österreichische zeitschrift für ... - Universität Wien
österreichische zeitschrift für ... - Universität Wien
österreichische zeitschrift für ... - Universität Wien
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Bereitschaft, einen Artikel von allgemeinerem Interesse außerhalb der eigenen<br />
Forschungsaktivitäten zu referieren. Niemand wußte im vorhinein, wer ausgewählt<br />
wird, einen solchen Vortrag vor dem Zeitschriften-Club‘ zu halten.<br />
’<br />
Warum sollten sich erstrangige Wissenschaftler einem solchen Ritual unterziehen<br />
Nun, sie taten dies vor allem im Bewußtsein, an einem Welt-Institut‘ zu<br />
’<br />
arbeiten und im Glauben, daß einer der Gründe ihres Erfolgs im wechselseitigen<br />
Lernen bestand. Auch diese Form der regelmäßigen Auseinandersetzung<br />
mit Bereichen, die <strong>für</strong> andere innerhalb des Instituts von Interesse sein könnten,<br />
stellte einen der Wege zur Ausweitung der intellektuellen Horizonte dar.<br />
Das Beispiel von Oswald Avery dient dazu, einen anderen Aspekt in der<br />
’ Rockefeller-Kultur‘ hervorzuheben, nämlich die Förderung von Ideen und von<br />
jungen Wissenschaftlern durch das Medium von Diskussionen und informellen<br />
Kontakten. Robert Olby hat Oswald Avery nicht als einen dominanten<br />
Teamleiter beschrieben, 13 sondern als jemanden, der einen starken Einfluß auf<br />
jüngere Wissenschaftler durch häufige informelle Diskussionen in seinem Büro<br />
ausübte. Studiert man die Archive des Rockefeller-Instituts, dann kann man<br />
nicht umhin, die überragende Rolle von Simon Flexner aus den frühen Jahren<br />
des zwanzigsten Jahrhundert anzuerkennen, schon sehr früh eine Kultur der<br />
Förderung und Stimulierung junger Wissenschaftler etabliert zu haben. Einmal<br />
ins Leben gerufen und verankert, wurde dieses Merkmal weiterhin auch<br />
unter den anderen Direktoren bzw. Präsidenten kultiviert, wie dies speziell in<br />
den Aktivitäten von Oswald Avery, Detlev Bronk und Bloebel zum Ausdruck<br />
kam.<br />
Und schließlich stellt auch noch die Umgebung von New York einen gewichtigen<br />
Vorteil des Rockefeller-Instituts dar. Vor den Tagen des Düsenjets<br />
war New York die natürliche Anlegestelle <strong>für</strong> Wissenschaftler jenseits des Atlantiks.<br />
Und fast selbstverständlich machten ausländische Forscher denn auch<br />
am Rockefeller-Institut Station. Sicher zählte keine andere biomedizinische<br />
Forschungseinrichtung in den Vereinigten Staaten so viele ausländische Wissenschaftler<br />
in ihren Reihen. Darüber hinaus war das Institut in einem der<br />
schönsten Stadtteile New Yorks angesiedelt. Nach dem Zweiten Weltkrieg gehörten<br />
das New York Hospital, das Cornell University Medical College sowie das<br />
Sloan Kettering Institute for Cancer Research zu seinen unmittelbaren Nachbarn.<br />
Es stand im Kern eines der weltweit größten Zentren in der biomedizinischen<br />
Forschung. Seine Umgebung verschaffte ihm zusätzlich die Möglichkeit,<br />
mit den allerneuesten Richtungen, Wegen und Ergebnissen biomedizinischer<br />
Forschung konfrontiert zu sein. Und wenn es auch als verhältnismäßig kleines<br />
Institut nicht die Mannigfaltigkeit an verschiedensten Approaches und Richtungen<br />
in der biomedizinischen Forschung durch seine Institutsanghörigen zu<br />
13 Siehe Robert Olby, The Protein Version of the Central Dogma, in: Genetics 79 (1975),<br />
3–27; ders., The Path to the Double Helix, Seattle 1979.<br />
ÖZG 11.2000.1 49