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österreichische zeitschrift für ... - Universität Wien

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das Feld IV mitgeliefert werden. Das Neue bedarf, als seine Geburtsbescheini-<br />

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gung‘, eines vielfältigen Rekombinations-Prozesses, der seinen Ausgangspunkt<br />

von bestehenden Ensembles nimmt. Werden diese Rekombinations-Schritte,<br />

Zwischenlösungen und Rekonfigurationen‘ nicht getätigt, so kann auch nicht<br />

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von Neuem die Rede sein. Was dann möglich bleibt, sind bestenfalls prognostische<br />

Wegweiser, in welchen Richtungen sich Neues wahrscheinlich stark und<br />

in welchen relativ schwach entwickeln wird. Aber das Aufstellen von Wegweisern<br />

ist die eine Sache; die konkreten Wege zum Ziel unter rekombinativen<br />

Umständen und Driften‘ eine ganz andere.<br />

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Dasselbe Argument von der gegenwärtigen Unzulänglichkeit des zukünftig<br />

Neuen kann, mutatis mutandis, auf andere Bereiche ausgedehnt werden. Eine<br />

zukünftige Technologie kann deswegen prinzipiell nicht präzise prognostiziert‘<br />

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oder beschrieben‘ werden, weil da<strong>für</strong> alle notwendigen Rekombinationsprozes-<br />

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se bereits gesetzt sein müssen. Damit wäre aber sie, die Technologie, bereits<br />

zuhanden und nicht länger zukünftig neu‘. Und genau besehen gilt dieses Ar-<br />

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gument auch <strong>für</strong> zukünftig neue Kunststile oder Moden‘, die alle erst ihre<br />

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konstitutiven Rekombinationsprozesse zu durchlaufen haben. Neue Horizonte<br />

an Beschreib- und Darstellbarkeiten eröffnen sich erst, wenn die Wege dorthin<br />

beschritten und auch die passenden Umgebungen da<strong>für</strong> aufgebaut worden<br />

sind. An diesem Punkt mag ein Zitat von Ludwig Wittgenstein weiterhelfen:<br />

” Wer träumend sagt Ich träume‘, auch wenn er dabei hörbar redete, hat so-<br />

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wenig recht, wie wenn er im Traum sagt Es regnet‘, während es tatsächlich<br />

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regnet. Auch wenn sein Traum wirklich mit dem Geräusch des Regens zusammenhängt.“<br />

82 Rekombinativ umgestellt und in den Kontext der Entstehung<br />

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des Neuen‘ transferiert, heißt dies: Wer vorausschauend sagt Ich kenne das<br />

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Wissen der Zukunft‘, auch wenn er dabei prognostiziert, hat sowenig recht,<br />

wie wenn er prognostisch sagt So wird es sein‘ und sich alle daran orientieren.<br />

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Auch wenn seine Prognose mit dem weiteren Gang des Erkenntnisfortschritts‘<br />

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übereinstimmt.<br />

Die Gestalten der kognitiven, wissenschaftlichen, technologischen, artistischen<br />

Landschaften der Zukunft werden erst dann klarer erkennbar, wenn man<br />

rekombinativ mitten unter ihnen weilt. Von vorne herein wird immer nur in<br />

grauen Ansätzen von solchen grünen Feldern der Zukunft zu berichten sein.<br />

Das Neue, es entsteht rekombinativ mit der Zeit; und nicht schon davor.<br />

82 Ludwig Wittgenstein, Über Gewißheit, Frankfurt am Main 1971, 174, ÜG 676.<br />

128 ÖZG 11.2000.1

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