österreichische zeitschrift für ... - Universität Wien
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Für diese ’ Diffusion des Neuen‘ sind im Wissenschaftsbereich völlig unabhängig<br />
voneinander zu zwei verschiedenen Zeitpunkten und zudem <strong>für</strong> verschiedene<br />
Bereiche zwei Erklärungsskizzen entworfen worden. Die erste Version<br />
wird im Bereich der Ökonomie entwickelt und von Joseph A. Schumpeter seit<br />
dem Jahre 1912, dem Erscheinungsdatum seiner ’ Volkswirtschaftlehre‘ immer<br />
mehr verfeinert. 52 Bezogen auf langfristige Produkt-Innovationen liest sich der<br />
Schumpetersche Sketch ungefähr wie folgt.<br />
Zu Beginn zeichnet sich ein Marktsystem – und dies markiert den Beginn seiner ’ Prosperitätsphase‘<br />
– durch eine rasche Diffusion einer Basis-Produktinnovation 53 und<br />
der dadurch induzierten sekundären, tertiären usw. Anpassungsprozesse aus. Weil die<br />
Erträge und Chancen von Kapazitätsausweitungen im neuen Verbund dieser Basis-<br />
Produktinnovation aber im Lauf der Zeit abnehmen stoßen, wird das ökonomische System<br />
insgesamt in die Gegend von ’ Sättigungsgrenzen‘ getrieben. Mit dem Erreichen<br />
solcher Grenzen wandelt sich – und dies markiert den Beginn der ’ Depressionsphase‘ –<br />
der Zustand des ökonomischen Systems. Es kommt, so sich dazu die Möglichkeiten offerieren,<br />
zur Verbreitung von Basis-Prozeßinnovationen, welche aber ihrerseits durch<br />
abnehmende Grenzerträge charakterisierbar sind. Durch die mit der Zeit auch schwindenden<br />
Attraktivitäten von Basis-Prozeßinnovationen und dem parallel damit zunehmenden<br />
Aufbau einer neuen Basis-Produktinnovation wird das ökonomische System<br />
wiederum, und diesmal deshalb, weil während der Depression die Wahrscheinlichkeit<br />
<strong>für</strong> die Suche nach gänzlich anderen Alternativen zunimmt und eine erfolgreiche Basis-<br />
Produktinnovation inmitten einer wenig gewinnträchtigen Umgebung vergleichsweise<br />
schnell imitiert wird, in eine Umgebung voll von ’ offenen Möglichkeiten‘ getrieben.<br />
Nach einer kurzen ’ Scramble‘-Periode, in der sich eine Basis-Produkt-Innovation als<br />
die vergleichsweise stärkste herausstellen muß, kann sich eine neuerliche Aufschwungperiode<br />
entfalten, innerhalb der – aber damit wären wir wiederum beim Anfang zu<br />
diesem Sketch angelangt, der sich im übrigen, weil eine große Zahl der beteiligten<br />
Unternehmensgruppen unkoordiniert, aber gebunden rational entscheidet, auf diese<br />
Weise ad infinitum fortsetzt.<br />
Die Abbildung 1 führt nochmals das Schema einer solchen quasi-zyklischen<br />
’ Schumpeter-Uhr‘ vor Augen, in der einzelne Unternehmen sich im Zeitablauf<br />
einer von insgesamt sechs Netzwerk-Gruppen zuordnen können: CE (core/expansiv)<br />
steht dabei <strong>für</strong> Produkt-Innovationen im Bereich von Schlüsseltechnologien<br />
oder Leitsektoren‘, CR (core/rationalisierend) <strong>für</strong> Prozeß-Innovationen<br />
’<br />
wiederum bei Schlüsseltechnologien, PE (peripher/expansiv) <strong>für</strong> Produktinnovationen<br />
in speziellen Marktnischen, PR (peripher/rationalisierend) <strong>für</strong> Prozeß-<br />
52 Vgl. Joseph A. Schumpeter, Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung. Eine Untersuchung<br />
über Unternehmergewinn, Kapital, Kredit, Zins und den Konjunkturzyklus, 3. Aufl.,<br />
München 1931 (1. Aufl. 1912).<br />
53 In historischer Reihenfolge lautet die Sequenz dieser Leit- und Schlüsselsektoren: Textilindustrie,<br />
Eisenbahnen, Chemie-/Elektroindustrie, Automobile, IuK-Technologien, vgl. dazu<br />
auch W. W. Rostow, The World Economy. History Prospect, Austin 1978.<br />
ÖZG 11.2000.1 109