österreichische zeitschrift für ... - Universität Wien
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view“ vertreten sollte, auf Ablehnung stoßen. Da half es ihm auch nicht, daß<br />
er nach Meinung Burkhardts im Vergleich mit Sagoroff der fähigere Mann war,<br />
der im Verein mit Frau Pawloff, mit der er sich gut verstehe, aus Sagoroff<br />
” micemeat“ machen könnte. Offene Konkurrenz zwischen dem Direktor und<br />
seinem Stellvertreter stand nicht am Spielplan. Und offene Hemdkragen auch<br />
nicht. Während Burckhardt Kozliks Stil, nie Krawatten zu tragen, erwähnt,<br />
um dessen Habitus zu charakterisieren, erblickten andere darin ein Zeichen intellektueller<br />
Minderbemittelheit. Der Schweizer Nationalökonom Edgar Salin,<br />
der in Heidelberg im elitären George-Zirkel groß geworden war, beklagt sich<br />
in einem Schreiben an Oskar Morgenstern bitterlich über einen Mann, dessen<br />
Namen er nicht einmal hinschreiben wollte:<br />
Daß der zweite Mann, mit dem Sagoroff sich auch gar nicht vertragen hat, demnächst<br />
abgeht, hörte ich durch Stone. Dies scheint mir ganz unerläßlich und darf nicht durch<br />
irgendwelche politischen Eingriffe rückgängig gemacht werden. Er besitzt zwar beträchtliche<br />
Einzelkenntnisse; es fehlt ihm aber jedes Verständnis <strong>für</strong> geistige Zusammenhänge,<br />
und er legt offensichtlich Wert darauf, den Proleten zu spielen. Beim Diner<br />
des Außenministers erschien er in einem Flanellhemd mit offenem Kragen. Das ist ein<br />
Protest-Stil, der vor 1914 Sinn hatte, zwischen den Weltkriegen eventuell noch begreiflich<br />
war, aber heute die innere und äußere Unsicherheit des Trägers in peinlicher<br />
Weise verrät. 111<br />
Zur Charakterisierung des Klimas – und vermutlich auch jener ” <strong>österreichische</strong>n<br />
Werte“, die Drimmel von Anfang an in Gefahr sah – eignet sich eine<br />
andere Episode, die Burkhardt berichtet. In einer Kuratoriumssitzung im Juni<br />
1964 unterbreitete nahezu jedes Mitglied ein Vorhaben, das ihm wahrscheinlich<br />
nicht persönlich am Herzen lag, das aber von jemanden herangetragen worden<br />
sein mußte, dem man das nicht abschlagen wollte oder konnte. Kreisky wollte<br />
Friedrich Hacker, dessen sozialwissenschaftliche Kompetenz Lazarsfeld nun<br />
in Zweifel zog, als Vortragenden, weil er auch in der Diplomatischen Akademie<br />
unterrichten sollte, die aber die Reisekosten nicht tragen könne. Kamitz<br />
protegierte eine Woche philosophisch-theologischer Vorlesungen und Diskussionen;<br />
ein <strong>Wien</strong>er Theologieprofessor wolle das, und an der <strong>Universität</strong> werde<br />
gegenüber dem IHS bereits der Vorwurf laut, atheistisch zu sein; deswegen<br />
müsse man zeigen, daß das IHS an spirituellen Fragen interessiert sei. ” Drimmel,<br />
Kamitz and Kreisky were for it – Kreisky if the agnostic position was<br />
represented!“ Burkhardts Hinweis, das habe schlicht nichts mit den Ausbildungszielen<br />
des Instituts zu tun, wurde beiseite geschoben. ” The point is that<br />
this project had been rejected by Sagoroff when it was put to him by Professor<br />
Gabriel of the University. Gabriel then went to Kamitz.“ 112<br />
111 Edgar Salin an Oskar Morgenstern, 16. Oktober 1964, Ford Foundation, reel 2845.<br />
112 Burkhardt an Stone, 7. July 1964, Ford Foundation, reel 2574.<br />
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