österreichische zeitschrift für ... - Universität Wien
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hielt sich mit ihm über seine Zukunft. Lane hatte einige Zeit in <strong>Wien</strong> studiert<br />
und an der Stadt Gefallen gefunden. 71 In einer detaillierten Tagebucheintragung<br />
hielt er das Gespräch mit Rosenmayr über dessen geplante Rückkehr nach<br />
<strong>Wien</strong> fest. Dieser wolle sich dort um einen ” job in the industry or in the People’s<br />
Party“ umschauen, weil er als junger Vater <strong>für</strong> eine Familie zu sorgen habe,<br />
und daneben versuchen, seine Habilitation – ” his statement of its theme was<br />
cloudy“ – fertigzustellen, ” but he seemed much pleased that our talk opened<br />
a possibility of his receiving a living wage while staying in academic life.“ Im<br />
Gespräch habe Rosenmayr dann einige Themen genannt, die er zu untersuchen<br />
sich vorstellen könne. ” I (i. e. Lane) said that the Rockefeller Foundation<br />
would wish more specific definition of problems and especially description of<br />
the method of research to be used, and told him to write me a letter about that<br />
and also about the amount of support that would be needed, for himself and<br />
student research assistants.“ 72 Im März 1953 schickte Rosenmayr ein langes<br />
Schreiben an Lane, in dem er sein künftiges Forschungsvorhaben erläuterte.<br />
Seine Habilitation solle den theoretischen Teil der Studie darstellen, anschließend<br />
wolle er empirisch untersuchen, wie sich die ” verschiedenen Schichten der<br />
<strong>Wien</strong>er Bevölkerung mit Österreich identifizieren“. 73 Das umfangreiche Expose<br />
Rosenmayrs scheint unter dem Titel ” Studies under the direction of Dr. Leopold<br />
Rosenmayr of factors which contribute to the basic social, economic, and<br />
political views of major groups in Vienna“ in der folgenden Zeit in den internen<br />
Dokumenten der Rockefeller Foundation auf. Rosenmayr schlug darin vor,<br />
71 Frederic C. Lane (1900–1984) studierte 1923–24 in Europa, Ph.D. Harvard 1930, lehrte<br />
ab 1928 bis zu seiner Emeritierung 1966 an der Johns Hopkins University in Baltimore,<br />
unterbrochen durch die Tätigkeit als Assistant Director Social Science Division Rockefeller<br />
Foundation 1951–54; Lane war Spezialist <strong>für</strong> venetianische Geschichte, Präsident der ’ American<br />
Economic History Association‘ (1956–58), der ’ International Economic History Association‘<br />
(1965–68) und der ’ American Historical Association‘ (1965), Herausgeber des ’ Journal<br />
of Economic History‘ 1943–51.<br />
72 Lane, Tagebuch, 9. Jänner 1953, 7 f. Dem Offert an Rosenmayr war ein Gespräch mit<br />
Knoll in <strong>Wien</strong> vorausgegangen (Lane, Tagebuch, 9. Dezember 1952, 477), über das Lane<br />
während eines Staff Meetings am 7. Jänner 1953 in New York berichtete. Der Soziologe<br />
unter den Rockefeller Foundation-Mitarbeitern und Lanes Vorgesetzter, DeVinney, äußerte<br />
sich über Rosenmayr deutlich skeptisch: ” LCD thinks that if Rosenmayr wants to return<br />
to Vienna, either we should put more money into his training or count the money invested<br />
in his year’s fellowship lost.“ Minutes DSS Staff Meeting 141, 7. Jänner 1953, Rockefeller<br />
Foundation, R. G. 1.2, series 705, box 9, folder 80, RAC.<br />
73 Das klingt ein wenig nach den damals beliebten Nationalcharakterstudien, könnte aber<br />
auch der Lektüre von ” Lonely Crowd“ zu verdanken sein: David Riesman in Collaboration<br />
with Reuel Denney and Nathan Glazer, The Lonely Crowd: A study of the Changing<br />
American Character, New Haven 1950. In dem Gespräch Anfang Jänner hatte Rosenmayr<br />
spontan noch andere Themen genannt: Beispielsweise eine Studie über den sinkenden ’ class<br />
status‘ und die Situation der ” lower bourgeoisie (...) somewhat like Mills’ study“. Bei letzterem<br />
dürfte es sich um die folgende Studie gehandelt haben: C. Wright Mills, White Collar.<br />
The American Middle Classes, New York 1951.<br />
ÖZG 11.2000.1 157