österreichische zeitschrift für ... - Universität Wien
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– Strategische Visionen‘: Riskante‘ kognitive Gruppenziele, die unmittelbar mit der<br />
’ ’<br />
Produktion von Neuheit gekoppelt waren; 49 eigenständige lokale Traditionen‘ wie<br />
’<br />
etwa der Austro-Lioberalismus‘ oder der Austro-Marxismus‘ mit ebenfalls einer<br />
’ ’<br />
’ riskanten Weite‘ an unterschiedlichen Themen u. a. m.<br />
– Organische Organisation‘: Zivile Selbst-Organisation‘ der vielfältigen Gruppen-<br />
’ ’<br />
treffen jenseits von bürokratischen und standardisierten Routinen – und vor allem<br />
auch jenseits der traditionellen <strong>Universität</strong>en; enger Zusammenhang von ziviler<br />
’<br />
Selbst-Organisation‘ und horizontalen Begegnungsformen sowie dichtestgedrängte<br />
Kommunikations- und Austauschbeziehungen u. a. m.<br />
Nur unter der simultanen und ’ an sich‘ seltenen Gegebenheit aller drei Faktorengruppen<br />
konnte sich jenes hochinnovative ’ <strong>Wien</strong>er Netzwerk‘ in der Zwischenkriegszeit<br />
bis zu dem Zeitpunkt entfalten und etablieren, bis es durch<br />
den inner<strong>österreichische</strong>n Austrofaschismus und durch den außer<strong>österreichische</strong>n<br />
Nationalsozialismus vollends und nachhaltig zerstört wurde; als wär’s<br />
nie ein Stück von <strong>Wien</strong> gewesen. 50<br />
Damit liegen mittlerweile hinreichend viele empirisch abgestützte Erklärungs-Muster<br />
vor, die sich als verallgemeinerungsfähig ausweisen. Ein generalisierter<br />
Erklärungs-Sketch <strong>für</strong> den Analyse-Kontext I, <strong>für</strong> die Schlüsselfaktoren<br />
<strong>für</strong> ein hohes Umgebungs-Potential von Neuheit, könnte demnach in folgender<br />
Form präsentiert werden.<br />
Generalisierte Erklärungs-Skizze <strong>für</strong> das Feld I: Evolutionäre Ensembles wie Organisationen<br />
(Unternehmen, wissenschaftliche Institute, Bürokratien, intermediäre Organisationen,<br />
etc.) oder Regionen von einzelnen Städten bis hin zu ganzen Staaten<br />
besitzen ein hohes und nachhaltiges Innovations- oder Kreativitätspotential, wenn sie<br />
über das folgende Faktorengeflecht simultan verfügen und dieses zudem dauerhaft<br />
verbinden können: komplexe Formen der Arbeitsteilung (Faktorengruppe I), eine<br />
dauerhaft riskante Strategie (Faktorengruppe II) und eine organische Organisation<br />
(Faktorengruppe III). Wegen der vielfältigen positiven Relationen zwischen Innovationserfolgen<br />
und Größenwachstum einerseits [Innovationserfolge ↔ Größenwachstum<br />
( )], [Innovationserfolge ↔ Attraktivität <strong>für</strong> außen ( )], etc. und wegen der inver-<br />
49 Die Psycho-Analyse sollte beispielsweise entlang der ’ Schnittstelle‘ von Medizin, Machscher<br />
Mechanik, Psychologie und Psychiatrie wachsen, der <strong>Wien</strong>er Kreis sich im ’ Interface‘<br />
von ’ neuer Logik‘, Wissenschaftsanalyse, Philosophie und Sprachkritik entwickeln; der Austroliberalismus<br />
setzte sich die Ausarbeitung einer komplexen Handlungstheorie mit einem<br />
sehr differenzierten Güterkosmos zum Zielpunkt einer möglichst umfassenden Sozio-Ökonomie,<br />
etc.<br />
50 Man möchte verallgemeinernd hinzufügen: Nur unter einem ähnlichen Zusammenwirken<br />
dieser drei Gruppen an regionalen Schlüsselfaktoren vermögen sich auch gegenwärtig kreative<br />
wissenschaftliche Netzwerke aufzubauen und zu reproduzieren; momentan beispielsweise jene<br />
im Umkreis von Santa Fe oder um Boston. Und es würde zu den wissenschaftshistorisch<br />
spannungsgeladenen Forschungsfragen gehören, ob sich ’ Edinburgh um 1750‘, ’ Paris um 1750‘<br />
oder ’ Berlin um 1920‘ aus einer ähnlichen Faktorenkonstellation begreifen und ansatzweise<br />
erklären lassen.<br />
106 ÖZG 11.2000.1