JGW-SchülerAkademie Papenburg 2011 - Jugendbildung in ...
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5 Gedenken oder Vergessen?<br />
5.12.3 Das Leben der Anderen<br />
Der deutsche Spielfilm »Das Leben der Anderen« (2006) von Florian Henckel von<br />
Donnersmarck befasst sich mit der Überwachung durch die Staatssicherheit <strong>in</strong> der<br />
DDR. Es handelt sich um e<strong>in</strong>e frei erfundene Geschichte, die jedoch <strong>in</strong> den historischen<br />
H<strong>in</strong>tergrund e<strong>in</strong>gebettet wird. Auch dieser Film verspricht Authentizität, was — ebenso<br />
wie e<strong>in</strong>ige »historische Fehler« — von Historikern kritisiert wird. Noch dazu handele es<br />
sich um e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>seitige Darstellung der DDR, die neben dem Künstlerpaar nur Tristesse<br />
und Menschenleere zeige (Seegers 2008: 25).<br />
5.12.4 Geschichte <strong>in</strong> Film und Fernsehen: Gefahr oder Gew<strong>in</strong>n<br />
Durch die Kritik an den genannten Beispielen wird deutlich, dass historische Filme und<br />
Dokumentationen häufig wegen »historischer Fehler« und e<strong>in</strong>seitiger, subjektiver Darstellungen<br />
kritisiert werden. Dem Zuschauer wird e<strong>in</strong> Bild der Vergangenheit vermittelt,<br />
das stark von den Machern der Filme abhängt. Andererseits h<strong>in</strong>terlassen Filme e<strong>in</strong>en<br />
deutlich stärkeren E<strong>in</strong>druck als historische Fakten. Die Zuschauer werden emotional<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Thema e<strong>in</strong>geführt, was auch zum Verständnis der dargestellten Zeit und der<br />
Handlungsweise der Personen beitragen kann. Insofern s<strong>in</strong>d historische Dokumentationen<br />
und Filme zwar stets mit Vorsicht zu genießen, sie können aber Projektions- und<br />
Diskussionsfläche für Geschichte se<strong>in</strong>, was sie zu e<strong>in</strong>em wertvollen Zeitdokument sowohl<br />
der dargestellten als auch der heutigen Zeit macht. Lu Seegers bezeichnet deshalb<br />
»Er<strong>in</strong>nerungsfilme« als »Medien des kollektiven Gedächtnisses, die Vorstellungen von<br />
der Vergangenheit zu e<strong>in</strong>em bestimmten Zeitpunkt aufnehmen und zugleich prägen«<br />
(Seegers 2008: 22).<br />
5.13 Geschichte und Architektur<br />
Architektur ist e<strong>in</strong>e der relevantesten Verb<strong>in</strong>dungen der Vergangenheit mit der Gegenwart.<br />
H<strong>in</strong>sichtlich der Identität e<strong>in</strong>es Landes rücken für dessen Geschichte häufig<br />
wichtige Bauten <strong>in</strong> den Blickw<strong>in</strong>kel: für Deutschland beispielsweise der Reichstag <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>,<br />
der gesellschaftlich wie politisch e<strong>in</strong>e wichtige Position e<strong>in</strong>nimmt. Dieses Verhältnis<br />
e<strong>in</strong>er Gegenwart zur Vergangenheit ist <strong>in</strong> konstantem Wandel. E<strong>in</strong> derartiger Wandel ist<br />
durch die Rekonstruktionswelle stark bemerkbar. Befürworter der Rekonstruktion sehen<br />
die symbolische Bedeutung als wichtigstes Motiv des Bauwerks an. Somit bestünde nur<br />
wenig Gefahr am Verlust e<strong>in</strong>es materiellen Wertes. Weiterh<strong>in</strong> weisen sie auf die Möglichkeit<br />
der Reaktivierung bedeutender Kunst- und Kulturzeugnisse h<strong>in</strong> und betonen,<br />
dass Rekonstruktion architektonische Normalität sei (Nerd<strong>in</strong>ger 2010: 17). Die Gegner<br />
h<strong>in</strong>gegen verschreiben sich der Authentizität der Bausubstanz und verpflichten sich<br />
zur Erhaltung und Pflege nicht reproduzierbarer Geschichtszeugnisse. Der Zustand des<br />
Orig<strong>in</strong>als, zerstört oder <strong>in</strong>takt, stelle selbst e<strong>in</strong>e geschichtliche Quelle dar. Kritiker der<br />
Rekonstruktion argumentieren, dass Geschichte nicht auf die Identifizierung bestimmter<br />
Epochen reduziert werden darf. Geschichte umfasse immer mehr als das, was gerade <strong>in</strong>,<br />
politisch opportun und touristisch vermarktbar sei (Assmann 2007: 98 ff.).<br />
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