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österreichische zeitschrift für ... - Universität Wien

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IV.<br />

Die Schilderung der Vorgeschichte und der ersten Jahre des IHS hätte ohne<br />

Schwierigkeiten noch mit weiteren Details ausgeschmückt werden können.<br />

Ebensogut hätte ich mich aber auch mit der Wiedergabe der drei Seiten langen<br />

” Final Evaluation“ Peter de Janosis begnügen können, aus der das diesem Text<br />

vorangestellte Motto stammt. Aber vermutlich hätte den harschen Urteilen des<br />

Mannes aus dem Ausland kein <strong>österreichische</strong>r Leser und keine heimische Leserin<br />

Glauben schenken wollen. 123<br />

Ich will mich abschließend in gebotener Kürze der Frage zuwenden, wie<br />

diese <strong>Wien</strong>er Episode erklärt werden könnte. Offenkundig wurden in der Ford<br />

Foundation schwere Fehler gemacht, aber diese Seite will ich hier undiskutiert<br />

lassen und mich ganz auf die <strong>österreichische</strong>n Anteile an diesem Desaster konzentrieren.<br />

Mit anderen Worten geht es darum, die Debatte über die kreativen<br />

Anfangsjahre des eben zu Ende gegangenene Jahrhunderts auf eine über den<br />

anschließenden Niedergang auszuweiten.<br />

Will man das geistige Leben Österreichs in der zweiten Hälfte des zwanzigsten<br />

Jahrhunderts erklären, muß man zuerst und vor allem die völlige Unterordnung<br />

aller Teile des öffentlichen Lebens unter die Oberaufsicht der beiden<br />

Parteien nennen. Die Etiketten, mit denen dieses Phänomen im Allgemeinen<br />

bezeichnet wird: Proporz und Korporatismus, helfen wenig, wenn man herausarbeiten<br />

will, welche Auswirkungen es auf das intellektuelle Leben hatte.<br />

Die zwei wichtigsten und <strong>für</strong> die Wissenschaften folgenreichen Ausprägungen<br />

des Proporzsystems sind das wechselseitige Kontrollbedürfnis der Nachfolgeparteien<br />

des Bürgerkriegs der dreißiger Jahre und die Zentralisierung dieser<br />

Kontrolle in den Händen der Mitglieder der Spitze der politischen Elite. Beides<br />

führt unmittelbar zur Erstarrung des sozialen Lebens, da jede Art von Initiative<br />

als Bedrohung des fragilen Gleichgewichts des Mißtrauens betrachtet<br />

wurde. Die Zentralisierung aller Entscheidungen bei einer Handvoll von Akteuren<br />

beider Seiten hat Langsamkeit und Degradierung der minderen Mitglieder<br />

der politischen Elite zur Folge. Verlangsamt werden alle Vorgänge, weil die fehlende<br />

Arbeitsteilung unter einer größeren Zahl von politischen Akteuren und<br />

die Weigerung der Überantwortung eines Teils des sozialen Lebens an andere<br />

als professionelle Politiker zur Überforderung der wenigen echten Machthaber<br />

führen muß. Das Gefühl der Machtlosigkeit muß sich dann wohl bei all jenen<br />

einstellen, die zwar nominell in irgendeinem Gremium sitzen, aber wissen, daß<br />

sie ohne Rücksprache mit den Mächtigsten der politischen Oligarchie nichts<br />

123 In analoger Weise hatte de Janosi schon 1973 versucht, seinen amerikanischen Lesern das<br />

<strong>Wien</strong>er Desaster verständlich zu machen. Er griff dazu auf einen Vergleich von Martin Shubik<br />

zurück, der über das <strong>Wien</strong>er Institut gesagt hatte: ” this place is to the Ford Foundation as<br />

Viet Nam is to the U.S.“ Final Evaluation, September 10, 1973, Ford Foundation, reel 2845.<br />

176 ÖZG 11.2000.1

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