österreichische zeitschrift für ... - Universität Wien
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MINISTERS COUNCIL TODAY APPROVED REPORT ON FORDFOUNDATION PROJECT IN<br />
VIENNA (...) AM VERY OPTIMISTIC STOP SHALL BE BACK IN VIENNA BEGINNING<br />
OF SEPTEMBER = BRUNO KREISKY. 38<br />
Die Eile der Informationsübermittlung kontrastiert merkwürdig mit der Länge<br />
des Urlaubs. Im September 1961 informiert Lazarsfeld Stone dann über seinen<br />
jüngsten Aufenthalt in <strong>Wien</strong>. Diesmal sei es die sozialistische Seite, die Schwierigkeiten<br />
mache. Kreisky habe seine Parteikollegen nicht informiert, und die<br />
Kämpfe zwischen verschiedenen Fraktionen in der SPÖ führten dazu, daß sich<br />
nun sogar der Vorsitzende des Österreichischen Gewerkschaftsbundes, Franz<br />
Olah, mit Fragen der Wissenschaftspolitik befasse. 39 Der <strong>Wien</strong>er Finanzstadtrat<br />
Felix Slavik habe ihm, Lazarsfeld, erklärt, die Stadt <strong>Wien</strong> würde nichts<br />
unterstützen, wogegen Olah opponiere. Mehrere Tage hinweg habe es Verhandlungen<br />
darüber gegeben, ob Olah ihn empfangen würde. Eines Tages habe<br />
er um neun Uhr morgens einen Anruf der Sekretärin des Gewerkschaftspräsidenten<br />
bekommen: Olah habe um neun Uhr dreißig einige Minuten <strong>für</strong> ihn<br />
Zeit – ” and then he spent two hours with me.“ Bei der ganzen Aufregung<br />
der Sozialisten sei es darum gegangen, daß Kreisky den ÖVP-Politiker Reinhard<br />
Kamitz als Vorsitzenden des zu bildenden Kuratoriums des noch nicht<br />
gegründeten Instituts akzeptiert hätte und andere Sozialisten dies aus verschiedenen<br />
Gründen mißbilligten: die einen, weil sie glaubten, Kamitz bastle<br />
an seiner Machtübernahme in der ÖVP, die anderen, weil sie Kreisky ähnliches<br />
in der SPÖ unterstellten. 40 Inzwischen war Oskar Morgenstern zur Gruppe der<br />
amerikanischen Berater gestoßen und fungierte als Verbindungsmann zur ÖVP,<br />
weil er als ehemaliger Leiter des Instituts <strong>für</strong> Konjunkturforschung mit Kamitz,<br />
der ihm in der Leitung dieses Instituts nachgefolgt war, eine gute Gesprächsbasis<br />
hatte. Lazarsfeld riet Stone, Morgenstern zu bitten, sich bei Kamitz zu<br />
erkundigen, wie dieser Olah beruhigen könnte, damit jener nicht weiter gegen<br />
Kreisky querschieße – ” I think he should remember the Theory of Games and<br />
apply it to the present situation“, schrieb Lazarsfeld maliziös. 41<br />
Mit der Gründung des Instituts schien es langsam ernst zu werden, jedenfalls<br />
begannen sich die ersten Interessenten anzustellen. Bevorzugte Makler<br />
waren jene Ex-Österreicher, die einen direkten Draht zur Ford Foundation hatten,<br />
weil die Prätendenten offenbar der Meinung waren, die bezahlende Stif-<br />
38 Lazarsfeld, Pre-history, wie Anm. 9, 17a.<br />
39 Olah scheint auch noch einige Zeit später Interesse an Wissenschaftspolitik gehabt zu<br />
haben; ob das so war, weil er meinte, unter diesem Titel verberge sich ein weiteres Sonderprojekt,<br />
läßt sich nur vermuten. Jedenfalls kontaktierte er während eines USA-Aufenthalts<br />
Anfang 1962 auch Vertreter der Ford Foundation.<br />
40 Lazarsfeld an Stone, 16. September 1961.<br />
41 Ebd. Lazarfeld behauptet, daß er Morgenstern wegen dessen politischer Nützlichkeit vorgeschlagen<br />
habe, Pre-history, 15.<br />
146 ÖZG 11.2000.1