JGW-SchülerAkademie Papenburg 2011 - Jugendbildung in ...
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5 Gedenken oder Vergessen?<br />
Abbildung 5.4: Als das aus deutscher Zeit stammende Königstor 2005 renoviert wurde, kehrten<br />
die Statuen preußischer Herrscher nach Jahrzehnten wieder an ihren alten Platz zurück – e<strong>in</strong> Zeichen,<br />
dass sich die russische Stadtbevölkerung <strong>in</strong>zwischen der Er<strong>in</strong>nerungsspuren der fremden<br />
Vergangenheit annimmt (Foto von 2009). Quelle: Wikipedia [50].<br />
dende Verträge, »nicht an Schlimmes zu er<strong>in</strong>nern«, wurden <strong>in</strong> Griechenland erstmals <strong>in</strong><br />
den Jahren zwischen 424–422 v. Chr. aufgezeichnet. Um den Frieden zu wahren, g<strong>in</strong>g<br />
man sogar so weit, Trauergesang zu verbieten, um übermäßige Emotionen auf zu engem<br />
Raum zu verh<strong>in</strong>dern.<br />
Die »Amnestie« stellt e<strong>in</strong>en Ausgleich zwischen Gerechtigkeit und Frieden her, <strong>in</strong>dem<br />
lediglich die Hauptverantwortlichen bestraft wurden. Das Gesamtwohl (e<strong>in</strong>es Geme<strong>in</strong>wesens)<br />
stand dabei über der <strong>in</strong>dividuellen Rache (Meier 2010: 21). Zu Besiegelung<br />
sprachen beide Parteien e<strong>in</strong>en Eid, der gegebenenfalls regelmäßig wiederholt wurde.<br />
E<strong>in</strong>ige Verbote sicherten dessen (konsequente) E<strong>in</strong>haltung.<br />
Ob es sich dabei tatsächlich um e<strong>in</strong> Vergessen handelt, ist umstritten, da die Methoden<br />
gegen Tyrannei und den Anlass des Vergessens weiterh<strong>in</strong> <strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerung gehalten wurden.<br />
Auch fand e<strong>in</strong>e sogenannte »Dokimasie« (Prüfung von Personen auf Amtswürdigkeit)<br />
statt. Man kann also me mnesikake<strong>in</strong> als Tendenz bezeichnen; nötige Er<strong>in</strong>nerungen werden<br />
allerd<strong>in</strong>gs zugelassen und die Vergangenheit wird weiterh<strong>in</strong> kritisch betrachtet (Meier<br />
2010: 26).<br />
Auch <strong>in</strong> der Nachkriegszeit (1945) wurden die Geschehnisse zunächst verdrängt, aber<br />
durch das Ausmaß begann die nächste Generation (mithilfe von zeitlicher Distanz), sie<br />
zu verarbeiten (Meier 2010: 50).<br />
Nach der Wiedervere<strong>in</strong>igung 1989 kam e<strong>in</strong>e Amnestie nicht <strong>in</strong> Frage, denn zwischen<br />
der gestürzten Regierung und den Bürgerrechtlern bestand e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>deutig überwiegendes<br />
Machtverhältnis seitens der (friedlichen) Bürgerrechtler, es bestand somit ke<strong>in</strong>e<br />
Gefahr weiteren Blutvergießens. Die DDR war außerdem ke<strong>in</strong> »<strong>in</strong> sich geschlossenes<br />
Geme<strong>in</strong>wesen«, das stärker als jedes andere kommunistische Land an die BRD gebunden<br />
war (McAdams 2003: 3) und unter ständiger Beobachtung stand; e<strong>in</strong>e Selbstreflexion<br />
war kaum möglich. H<strong>in</strong>zu kam, dass die Stasi-Akten den Bürgerrechtlern versprochen<br />
worden waren und diese sie sofort veröffentlichten; von e<strong>in</strong>em »Vergessen« der soge-<br />
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