österreichische zeitschrift für ... - Universität Wien
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gestellten Wissenschaftler zu Mitgliedern der National Academy of Sciences<br />
avancieren. Bei Rockefeller war nämlich das Ideal einer Dialektik‘ oder einer<br />
’<br />
’ Wechselbeziehung‘ zwischen klinischer Forschung und Grundlagenwissenschaften<br />
tatsächlich umgesetzt worden. Als markantes Beispiel kann auf Oswald<br />
Averys Entdeckung jener chemischen Substanz hingewiesen werden, welche <strong>für</strong><br />
bakterielle Umwandlungen verantwortlich zeichnet. Dieser große Durchbruch,<br />
der auch einen markanten Wendepunkt von der medizinischen hin zur molekularen<br />
Mikrobiologie darstellt, wurde durch Forscher ermöglicht, die ihre Ausbildung<br />
im Bereich der Medizin erhielten und in der Rockefeller-Forschungsklinik<br />
arbeiteten. Ihre Art von Forschung, sofern sie sich auf das Verständnis biologischer<br />
Prozesse bezog, beeinflußte die medizinische Praxis nur auf indirekte<br />
Weise. Und doch führte sie zu einer der wichtigsten biologischen Entdeckungen<br />
im zwanzigsten Jahrhundert. Die Mitarbeiter aus den Laboratorien und aus<br />
dem Klinikbereich kamen nämlich täglich oftmals zusammen. Und in der Tat<br />
bestand ja das organisatorische Erfolgsgeheimnis von Rockefeller genau in der<br />
wissenschaftlichen Integration‘ und in der Abwendung von einer Aufsplitterung<br />
’<br />
in mehr und mehr ausdifferenzierte Forschungszweige.<br />
Vielfalt und Tiefe innerhalb einer hochintegrierten Forschungseinrichtung<br />
besitzen ein inhärentes Potential da<strong>für</strong>, die Problemsichten von Personen zu<br />
verändern oder vor schwerwiegenden Fehlern wie auch vor einer Beschäftigung<br />
mit trivialen Problemen zu schützen. Schließlich müssen sich Wissenschaftler,<br />
sollen ihnen große Durchbrüche gelingen, an großen Problemen‘ erproben, die<br />
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zumindest prinzipiell als lösbar erscheinen. Und je größer sich die Vielfalt und<br />
Tiefe einer Forschungsgruppe innerhalb einer insgesamt integrierten Struktur<br />
gestaltet, desto größer sollte auch die Wahrscheinlichkeit sein, daß sich Wissenschaftler<br />
nicht mit unproduktiven oder prinzipiell unlösbaren Fragestellungen<br />
herumschlagen. Häufige und intensive Interaktionen unter Forschern mit ähnlichen<br />
disziplinären Hintergründen und Heuristiken scheinen in der Regel nicht<br />
zu größeren Durchbrüchen zu führen.<br />
Oswald Averys Karriere am Rockefeller Institut stellt im übrigen einen aufschlußreichen<br />
Einzelfall dar. Im Alter von 37 Jahren an das Rockefeller Institut<br />
berufen, hatte sich Avery bis zu diesem Zeitpunkt als ein höchst kompetenter<br />
Forscher auf mehreren Feldern hervorgetan, aber bislang wenig Kreativität und<br />
Originalität in seinen Arbeiten bewiesen. Einmal fest im vielfältigen‘, tiefen‘<br />
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und integrierten‘ Rockefeller-Kontext verankert, begann sich Averys intellek-<br />
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tuelles Potential immer deutlicher zu zeigen. Als er 1944 seinen mittlerweile<br />
klassischen Artikel mit MacLeod und McCarty über die DNA und ihre Transformationen<br />
veröffentlichte, hatte er persönlich die so heterogenen Felder von<br />
Bakteriologie, Immunologie, Chemie, Bio-Chemie und Genetik auf vielfältige<br />
Weise integriert. Unsere Arbeit an amerikanischen Forschungseinrichtungen<br />
legt es nahe, daß der Kontext, in den Wissenschaftler eingebettet sind,<br />
ÖZG 11.2000.1 47