österreichische zeitschrift für ... - Universität Wien
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Mit nochmaliger Hilfe Lazarsfelds 31 schafften es die genannten Personen<br />
schließlich, an die Ford Foundation ein Papier zu schicken, über das dann Ende<br />
Oktober 1959 Stone mit Drimmel in <strong>Wien</strong> verhandelte. Ein Monat nach<br />
der Aussprache sandte ein Sektionschef des Unterrichtsministeriums an Stone,<br />
dessen Vornamen er konsequent falsch schrieb, dessen Titel er aber allesamt<br />
anführte, eine ” Niederschrift“ über die beiden Besprechungen in <strong>Wien</strong>,<br />
zuerst ohne und dann mit Drimmel. Dieses gleichsam amtliche Protokoll ist<br />
nicht nur wegen seines Amtsdeutsch, sondern auch wegen seines Inhalts ein<br />
Stück Realsatire. 32 Drimmel erklärt dem Emissär amerikanischer Philanthropie<br />
rundheraus, daß er dessen Geld nur nehmen würde, wenn daraus kein Unternehmen<br />
entstünde, in dem ein ” sozialistisches Übergewicht“ herrsche. Die<br />
Rechtsform sei nicht entscheidend, aber es gehe nicht an, daß neben einem<br />
schwarzen und einem roten Minister auch noch die Stadt <strong>Wien</strong> eine Rolle spiele.<br />
Interessiert zeigt er sich ” begreiflicherweise“ daran, wer an diesem neuen<br />
Institut beschäftigt sei; eine ” Anrechnung der am Institut verbrachten Zeit<br />
als Vordienstzeit“ müsse zur gegebenen Zeit mit den zuständigen Stellen verhandelt<br />
werden. Auf <strong>österreichische</strong>r Seite, heißt es am Ende von Drimmels<br />
Einleitung, sei vom Gesichtspunkt der Unterrichtsverwaltung als erste Voraussetzung<br />
<strong>für</strong> eine Aktivierung des geplanten Instituts eine Koordinierung der<br />
Auffassung zwischen ihm, Bundesminister Drimmel, und dem Bundesminister<br />
<strong>für</strong> Auswärtige Angelegenheiten, Kreisky, erforderlich. Statt auch nur auf einen<br />
Punkt dessen, was Stone anschließend sagte, einzugehen, erklärt Drimmel abschließend,<br />
daß die Realisierung des Projekts von den Antworten auf drei Fragen<br />
abhängig sei:<br />
1. Kann durch Vereinbarungen zwischen Unterrichtsverwaltung und Außenministerium<br />
als tragende öffentliche Faktoren des Projekts ein haltbares Team gebildet werden<br />
2. Kann es in Kürze gelingen, die von der Ford Foundation erwartete <strong>österreichische</strong><br />
Beitragsleistung – Räume sowie Budget <strong>für</strong> das nicht-wissenschaftliche Personal und<br />
den administrativen Dienst – aufzubringen<br />
3. Welche Persönlichkeiten sollen im Institut die Headmasters sein und wie ist ihre<br />
geistige Haltung 33<br />
31 Dieses ” Expose entstand im Einvernehmen mit den Professoren Verdross, Hantsch und<br />
Rohracher, sowie dem <strong>Universität</strong>sdozenten Dr. Rosenmayr und Dr. (Fritz) Fellner und Dr.<br />
(Ernst) Glaser“, gibt Verosta später zu Protokoll, vgl. Anm. 32.<br />
32 Bundesministerium <strong>für</strong> Unterricht an Stone, 18. November 1959, Niederschrift, Betrifft:<br />
Errichtung eines Österreichischen Instituts <strong>für</strong> Sozialwissenschaften und Zeitgeschichte, Ford<br />
Foundation.<br />
33 Ebd., Lazarsfeld interpretiert in Pre-history, 13 den dritten Punkt als Ausdruck des Mißtrauens<br />
gegen die amerikanische Invasion, obwohl es vermutlich als Umschreibung der Zugehörigkeit<br />
zur richtigen Fraktion zu deuten sein dürfte. Im Anhang befindet sich ein Brief<br />
Drimmels, der um eine Stellungnahme zu dem Manuskript gebeten wurde. Wenigstens zweimal<br />
betont er darin den Unterschied zwischen seiner Auffassung ( ” was meine Person betrifft,<br />
ÖZG 11.2000.1 143