Eine Möglichkeit, das Minimum einer Funktion f : U ⊆ R m → R zu finden, bestehtdarin, die stationären Punkte von f zu bestimmen, das heißt die Punkte x ∈ U mit∇f(x) = 0.Durch Studium der höheren Ableitungen von f in den stationären Punkten können dannKriterien gef<strong>und</strong>en werden, mit denen man entscheiden kann, ob ein stationärer Punktvon f auch ein Minimum von f ist oder nicht. Die zweite Methode ist, f direkt zuminimieren: Man wählt eine Minimalfolge aus, das heißt eine Folge {x n } ∞ n=1 mit x n ∈ U<strong>und</strong>lim f(x n) = inf f(x).n→∞ x∈UDann muß gezeigt werden, daß {x n } ∞ n=1 eine in U konvergente Teilfolge besitzt. Hierzubenötigt man Kompaktheitskriterien. Nach dem Satz von Bolzano-Weierstraß genügt eszum Beispiel, daß {x n } ∞ n=1 eine beschränkte Folge ist <strong>und</strong> U abgeschlossen ist, um einekonvergente Teilfolge {x nl } ∞ l=1 auswählen zu können. Wenn f stetig ist, gilt dann fürden Grenzwert x 0 dieser Folgef(x 0 ) = f( liml→∞x nl ) = liml→∞f(x nl ) = infx∈U f(x),also ist x 0 eine Minimalstelle von f .Auch in der <strong>Variationsrechnung</strong> werden beide Methoden angewandt. Die erste Methodewurde in der Entstehung der <strong>Variationsrechnung</strong> zuerst entwickelt <strong>und</strong> heißt daherauch klassische Methode der <strong>Variationsrechnung</strong>. Die Gleichung ∇f(x) = 0 wird dabeiersetzt durch die gewöhnliche oder partielle Differentialgleichungn∑i=1∂∂x i[fξi(x,u(x), ∇u(x))]= fu(x,u(x), ∇u(x)), x ∈ Ω,die als notwendige Bedingung von jeder Lösung u des Variationsproblems erfüllt werdenmuß, die zu C 2 (Ω) gehört, <strong>und</strong> die Eulersche Differentialgleichung genannt wird. Zu dieserDifferentialgleichung kommen in der Regel noch weitere Bedingungen hinzu, die dieLösung des Variationsproblems erfüllen muß <strong>und</strong> die durch die Wahl des Raumes D derzulässigen Vergleichsfunktionen bestimmt ist. Häufig tritt als Bedingung zum Beispielauf, daß die Lösung u am Rande ∂Ω mit einer vorgegebenen Funktion übereinstimmenmuß:u| ∂Ω= u 0 .Diese beiden Bedingungen zusammen bilden ein Randwertproblem für die EulerscheDifferentialgleichung, <strong>und</strong> jede Lösung u ∈ C 2 (Ω) des Variationsproblems, also jedeszweimal stetig differenzierbare Minimum des Variationsfunktionales muß dieses Randwertproblemerfüllen. Genau wie im Fall einer Funktion auf dem R n ist es aber nichtsicher, ob eine Lösung dieses Randwertproblems auch ein Minimum des Variationsfunktionalesist. Analog zu den Kriterien für Funktionen im R n , die garantieren, daß einstationärer Punkt auch ein Minimum der Funktion ist, <strong>und</strong> die man durch Untersuchungder höheren Ableitungen von f erhält, sind in der <strong>Variationsrechnung</strong> eine ganze10
Reihe verschiedener Kriterien entwickelt worden, die garantieren, daß eine Lösung desRandwertproblems zur Eulerschen Differentialgleichung auch ein Minimum des Variationsfunktionalesist. Solche Kriterien sind hauptsächlich für den Fall n = 1 aufgestelltworden. Dazu gehören die Theorie der Felder <strong>und</strong> die Kriterien von Jacobi, Weierstraß,Zermelo, Legendre <strong>und</strong> andere.Abgesehen davon, daß diese Kriterien häufig schwer nachzuprüfen sind, bestehen dieProbleme der klassischen Methode der <strong>Variationsrechnung</strong> darin, daß man von einemMinimum des Funktionals verlangt, daß es zweimal stetig differenzierbar sein soll, <strong>und</strong>daß man das Minimum dann als Lösung eines Randwertproblems für eine Differentialgleichungzweiter Ordnung bestimmt. Minima von Variationsfunktionalen sind aberhäufig gar nicht zweimal stetig differenzierbar, <strong>und</strong> überdies ist die Lösung eines Randwertproblemsfür eine Differentialgleichung zweiter Ordnung oft eine schwierige Aufgabe.Wie man heute weiß, führt man auf diese Weise in vielen Fällen ein leichter zu lösendesProblem auf ein schwieriger zu lösendes ”zurück”.Beginnend mit Hilbert sind daher seit der Jahrh<strong>und</strong>ertwende die direkten Methodender <strong>Variationsrechnung</strong> entwickelt worden, die dem oben besprochenen zweiten Zugangzur Auffindung von Minima von Funktionen auf dem R n entsprechen. Man versucht, einMinimum des Variationsfunktionales dadurch zu bestimmen, daß man aus einer Minimalfolgezum Variationsfunktional eine konvergente Teilfolge aussucht. Die Schwierigkeitist nun, daß man für den Fall von unendlichdimensionalen Funktionenräumen kein soeinfaches