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Kolonischtegschichtla von Hermann Bachmann als Dokument der ...

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2.2. Begriffsgeschichte: Einige Stationen<br />

Im Weiteren seien schlaglichtartig (ein Stück weit unter Rückgriff auf de<br />

Jong 2010: 50 ff.) einige Entwicklungsstationen beleuchtet:<br />

a) 'Mentalität' fand zunächst <strong>als</strong> positiv besetzter, nationalistischer<br />

Kampfbegriff in <strong>der</strong> sog. Dreyfus-Affäre <strong>von</strong> französischen Intellektuellen wie<br />

Barrès o<strong>der</strong> Brunetière Verwendung;<br />

b) In <strong>der</strong> französischen soziologischen Schule Durkheims wurde 'Mentalität'<br />

<strong>als</strong> eine „représentation collective“ bezeichnet, die auf das individuelle Bewusstsein<br />

einen Zwang ausübt, in <strong>der</strong> Gestalt eines nicht reflektierten Konformitätsdrucks.<br />

Hier war 'Mentalität' ausschließlich gruppenspezifisch definiert und<br />

war <strong>als</strong> eine Art „Kollektivbewusstsein“ zu verstehen;<br />

c) Durkheim stand hier in <strong>der</strong> Nähe zur Annales-Schule und Mentalitätsgeschichte,<br />

die – statt einzelner Persönlichkeiten <strong>als</strong> Hauptakteure in <strong>der</strong> Geschichte<br />

– <strong>von</strong> einem kollektiven Akteur <strong>als</strong> bestimmendem Subjekt <strong>der</strong> Geschichte<br />

ausgingen, das mit einer „Geschichte des Gefühls“ kombiniert werden<br />

kann. So ließe sich über Jahrhun<strong>der</strong>te hinweg eine „Geschichte <strong>der</strong> Mentalitäten<br />

und ihrer Wandlungen“ abzeichnen. Aber die Fragestellungen <strong>der</strong> Werke dieser<br />

Richtung blieben sehr spezifisch, <strong>als</strong> Beispiel kann Ariès [1982 a, b] samt seinen<br />

Werken über die Geschichte <strong>der</strong> Kindheit und über die des Todes genannt werden;<br />

d) In Deutschland hat sich analog zu 'Mentalität' <strong>der</strong> Begriff 'Volksgeist'<br />

entwickelt und zwar im Bereich <strong>der</strong> sog. Völkerpsychologie;<br />

e) Selbst Hitler verwendete 1927 'Mentalität' auf Seite 703 im 2. Teil <strong>von</strong><br />

„Mein Kampf“ in Verbindung mit „Volkskörper“. Man sieht <strong>als</strong>o, dass <strong>der</strong> Mentalitätsbegriff<br />

zu diesem Zeitpunkt bereits geläufig war und ideologisch instrumentalisiert<br />

werden konnte. Das Wort erfuhr so in Deutschland zunehmende<br />

Popularität;<br />

f) 1932 führte Geiger seine kultursoziologisch fundierte Mentalitätsauffassung<br />

in <strong>der</strong> Wirtschaftssoziologie ein und stellte sie <strong>der</strong> Ideologie gegenüber<br />

[Geiger 1953: 77 f.]. Für ihn handelte es sich um zwei Entitäten, die sich gegenseitig<br />

beeinflussen: Ideologien könnten sich Mentalitäten zunutze machen. Geigers<br />

Verdienst ist es, dass er <strong>als</strong> einer <strong>der</strong> ersten formuliert hat, dass auch einem<br />

Individuum verschiedene Teilmentalitäten zuschreibbar seien. Mentalität fungiere<br />

dabei handlungsleitend <strong>als</strong> vermittelndes Element zwischen Wirklichkeit und<br />

Ideologie;<br />

g) Auch <strong>der</strong> sprachliche Aspekt trat auf: Beispielsweise postulierte Tellenbach<br />

[1974: 12], dass die Sprache zu den wichtigsten Quellen zur Erkenntnis<br />

<strong>von</strong> Mentalitäten gehöre;<br />

h) In <strong>der</strong> Wissenssoziologie haben sich allen voran Schütz und Luckmann<br />

mit 'Mentalität' beschäftigt; Schütz anhand seiner phänomenologischen Lebensweltkonzeption<br />

und Luckmann im Rahmen seiner historischen Wissenssoziologie.<br />

Nach Schütz, Luckmann [1975: 144‒162] agiere <strong>der</strong> Mensch in vertrauten<br />

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