österreichische zeitschrift für ... - Universität Wien
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zarfeld, der in diesen Jahren über einen Mangel an Aufgaben nicht zu klagen<br />
hatte, investierte weiterhin eine Menge Zeit und Energie, um das Institut zu<br />
gründen und auf das richtige Gleis zu setzen. Als jemand, der jeweils nur ein<br />
paar Tage in <strong>Wien</strong> war und hier von einem Treffen zum anderen hastete, irrte<br />
er sich mehr als einmal in der Beurteilung von Personen und deren Interessen<br />
an der Gründung des Instituts. An der Misere trug er dennoch die geringste,<br />
wenn überhaupt irgendeine Schuld. Hayek nicht allein die Initiative zu überlassen<br />
und auch später zu versuchen, den Schwerpunkt auf Lehre und Forschung<br />
im Bereich der empirischen Sozial- und Politikforschung zu legen und andere<br />
Fächer an den Rand zu drängen, machte durchaus Sinn, waren doch Nationalökonomie<br />
und Geschichtswissenschaften an der <strong>Universität</strong> <strong>Wien</strong> vertreten,<br />
während zu dieser Zeit weder Soziologie noch Politikwissenschaften an einer<br />
<strong>österreichische</strong>n <strong>Universität</strong> gelehrt wurden.<br />
Die Absichten der Ford Foundation und jener, die sie berieten, hätten<br />
nur dann erfolgversprechend verwirklicht werden können, wenn nahezu alle<br />
Bedingungen günstig gewesen wären. Doch wann ist das schon der Fall Der<br />
wohlmeinende Plan, die in Österreich wenig entwickelten Sozialwissenschaften<br />
aufzumöbeln, wurde in <strong>Wien</strong> vereitelt, weil die Bürgerkriegsgegner von einst<br />
einander immer noch derart mißtrauten, daß jede Partei nahezu alles tat, um<br />
der anderen auch nur den kleinsten Erfolg zu vermiesen, wozu weitestgehende<br />
Informationskontrolle über die Pläne und Schritte der anderen Seite die<br />
Voraussetzung war. 60 Insofern hatte Lazarsfeld mit seinem Hinweis auf die<br />
Spieltheorie mehr als recht. In <strong>Wien</strong> waren beide politischen Parteien an sich<br />
wiederholenden nicht-kooperativen Spielzügen interessiert und es hätte keiner<br />
Vorlesung Morgensterns bedurft, um zu erkennen, wohin eine derartige Strategie<br />
führen wird. Das Vorhaben scheiterte aber auch daran, daß niemand gefunden<br />
werden konnte, der sowohl das Vertrauen der amerikanischen Geldgeber<br />
und Berater hatte als auch eine organisatorische Struktur schaffen konnte,<br />
die gegenüber Einmischungen eifersüchtiger universitärer Konkurrenten und<br />
argwöhnischer Politiker abgeschirmt hätte werden können. Schließlich war in<br />
dieser ’ de-novativen‘ – oder wie sonst soll man das Gegenteil von Innovation<br />
nennen – Lage die Etablierung einer neuen Lehr- und Forschungseinrichtung<br />
einfach zu ambitiös. Wie kann man einer Stadt, die in selbstzufriedener Provinzialität<br />
verharrt, klar machen, daß ihr etwas zur Wiedererlangung vergangener<br />
Größe fehlt<br />
Lazarsfeld hatte in seinen Urteilen immer dann recht, wenn es nicht um<br />
Personen, sondern um strukturelle Zusammenhänge ging: ” I do know that the<br />
future of new institutions is mainly decided by the decisions which are made<br />
60 Rudolf Blühdorn erklärte schon 1952 dem Mitarbeiter der ’ Rockefeller Foundation‘, Frederic<br />
C. Lane, wenn man in Österreich etwas Neues machen wolle, ginge das nur, wenn beide<br />
Parteien eingebunden würden. Lane, Tagebuch, December 11, 1952, 483, RAC.<br />
152 ÖZG 11.2000.1