller Güter höchste!« (Antigone 1348–1349).<br />

6.5 Platons Phaidon und die Unsterblichkeit der Seele<br />

Platons Akademie war e<strong>in</strong>e besondere Art von Bildungsstätte, mit welcher unsere womöglich<br />

altbackene Konzeption der Schüler-Lehrer-Situation <strong>in</strong>kommensurabel ist. Nicht<br />

umsonst wird die sokratische Lehrmethode als pädagogisch ausgeklügelte Vorgehensweise<br />

gepriesen, anhand derer Platon das strukturelle Grundgerüst se<strong>in</strong>er Werke konzipiert<br />

hat. In nuce: Es geht um die funktionelle Bedeutungspotenz der Dialogform, durch<br />

die der Lernprozess des Lesers überaus effektiv geprägt wird. Das simple Pr<strong>in</strong>zip von<br />

»Rede – Gegenrede« zeichnet sich nicht nur durch se<strong>in</strong>e den Rezipierenden ansprechende<br />

Form aus, sondern ermöglicht und rechtfertigt überdies den »fehlenden« Zwang zur<br />

systematischen Vollständigkeit. Es können Positionen revidiert, facettenreiche Attitüden<br />

referiert werden. Somit s<strong>in</strong>d Platons Lehrstücke nicht als trockene, belehrende Schulbücher<br />

zu verstehen, sondern vielmehr als zum kritischen Denken motivierende Dialoge.<br />

Denn abgesehen von den werkimmanenten Gesprächen s<strong>in</strong>d es Platons Texte <strong>in</strong> persona,<br />

mit welchen der Leser im Dialog zu stehen hat. Erst wenn diese Konfrontation zwischen<br />

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