österreichische zeitschrift für ... - Universität Wien
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seinen Gunsten argumentieren. Zweitens könnte man <strong>für</strong> die zeitweilige Rückkehr<br />
von Emigranten Gastprofessuren errichten. Friedrich Hacker habe kürzlich<br />
in <strong>Wien</strong> gelehrt, und Lazarsfeld habe sich von der positiven Wirkung, die das<br />
gehabt habe, überzeugen können. Konkret denke er an seine frühere Lehrerin<br />
Charlotte Bühler und an Adolf Sturmthal, 18 die vermutlich beide gewillt<br />
wären, in <strong>Wien</strong> vorübergehend zu lehren. Und er habe gehört, daß auch Hayek<br />
an einer Rückkehr interessiert sei und darüber mit dem (ressortunzuständigen)<br />
Finanzminister Kamitz in Verhandlungen stehe. 19 Drittens könnte man<br />
den Plan unterstützen, in Linz eine neue <strong>Universität</strong> zu errichten, wo eine<br />
Gruppe von ausländischen Beratern das Curriculum, das jetzt ” somewhat oldfashioned“<br />
sei, verbessern helfen könnte. Viertens könnte man ein Institut <strong>für</strong><br />
Osteuropastudien fördern, an dessen Errichtung ein junger <strong>Wien</strong>er Professor,<br />
Stephan Verosta, interessiert sei. 20 Fünftens könnte man bei bestimmten klar<br />
umrissenen Problemen helfen. So sei etwa das Niveau der Tageszeitungen ” especially<br />
bad“ und eine Journalistenschule könnte nützen. Sechstens könnte man<br />
statt der <strong>Universität</strong> <strong>Wien</strong> die anderen <strong>Wien</strong>er Hochschulen oder die <strong>Universität</strong>en<br />
in der Provinz fördern. Siebentens könnte man den Bibliotheken unter<br />
die Arme greifen, die sich in einem ” deplorable state“ befänden, was ein weiterer<br />
Grund sei, warum ” academic life is at such a low level“. Achtens könnte die<br />
Ford Foundation einen Zuschuß zu den Fulbright-Stipendien leisten, da derzeit<br />
wegen der geringen Stipendienhöhe das Niveau der Bewerber außerordentlich<br />
niedrig sei. Lazarsfeld beendet seinen Report on Austria mit zwei Hinweisen: Er<br />
werde ihn anderen ehemaligen Österreichern in den USA zur Kenntnis bringen,<br />
die alle mit dem Problem beschäftigt seien, und er beschwört die Ford Foundation<br />
geradezu, etwas <strong>für</strong> Österreich zu tun, da es sich nur um ein ” temporary<br />
weakening of intellectual morale“ handle.<br />
18 Adolf F. Sturmthal (1903–1986) war nach Abschluß seines Studiums mehr als zehn Jahre<br />
lang Mitarbeiter Friedrich Adlers in der Sozialistischen Internationale, deren Nachrichtendienst<br />
er edierte. Lazarsfeld wiederum stand Adler nahe, war dieser doch über Jahrzehnte<br />
der Liebhaber seiner Mutter. Sturmthal flüchtete 1938 in die USA, wo er an verschiedenen<br />
<strong>Universität</strong>en lehrte, ehe er ab 1960 eine Professur <strong>für</strong> ’ Labor and Industrial Relations‘ an<br />
der University of Illinois übernahm. Adolf F. Sturmthal, Democracy Under Fire: Memoirs of<br />
a European Socialist, hg. v. Suzanne Sturmthal Russin, Durham 1989.<br />
19 Reinhard Kamitz war als Mitarbeiter des Instituts <strong>für</strong> Konjunkturforschung 1938 ein<br />
Rockefeller Fellowship zugesichert worden, scheint aber auf dieses zu Gunsten des Aufstiegs<br />
im führungslosen Institut verzichtet zu haben, Rockefeller Foundation, R. G. 1.1. General<br />
Correspondence 2-1937, series 705, box 152, folder 1123, sowie General Correspondence 2-<br />
1938, Series 705, box 167, folder 1213, RAC.<br />
20 Schon 1952 hatten Richard Blühdorn und Alfred Verdross versucht, bei der ’ Ford Foundation‘<br />
Geld <strong>für</strong> die Gründung eines Instituts <strong>für</strong> internationale Beziehungen, das der Ausbildung<br />
von Diplomaten und Mitarbeitern internationaler Organisationen dienen sollte, zu<br />
bekommen. Ihr Antrag wurde abgelehnt, weil die ’ Ford Foundation‘ damals noch nicht in<br />
Österreich tätig werden wollte, vgl. Frederick C. Lane, Tagebuch, 10. Oktober 1952, 425,<br />
RAC.<br />
138 ÖZG 11.2000.1