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Schule in der Einwanderungsgesellschaft. Eine Untersuchung zur ...

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Vorabend teilte mir Frau Schnei<strong>der</strong> jedoch telefonisch mit, sie sei krank und wisse noch<br />

nicht genau, ob sie morgen <strong>in</strong> die <strong>Schule</strong> kommen würde. Ich entschloss mich dennoch<br />

h<strong>in</strong>zugehen, um planmäßig mit den Beobachtungen beg<strong>in</strong>nen zu können.<br />

So fuhr ich am nächsten Morgen unvorbereitet mit leerem Block und Stift etwas<br />

unsicher <strong>zur</strong> <strong>Schule</strong> X und wartete vor dem Klassenraum <strong>der</strong> IK I. Der Unterricht sollte<br />

eigentlich um 8:10 Uhr beg<strong>in</strong>nen, doch auch zehn M<strong>in</strong>uten später war noch ke<strong>in</strong>e<br />

Lehrkraft da. Die Schüler/<strong>in</strong>nen kamen immer wie<strong>der</strong> aus <strong>der</strong> Klasse heraus und<br />

musterten mich mit neugierigen Blicken, doch lange traute sich niemand mich<br />

anzusprechen.<br />

Um 8:25 kommt e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e, farbige Schüler<strong>in</strong> auf mich zu, schaut auf me<strong>in</strong>en Block und<br />

fragt: „Was mackst du?“ Ich antwortet ihr: „Ich komme von <strong>der</strong> Uni und soll eigentlich ab<br />

heute <strong>in</strong> eurer Klasse e<strong>in</strong> bisschen zugucken.“ Sie schaut mich fragend an: „Uni?“ Ich<br />

erläutere: „Ich will auch Lehrer<strong>in</strong> werden.“ E<strong>in</strong>ige weitere K<strong>in</strong><strong>der</strong> kommen auch h<strong>in</strong>zu und<br />

e<strong>in</strong> Junge deutet auf die Klasse und stellt mir e<strong>in</strong>e Frage <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en Sprache, die ich<br />

nicht verstand (Ich glaube, er wollte wissen, ob ich die Vertretungslehrer<strong>in</strong> b<strong>in</strong>.). Das<br />

Mädchen, mit dem ich mich vorher unterhalten hatte, sagt zu ihm: „Sie will auch Lehrer<strong>in</strong><br />

werden.“ Ich frage, ob nicht mal jemand im Sekretariat bescheid sagen möchte, dass Frau<br />

Schnei<strong>der</strong> nicht gekommen ist. Zwei Schüler<strong>in</strong>nen laufen los. (Ich b<strong>in</strong> h<strong>in</strong> und her gerissen,<br />

ob ich nicht e<strong>in</strong>fach mit ihnen <strong>in</strong> die Klasse gehen soll. Ich b<strong>in</strong> doch zum beobachten und<br />

nicht zum unterrichten hier. Jedoch könnte ich, alle<strong>in</strong> mit den Schüler<strong>in</strong>nen und Schülern,<br />

bestimmt e<strong>in</strong>iges über sie herausbekommen.) Die Schüler<strong>in</strong>nen kommen wie<strong>der</strong> und sagen,<br />

dass die Lehrer<strong>in</strong> aus <strong>der</strong> Nachbarklasse mit aufpassen soll. Da diese jedoch ansche<strong>in</strong>end<br />

nichts davon weiß, gehe ich mit ihnen <strong>in</strong> die Klasse. Alle stehen auf und beantworten me<strong>in</strong><br />

„Guten Morgen!“ mit e<strong>in</strong>em „Guuuten Mooooooorgeeen Frau ...Wie heißen die denn?“. Zu<br />

Beg<strong>in</strong>n frage ich, ob mich denn alle verstehen. E<strong>in</strong> Schüler antwortet: „Ja, alle bis auf den<br />

(deutet auf e<strong>in</strong>en Schüler), <strong>der</strong> ist neu.“ Ich sage me<strong>in</strong>en Namen und dass ich an <strong>der</strong> Uni<br />

e<strong>in</strong>e große Arbeit schreiben muss, für die ich mir diese und nächste Woche den Schulalltag<br />

e<strong>in</strong>er Intensivklasse etwas näher anschauen möchte. Dann setze ich mich an das Pult und<br />

for<strong>der</strong>e die Klasse auf irgendwelche Aufgaben zu machen o<strong>der</strong> etwas zu malen.<br />

(Beobachtungsprotokoll 1, Z. 13-29)<br />

Die Schüler/<strong>in</strong>nen fragten mich immer mal wie<strong>der</strong> etwas, zum Beispiel, ob ich<br />

französisch spreche, woraufh<strong>in</strong> ich mich kurz mit zwei Schülern auf französisch<br />

unterhielt. Ich nutzte die Zeit, um den Sitzplan, <strong>der</strong> auf dem Pult befestigt war,<br />

abzuschreiben, um möglichst schnell die Namen zu lernen. Irgendwann spielten die<br />

Schüler/<strong>in</strong>nen alle geme<strong>in</strong>sam Galgenmännchen, <strong>in</strong> dem immer e<strong>in</strong> Schüler, bzw. e<strong>in</strong>e<br />

Schüler<strong>in</strong> nach vorn g<strong>in</strong>g und e<strong>in</strong> Wort an die Tafel schrieb, das die an<strong>der</strong>en erraten<br />

mussten. Ich wurde von den Schüler/<strong>in</strong>nen zwar wahrgenommen, doch nicht weiter<br />

beachtet. Dennoch war es ziemlich leise <strong>in</strong> <strong>der</strong> Klasse, was darauf h<strong>in</strong> deutet, dass sie<br />

mich ale Autoritätsperson akzeptierten.<br />

In <strong>der</strong> ersten Woche <strong>der</strong> Beobachtungen begleitete ich drei Tage lang die Klasse und<br />

hospitierte <strong>in</strong> allen Fächern, sowie <strong>in</strong> den meisten Pausen, um e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>druck zu<br />

bekommen, wie e<strong>in</strong> Unterrichtstag e<strong>in</strong>er Intensivklasse abläuft. Dazu gehörte am<br />

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