österreichische zeitschrift für ... - Universität Wien
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Zwar hätten die Mitarbeiter und Konsulenten der Stiftung in den letzten beiden<br />
Jahren versucht, die <strong>Universität</strong> dazu zu bringen, sich an die Spitze eines<br />
” reinvigoration process“ zu setzen, aber with reluctance the conclusion has<br />
”<br />
been reached unanimously that the University, for reasons indicated earlier<br />
and owing to almost absolute control by mediocre faculties, is not in a position<br />
to assume the role.“ Deshalb sollte nun ein von der <strong>Universität</strong> unabhängiges<br />
Institut gegründet werden, an dem ” primarily the cultural and social sciences,<br />
including contemporary history, industrial relations and economics, the empirical<br />
study of politics, and modern social psychology“ vertreten sein sollten.<br />
Man beachte, daß die Soziologie hier in ” social sciences“ aufgeht und die Ökonomie<br />
nur im Tandem mit einem Spezialgebiet genannt wird. ” Realistic problems“<br />
Österreichs und Osteuropas sollten an diesem Institut untersucht werden,<br />
dessen Lehrer vor allem ehemalige, emigrierte Österreicher sein würden,<br />
die <strong>für</strong> mehrere Jahre oder sogar auf Dauer nach <strong>Wien</strong> zurückkehren sollten.<br />
Unter anderem hätten sich bereits F. A. Hayek, Karl Popper, Adolf Sturmthal<br />
und Charlotte Bühler an diesem Offert interessiert gezeigt. Ausführlich diskutiert<br />
Stone dann auch die delikate Beziehung zur <strong>Universität</strong> und wie diese auf<br />
längere Sicht verbessert werden könnte. Ausgezeichnete Professoren könnten<br />
am Institut vortragen, was impliziert, daß nicht daran gedacht war, sie in den<br />
regulären Lehrkörper aufzunehmen; hingegen sollten Absolventen des Instituts<br />
in der <strong>Universität</strong> Anstellungen finden, und ” the most distinguished University<br />
professsors“ sollten ins ” advisory council of the Institute“ aufgenommen<br />
werden. Innerhalb eines Jahrzehnts könnte so eine Erneuerung der <strong>Universität</strong><br />
erreicht werden.<br />
Sei es des Abbaus von Schuldgefühlen wegen oder aus welchem Grund auch<br />
immer, Lazarsfeld konnte es nicht lassen 36 und sandte ein halbes Jahr danach<br />
ein langes Schreiben an Stone, der eben dabei war, nach Europa zu fahren, um<br />
ihm nochmals die <strong>Wien</strong>er Sache ans Herz zu legen. Im darauffolgende Sommer<br />
– wir schreiben mittlerweile das Jahr 1961 und das vierte Jahr der Verhandlungen<br />
darüber, wie der reiche Onkel aus Amerika sein Geld in <strong>Wien</strong> los werden<br />
könnte – schickt Lazarsfeld Stone den Entwurf <strong>für</strong> einen Text, den er benutzen<br />
könne, falls er es schon leid sei, allen, die ihn danach fragten, immer die<br />
ganze Geschichte erzählen zu müssen. Den Text könne er auch vertraulich zirkulieren<br />
lassen, um das künftige Lehrpersonal zu rekrutieren. 37 Zwei Wochen<br />
danach erhält Lazarsfeld in seinem Sommerdomizil in Vermont ein Telegramm<br />
aus <strong>Wien</strong>:<br />
36 Später vermutete er, daß ein Teil des <strong>österreichische</strong>n Widerstands auf seine sozialdemokratische<br />
Vergangenheit und darauf zurückzuführen sei, daß einige beteiligte Österreicher<br />
dachten, er wolle selbst nach <strong>Wien</strong> zurückkommen; Lazarsfeld, Pre-history, wie Anm. 9, 15.<br />
37 Lazarsfeld an Stone, o. D. (Monday night) received July 5, 1961. In dem beiliegenden<br />
Memorandum findet sich die Soziologie wieder ausdrücklich genannt.<br />
ÖZG 11.2000.1 145