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Schule in der Einwanderungsgesellschaft. Eine Untersuchung zur ...

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gestellt, dass, die haben da e<strong>in</strong> paar Wochen gewohnt, und haben e<strong>in</strong>en Antrag gestellt<br />

und dann dürfte er mit se<strong>in</strong>er Mutter halt daraus.“ (Interview DL, Z. 294-298) Die<br />

Eltern wünschen sich e<strong>in</strong> besseres Leben für ihre K<strong>in</strong><strong>der</strong>, haben aber oft überhaupt<br />

ke<strong>in</strong>e Vorstellung davon, was es für diese bedeutet, <strong>in</strong> e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es Land zu ziehen und<br />

alles für sie Wichtige sich ihnen zu lassen (Interview DL, Z. 284-189).<br />

Über die enorme psychische Belastung <strong>der</strong> Schüler/<strong>in</strong>nen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Anfangszeit <strong>in</strong><br />

Deutschland soll im Folgenden berichtet werden.<br />

6.1.2 Psychische Belastung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Orientierungsphase<br />

Viele Schüler brauchen mehrere Monate, um überhaupt gedanklich <strong>in</strong> Deutschland<br />

anzukommen. Oft s<strong>in</strong>d sie noch mit <strong>der</strong> Reise, mit e<strong>in</strong>em ungewissen Aufenthaltsstatus<br />

o<strong>der</strong> mit e<strong>in</strong>er zerrissenen Familiensituationen beschäftigt. Neben den sprachlichen und<br />

kulturellen, gibt es demnach beson<strong>der</strong>s <strong>in</strong> <strong>der</strong> Anfangszeit, auch emotionale Barrieren,<br />

die die K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendlichen daran h<strong>in</strong><strong>der</strong>n, nicht nur physisch, son<strong>der</strong>n auch mental<br />

und emotional am Unterricht teilzunehmen (Interview KL, Z. 52-59). So taucht Pedro<br />

nach Erzählungen <strong>der</strong> Deutschlehrer<strong>in</strong> morgens irgendwann <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Schule</strong> auf, bekommt<br />

nichts vom Unterricht mit und ist nach <strong>der</strong> dritten Stunde manchmal e<strong>in</strong>fach wie<strong>der</strong><br />

verschwunden (Beobachtungsprotokoll 1, Z. 156-157). Es ist also ke<strong>in</strong> Wun<strong>der</strong>, dass<br />

diese Schüler/<strong>in</strong>nen oft auffällig werden, Uns<strong>in</strong>n machen und sich nicht <strong>zur</strong>echt f<strong>in</strong>den<br />

(Interview KL, Z. 228-240). Manche werden gewalttätig, an<strong>der</strong>e verschließen sich<br />

völlig und lehnen jegliche Kooperation mit den Lehrer/<strong>in</strong>nen ab. Beides s<strong>in</strong>d<br />

Möglichkeiten, sich Gehör zu verschaffen und auszudrücken, dass sie eigentlich gar<br />

nicht hier se<strong>in</strong> möchten (Interview DL, Z. 298-307). An<strong>der</strong>e K<strong>in</strong><strong>der</strong> und Jugendliche<br />

s<strong>in</strong>d nach e<strong>in</strong>igen Monaten mit dem Reichtum und dem Überfluss <strong>in</strong> Deutschland völlig<br />

überfor<strong>der</strong>t und begehen Diebstähle, beson<strong>der</strong>s wenn sie aus ärmeren Län<strong>der</strong>n kommen<br />

(Interview DL, Z. 412-419).<br />

Neben diesen Arten <strong>der</strong> Überfor<strong>der</strong>ung fühlen sich die Schüler/<strong>in</strong>nen beson<strong>der</strong>s anfangs<br />

oft unterschätzt und setzen alles daran, nicht als dumm angesehen zu werden. E<strong>in</strong><br />

Beispiel bietet die folgende Erzählung von Anastasia, die <strong>in</strong> Russland e<strong>in</strong>e sehr gute<br />

Schüler<strong>in</strong> gewesen war:<br />

(..) Ähm ja ich ähm hatte so, ich hab mich ziemlich so geschämt, dass ich ke<strong>in</strong>e Sprache<br />

konnte. Und ähm, da war e<strong>in</strong>e Lehrer<strong>in</strong>, ähm, sie hat mir sehr geholfen und wi- immer<br />

wenn wir g<strong>in</strong>gen so zusammen irgendwie daneben und über etwas sprachen so ganz wenig,<br />

dass ich es verstehe. Wenn sie ((lacht)) etwas mir gesagt hat und obwohl ich es nicht<br />

verstanden hab, hab ich immer mhm gesagt, (( I lacht)) dass war für mich irgendwie als ob<br />

ich was verstehe (I: ah ((lacht)) ), dass die Lehrer denken, dass ich eigentlich nicht so<br />

dumm b<strong>in</strong> ((N und I lachen)). Aber es war auch ähm (..) sehr schade dass wenn ich zum<br />

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