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österreichische zeitschrift für ... - Universität Wien

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ausgedrückt, erweisen sich die biologischen Wissenschaften bei weitem nicht so<br />

fragmentiert und ausdifferenziert wie an den meisten großen Forschungsuniversitäten.<br />

Warum verzeichnete dann aber die University of Chicago längerfristig<br />

nicht mehr spektakuläre Durchbrüche in der Biomedizin Die Antwort ist<br />

dreigeteilt, denn sie liegt (1) in unpassenden ’ kognitiven Landkarten‘, (2) in<br />

organisatorischen ’ Trägheiten‘ sowie (3) in der Dominanz von Einzelinteressen.<br />

Die University of Chicago schuf schon in sehr frühen Zeiten ein starkes<br />

Programm <strong>für</strong> den Bereich der Biologie, doch im Unterschied zur Ausrichtung<br />

am Cal Tech besaß dieses Programm keine starke Grundlage in der Genetik.<br />

Es gab sogar starke Vorbehalte gegen jene Art der Genetik, wie sie von Morgan<br />

und seinem Team an der Columbia University und später am Cal Tech<br />

betrieben und weiterentwickelt wurde. Als Sewall Wright, der herausragende<br />

Populationsgenetiker, auf die <strong>Universität</strong> von Chicago berufen wurde, rief er<br />

eine Stiftung <strong>für</strong> Genetik ins Leben, die aber nicht so unmittelbar zur Entwicklung<br />

der Molekulargenetik beitrug wie das Cal Tech-Programm. Darüber<br />

hinaus fand Sewall Wright oder der Bereich der Genetik allgemein von den<br />

meisten seiner Biologie-Kollegen nicht die nötige Unterstützung. 14 Doch als<br />

der Erkenntnisfortschritt in der Biomedizin sich immer stärker in Richtung<br />

Genetik hinbewegte, wies die <strong>Universität</strong> Chicago zwar eine große Anzahl beeindruckender<br />

Biologen auf, die aber allesamt einem Programm aus früheren<br />

Zeiten nachhingen. Aus diesem Grunde hatte Chicago bedeutende Schwierigkeiten,<br />

sich den neuen Gegebenheiten in der Genetik anzupassen und sich wieder in<br />

eine Führungsposition innerhalb der Biologie zu katapultieren. Es sollte aber<br />

noch schlimmer kommen. Als Frank Lillie, eine der unbestrittenen Leuchten<br />

innerhalb der seinerzeitigen Biologie, in den frühen dreißiger Jahren als Leiter<br />

der Biologischen Abteilung zurücktrat, kamen die biologischen Wissenschaften<br />

zunehmend unter die Dominanz von klinischen Forschern in der medizinischen<br />

Fakultät. Es fehlte plötzlich jede Leitung mit entsprechendem Sensorium <strong>für</strong> die<br />

weitere Dynamik in der Biomedizin. Und mit der zunehmenden Unterordnung<br />

der Biologie unter die klinischen Wissenschaften waren auch keine Anreize mehr<br />

gegeben, mehr Integration oder mehr an Interdisziplinarität in die biologische<br />

Grundlagenforschung zu bringen.<br />

Strategien <strong>für</strong> große Forschungseinrichtungen <strong>für</strong> ein ’ gekoppeltes Wachstum‘ von<br />

Vielfalt und Tiefe einerseits und wissenschaftlicher Integration andererseits<br />

Eine weitere Gruppe von Ergebnissen unserer Studie befaßt sich mit verschiedenen<br />

Strategien <strong>für</strong> Großforschungseinrichtungen, mehr an Vielfalt und Tiefe<br />

zu erreichen, ohne sich notwendigerweise in mehr Abteilungen aufzuspalten.<br />

14 Vgl. William B. Provine, Sewall Wright and Evolutionary Biology, Chicago 1986.<br />

56 ÖZG 11.2000.1

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