Kompaktheitskriterium zur Verfügung hat wie das von Bolzano-Weierstraßim endlichdimensionalen Fall. Aus diesem Gr<strong>und</strong> arbeitet man mit Hilbert- <strong>und</strong> Banachräumen,<strong>und</strong> daher speziell mit Sobolevräumen. Allgemein wendet man Methodender Funktionalanalysis an <strong>und</strong> ersetzt das Bolzano-Weierstraßsche Kompaktheitskriteriumdurch verschiedene Kompaktheitskriterien aus dieser Theorie. Dazu gehört derKompaktheitssatz von Rellich für Sobolevräume oder die schwache Kompaktheit derEinheitskugel des Dualraumes eines Banachraumes. Wie erwähnt, hat die Funktionalanalysisihren Ursprung in der Theorie der Hilberträume, die Hilbert gerade für denZweck entwickelt hat, spezielle Variationsfunktionale, <strong>und</strong> insbesondere das DirichletscheIntegral, zu minimieren.1.4 Inhalt der Vorlesung Mein Interesse in dieser Vorlesung gilt mehr den modernendirekten Methoden als den klassischen. Die direkten Methoden spielen heute eine großeRolle in der <strong>Mathematik</strong>. Ich habe schon angedeutet, daß man heute zur Lösung vonRandwertproblemen zu elliptischen partiellen Differentialgleichungen den umgekehrtenWeg geht wie in der klassischen Methode der <strong>Variationsrechnung</strong>: Zu einer gegebenenelliptischen partiellen Differentialgleichung sucht man ein Variationsfunktional, dessenEulergleichung gerade die gegebene elliptische Differentialgleichung ist. Dann löst mandas Variationsproblem mit direkten Methoden. Das Minimum des Variationsfunktionalslöst dann gleichzeitig auch die gegebene elliptische Differentialgleichung. Mein Ziel mitdieser Vorlesung ist daher auch auf die Theorie der elliptischen Differentialgleichungenvorzubereiten, die ich im nächsten Semester in einer Vorlesung behandeln möchte.Ich habe schon erwähnt, daß die Theorie der Sobolevräume für die direkten Methoden11
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Wäre nun y ≠ z , dann folgtef(z)
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Wegen f ξξ (x,u,g(x,u,v)) > 0 fol
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also0 = d dt J(w + tϕ) | t=0∫ b
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In kanonischer Form lauten die Eule
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Man kann diese Gleichungen folgende
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4.4.5 Der Fall f(x,u,ξ) = f(u,ξ)
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Hiermit folgtd[ ( ) ]S γ x,u(x),γ
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für alle (x,u) ∈ U . Ich werde z
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(x,u(x,α)) sind die von dieser Lin
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Zum Beweis des Satzes genügt es al
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Satz 5.9 (Trennungssatz) Sei H ein
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gelte lim n→∞ f(x n ) = f(x) f
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eine stetige, (komplex) lineare Abb
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Beweis: Sei {x n } ∞ n=1 ⊆ B 1
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6 Konvexe Funktionale6.1 Unterhalbs
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Lemma 6.6 Sei H ein Hilbertraum, se
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also istt(x,λ) + (1 − t)(y,µ) =
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) Sei H ein reeller Hilbertraum, se
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für alle x ∈ H . Dann nimmt f +g
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7 Direkte Methoden der Variationsre
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Beweis: Seien v 1 ,v 2 ∈ M(F,b) u
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für alle u ∈ M . Für alle ander
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folglichund somit∫ x1y 1|y 1|u(z)
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dem Satz von Beppo Levi1(w,v − u)
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weil man dann in (∗) v = u±ϕ se
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für alle ξ ∈ R n . Dann gilt∂
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für fast alle x ∈ ∂Ω. Wegen j
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=+≤=∫1 [lim |t∇v − (1 − t
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.) u ∈ M und∫ []1Ω 2 |∇u(x)|
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[19] A. Sommerfeld: Partielle Diffe