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JGW-SchülerAkademie Papenburg 2011 - Jugendbildung in ...

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4.7.2 Psychologische Aspekte<br />

4.7 Palliativmediz<strong>in</strong> und Patientenumgang<br />

Neben den starken körperlichen Schmerzen werden Krebspatienten auch von psychischen<br />

Belastungen gequält. Im e<strong>in</strong>en Moment noch erfüllt von Angst, Verzweiflung<br />

und Hilflosigkeit, fühlen sie sich im nächsten Moment gestärkt von Mut, Zuversicht und<br />

Entschlossenheit. Elisabeth Kübler-Ross teilt die Verarbeitung e<strong>in</strong>er Krankheit <strong>in</strong> fünf<br />

Stadien e<strong>in</strong>: »The Five Stages Of Grief«: Verleugnung, Wut, Verhandeln, Depression und<br />

schließlich Akzeptanz.<br />

Nicht nur für den Patienten selbst ist die Diagnose Krebs e<strong>in</strong>e psychische Belastung,<br />

sondern auch für die Angehörigen. Christoph Schl<strong>in</strong>gensief, e<strong>in</strong> berühmter deutscher<br />

Regisseur, beschreibt diese Situation <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Krebstagebuch wie folgt: »Nicht der<br />

Leidende ist der, der e<strong>in</strong>e Prüfung macht, sondern der, der auf den Leidenden trifft.<br />

Deshalb ziehen sich auch manche Leute zurück, weil dieses Aufe<strong>in</strong>andertreffen bedeutet,<br />

dass man sich über manche D<strong>in</strong>ge Gedanken machen muss, die man im Normalfall<br />

lieber verschiebt. [ . . .] Es tut e<strong>in</strong>em Leid, weil man mit existentiellen Problemen nichts<br />

anfangen kann oder will« (Schl<strong>in</strong>gensief 2005). Das Zitat zeugt von der Hilflosigkeit und<br />

Unsicherheit der Angehörigen, wenn sie Zeit mit e<strong>in</strong>em Todkranken verbr<strong>in</strong>gen.<br />

Im Alltag sieht man sich nur äußerst selten mit existenziellen Fragen konfrontiert.<br />

Oftmals möchte man sich nicht mit der Endlichkeit des Lebens beschäftigen. Tritt nun<br />

jedoch e<strong>in</strong>e Krankheit <strong>in</strong>nerhalb des sozialen Umfeldes auf, so wird man von der<br />

erschreckenden Realität des Todes e<strong>in</strong>geholt. Man wird sich der Tatsache bewusst, dass<br />

mit dem Tod e<strong>in</strong>es geliebten Menschen e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames Leben endet. Dieser E<strong>in</strong>schnitt<br />

<strong>in</strong> die Normalität kann beängstigend se<strong>in</strong>. Zudem kann Angst vor dem Schmerz der<br />

Trauer und vor der anstehenden Veränderung entstehen. Häufig reagieren Angehörige<br />

aus Unsicherheit mit e<strong>in</strong>er abwehrenden Haltung. Diese Distanz kann <strong>in</strong> manchen Fällen<br />

dazu beitragen, dass Patienten ke<strong>in</strong>e Möglichkeit sehen, ihren tiefsten Ängsten und<br />

Wünschen Ausdruck zu verleihen, weil sie sich niemandem anvertrauen können.<br />

»Damit wir begreifen lernen, dass es im Kern um e<strong>in</strong>e Beziehung zum Leben geht,<br />

die nicht nur von Schönheit und Erfolg ausgeht, sondern auch mit Hässlichkeit und<br />

Misserfolg rechnen lernt. Dass man sich dem Zöllner und der Hure näher fühlen sollte<br />

als dem Pharisäer« (Schl<strong>in</strong>gensief 2005). Schl<strong>in</strong>gensiefs Worte beschreiben die Mentalität<br />

unserer Gesellschaft. Es geht um Leistung, Erfolg, Makellosigkeit und Perfektionismus.<br />

Solch’ e<strong>in</strong>e Gesellschaft besitzt ke<strong>in</strong>en Platz für chronisch Kranke. Dies kann zu e<strong>in</strong>er<br />

Ausgrenzung des Kranken aus der Masse führen.<br />

Um den Patienten auf körperlicher und seelischer Ebene zu unterstützen, sollten wir<br />

offener über Themen wie Krebs, Tod und Verlust sprechen. Dies würde e<strong>in</strong>e Verbesserung<br />

bzw. Erleichterung der Situation auf beiden Seiten bedeuten. Zudem wäre es<br />

wünschenswert, wenn die Gesellschaft für die Bedürfnisse chronisch Kranker mehr Platz<br />

schaffen würde.<br />

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