JGW-SchülerAkademie Papenburg 2011 - Jugendbildung in ...
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3 Auf der Suche nach dem Gedächtnis<br />
der Synapse beitragen: die Langzeitpotenzierung, auch LTP genannt, und die Langzeitdepression,<br />
auch als LTD bekannt. Dabei spielt die Häufigkeit, mit der e<strong>in</strong>e Synapse zur<br />
Reizweiterleitung verwendet wird, e<strong>in</strong>e große Rolle.<br />
Ist die Synapse über e<strong>in</strong>en längeren Zeitraum aktiv, f<strong>in</strong>det LTP statt. Hierfür müssen<br />
zeitgleich e<strong>in</strong>e postsynaptische Depolarisation und e<strong>in</strong>e präsynaptische Freisetzung von<br />
Neurotransmittern stattf<strong>in</strong>den. Zunächst f<strong>in</strong>det die Depolarisation statt; dadurch gibt<br />
das Mg 2+ NMDA-Kanäle frei, durch die nun Na + <strong>in</strong> den postsynaptischen Teil gelangt.<br />
LTP wird von zwei Faktoren aufrecht erhalten: zum e<strong>in</strong>en durch die Ergänzung von<br />
AMPA-Rezeptoren an der Postsynapse, die dadurch mehr Neurotransmitter aufnehmen<br />
kann, zum anderen durch die erhöhte Freisetzung von Glutamat, e<strong>in</strong>em Neurotransmitter,<br />
der an eben jene Rezeptoren anb<strong>in</strong>det und dadurch Reize weiterleitet. Dieser Prozess<br />
tritt beim Lernen auf; wird die Synapse gestärkt, lassen sich Informationen leichter<br />
mite<strong>in</strong>ander verknüpfen.<br />
Die LTD ist das Gegenteil der LTP. Hier s<strong>in</strong>d die Synapsen über längere Zeit kaum oder<br />
gar nicht aktiv. LTD entsteht durch e<strong>in</strong>e Aktivierung von Neuronen, die nicht ausreichend<br />
ist für die Entstehung von LTP. Meist passiert dies durch e<strong>in</strong>e asynchrone Aktivierung<br />
des Neurons durch zwei andere Neurone. Als Folge werden AMPA-Rezeptoren <strong>in</strong> die<br />
Zelle e<strong>in</strong>gezogen. Diesen Vorgang nennt man Internalisierung. Möglicherweise kann es<br />
sogar zu e<strong>in</strong>er Elim<strong>in</strong>ierung der kompletten Synapse kommen.<br />
Die Plastizität der Synapse beschreibt den Prozess des Lernens im Gehirn. Veränderung<br />
der Effizienz von Synapsen ist dabei ursächlich. Das Lernen lässt sich auch mit dem<br />
Muskeltra<strong>in</strong><strong>in</strong>g vergleichen: Häufiges Wiederholen stärkt die Verb<strong>in</strong>dungen.<br />
3.5 Patient H.M.<br />
Im Jahr 1926 wurde e<strong>in</strong> Junge geboren, dessen Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart<br />
sich mit 27 Jahren dramatisch verändern sollten. Schon mit neun Jahren war er nicht<br />
mehr der Junge Henry, sondern Patient H.M., der unter den Anfängen e<strong>in</strong>er schwerer<br />
werdenden Epilepsie litt. 18 Jahre später, mit 27, stimmte er, <strong>in</strong> Absprache mit se<strong>in</strong>en<br />
Ärzten, e<strong>in</strong>er schweren Gehirnoperation zu, da er nicht e<strong>in</strong>mal mehr <strong>in</strong> der Lage war zu<br />
arbeiten. Zu diesem Zeitpunkt vermutete man unter Neurowissenschaftlern, dass e<strong>in</strong><br />
bestimmter Bereich im Gehirn, nämlich Teile des Temporallappen u. a. der Hippocampus,<br />
der Ursprungsort für epileptische Anfälle ist.<br />
Nach vielen fehlgeschlagenen Therapieversuchen blieb H.M. als letzte Option die<br />
Entfernung von Hippocampus und Amygdala, um se<strong>in</strong>e Krankheit zu heilen. Während<br />
e<strong>in</strong>er Operation wurden im Jahr 1953 Teile des Hippocampus und die komplette Amygdala<br />
entfernt. Nach der Operation kamen alle Wissenschaftler zu e<strong>in</strong>em erstaunlichen<br />
Ergebnis. Er war sche<strong>in</strong>bar von der Epilepsie geheilt. Kurze Zeit später hatte man jedoch<br />
e<strong>in</strong>e zweite, tragischere, Erkenntnis. Man stellte fest, dass H.M. ke<strong>in</strong>e neuen Er<strong>in</strong>nerungen<br />
abspeichern konnte. Er er<strong>in</strong>nerte sich an nichts, was er tat, sobald er e<strong>in</strong>mal von<br />
se<strong>in</strong>er aktuellen Tätigkeit abgelenkt war. Dies war e<strong>in</strong> Zeichen dafür, dass das sogenannte<br />
Arbeitsgedächtnis <strong>in</strong>takt war, während die Übertragung <strong>in</strong> das Langzeitgedächtnis<br />
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