österreichische zeitschrift für ... - Universität Wien
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Mit dem Unterrichtsminister Heinrich Drimmel, dessen Karriere Lazarsfeld<br />
knapp schildert 14 und von dem er sagt, daß die ” weit nach rechts gerückten“<br />
Sozialisten am liebsten mit ihm kooperierten, habe er eineinhalb Stunden<br />
lang gesprochen. Drimmel sei sich des Niedergangs der <strong>Universität</strong>en völlig bewußt,<br />
um es aber ändern zu können müßte man, so Lazarsfeld, eine andere<br />
Persönlichkeit als Drimmel sein. Lazarsfeld habe Drimmel über die Arbeitsweise<br />
einer amerikanischen Stiftung aufklären müssen, da dieser sich anläßlich<br />
eines früheren Gesprächs mit Stone davon ein völlig falsches Bild gemacht habe:<br />
” Drimmel (...) expected that one day a check from the Ford Foundation<br />
would arrive“ 15 – und er habe versucht, Drimmels ” European stereotype of the<br />
materialistic Americans“ zu zerstreuen. ” He thinks that we do not appreciate<br />
the spiritual values of the Austrian tradition (and) he felt that Americans are<br />
much more likely to help Germans because they too are materialistic.“ Ausführlich<br />
sei dann darüber gesprochen worden, wie man die Verhandlungen mit der<br />
Ford Foundation führen solle. Drimmel habe vorgeschlagen, den Akademischen<br />
Rat – ” the Council, however, had never been active for reasons I do not quite<br />
understand“ – damit zu beauftragen. Nachdem sich herausgestellt habe, daß<br />
dieser Rat über keinerlei ” administrative machinery“ verfüge, sei man übereingekommen,<br />
zwei ” assistent professors, Rosenmayr and Topitsch“ – ” they both<br />
had been in America on fellowships“ 16 – als ” executive secretary“ zu engagieren,<br />
” to make an inventory of worthwhile projects and to enable the Council to<br />
express preferences.“ Doch noch während seines Aufenthalts in <strong>Wien</strong> sei diese<br />
Idee zugunsten eines eigens eingesetzten Komitees verworfen worden.<br />
Drimmel habe Hayeks ” idea to create in Vienna an Institute of Advanced<br />
Studies which would be free of University supervision“ gekannt und sehr begrüßt,<br />
auch wenn er erkannt habe, daß dies finanziell ” almost impossible“ sei.<br />
Der <strong>österreichische</strong> Unterrichtsminister hoffe, daß ” Dr. Stone or I or somebody<br />
else would find some solution for the intellectual impasse“. Allerdings drückte<br />
14 Drimmel widerspricht Lazarsfelds Charakterisierung seiner politischen Vergangenheit und<br />
schreibt dazu: ” Was meine Person betrifft, so möchte ich feststellen, daß ich im Jahr 1957/58<br />
eine Politik mit dem Einsatz von ’ Privatarmeen‘ längst hinter mir hatte. Das aber ändert<br />
nichts an meiner Wertschätzung <strong>für</strong> Engelbert Dollfuß, der als einziger Regierungschef im<br />
Kampf gegen Hitler gefallen ist.“<br />
15 Das gleiche Mißverständnis drückte der damalige Außenminister Leopold Figl in einem<br />
Brief vom 4. Februar 1958 an Lazarsfeld aus, in welchem er darum bat, die ’ Ford Foundation‘<br />
möge die Einrichtung eines <strong>Wien</strong>er Komitees annehmen, aber nichts darüber sagte, wo<strong>für</strong><br />
man denn nun eigentlich Geld haben möchte. Der Brief ist im Anhang zum ’ Report on<br />
Austria‘ wiedergegeben.<br />
16 Leopold Rosenmayr (geb. 1925) und Ernst Topitsch (geb. 1919) waren 1951 und 1953 ein<br />
Jahr lang als Rockefeller Fellows in den USA gewesen; nach ihrer Rückkehr arbeiteten sie<br />
als <strong>Universität</strong>sassistenten an der <strong>Universität</strong> <strong>Wien</strong>. Topitsch taucht später noch einige Male<br />
in den Akten der Rockefeller Foundation und der ’ Ford Foundation‘ auf, übernahm aber nie<br />
eine organisatorische Funktion, vgl. Fellowship Card, RAC.<br />
ÖZG 11.2000.1 135