österreichische zeitschrift für ... - Universität Wien
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II.<br />
Im Mittelpunkt von Aufmerksamkeit, Neid und Hoffnung vieler stand in diesen<br />
Jahren Leopold Rosenmayr, jener junge <strong>Wien</strong>er Dozent, von dem Lazarsfeld<br />
hoffte, er würde der von ihm bevorzugten empirischen Sozialforschung in <strong>Wien</strong><br />
zur Etablierung verhelfen. Am 23. Juli 1959 schrieb Lazarsfeld an Stone:<br />
Rosenmayr is about the only Austrian who really knows his way around; but he is<br />
scared of all his superiors and envelops himself in a vague talk of an Austrian ’ Geist‘<br />
which at the long run would deteriorate his work. Still you were quite right when you<br />
decided to give him special support. I intimated to him your good will but did not<br />
know whether you had made any final decision. I shall see him at the International<br />
Congress on September 8th and if you could let me know your plans about his application<br />
by then it would help. Incidentally I made Horkheimer in Frankfurt offer him<br />
a job and as a result R(osenmayr) will probably be made Extraordinarius next fall. I<br />
strongly urged him to stay in Austria and to use the Frankfurt offer only as blackmail<br />
with the Vienna authorities.<br />
Ein anderer zeitweiliger Protege Lazarsfelds, Terry N. Clark, beschrieb kürzlich<br />
in wenig freundlicher Weise das akademische Verhalten seines Lehrers an<br />
der Columbia University unter dem Begriff ’ Patronage‘. 64 Hätte Clark Rosenmayrs<br />
Karriere gekannt, hätte er wohl eine Dimension beachtet, die bei ihm<br />
völlig fehlt: daß nämlich die Protegierten ihre eigenen Strategien verfolgen und<br />
dabei manchmal der Protektor zur Marionette wird. Um das zu zeigen, müssen<br />
wir jedoch an den Beginn von Rosenmayrs Beziehungen zu amerikanischen<br />
Stiftungen zurückgehen.<br />
Der 26-jährige Leopold Rosenmayr verbrachte das Studienjahr 1951/52<br />
dank eines Stipendiums der Rockefeller Foundation in den USA. Zwei Jahre davor<br />
hatte er in <strong>Wien</strong> mit einer den damaligen Standards durchaus genügenden<br />
65-seitigen Dissertation promoviert und das Jahr darauf sich mit Jobs in der Industrie<br />
und beim Gewerkschaftsbund durchgebracht. 65 Leland DeVinney, 66 ein<br />
64 Terry N. Clark, Paul Lazarsfeld and the Columbia Sociology Machine, in: Jacques Lautman<br />
u. Bernard-Pierre Lecuyer, Hg., Paul Lazarsfeld (1901–1976). La sociologie de Vienne<br />
a New York. With Annotations, Comments, and Alternative Interpretations by Robert K.<br />
Merton, John Meyer, Immanuel Wallerstein, Hans-Dieter Klingemann, Bernard Barber, Allen<br />
H. Barton, Andrew M. Greeley, Guido Martinotti, Elizabeth Noelle-Neumann, David L.<br />
Sills, Harriet Zuckerman u. Robert B. Smith, Paris 1998, 289–360.<br />
65 Leopold Rosenmayr, Wissenssoziologische Kritik an Adolf von Harnacks Beurteilung der<br />
altchristlichen Geistesentwicklung, ungedruckte phil. Diss., <strong>Wien</strong> 1949.<br />
66 Leland DeVinney, geb. 1906, Studium University of Wisconsin, MA 1933 und University<br />
of Chicago, PhD 1941, instructor in Chicago, Associate Professor an der University of<br />
Wisconsin, ab 1946 Lecturer und Associate Director des Laboratory of Social Science Relations,<br />
Harvard; während dieser Zeit Mitarbeiter an der <strong>für</strong> die Entwicklung der empirischen<br />
Sozialforschung bahnbrechenden Studie ’ The American Soldier‘; ab 1948 in der ’ Division of<br />
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